# taz.de -- Nico Semsrott über AfD-Verbotsverfahren: „Ordnung muss sein“
       
       > Der Satiriker Nico Semsrott will eine Prüfung verfassungsfeindlicher
       > Parteien durch das Bundesverfassungsgericht erreichen. Dafür startet er
       > eine neue Kampagne.
       
 (IMG) Bild: „Im Prüfen ist diese Gesellschaft stark“, sagt Nico Semsrott
       
       taz: Herr Semsrott, [1][die neue Mitte-Studie belegt], dass 50 Prozent der
       Menschen in Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen
       würden. Überrascht Sie das? 
       
       Nico Semsrott: Überhaupt nicht. Ich glaube, wenn man ein bisschen mehr in
       die Debatte kommt, dann werden daraus auch 70 Prozent. Bei Umfragen zu
       einem AfD-Verbotsverfahren war die Resonanz fast immer halb-halb. Bei fast
       allen Stichwahlen in Deutschland, wo die Rechtsextremen beteiligt sind,
       stimmt die Mehrheit für Demokraten.
       
       taz: Warum [2][demonstriert dann nicht auch die Hälfte] der Bevölkerung
       gegen rechts? 
       
       Semsrott: Als ich in Brüssel als EU-Abgeordneter war, haben mich
       Besucher:innen ständig gefragt: Ich möchte was tun, aber was? Das ist
       die Hauptfrage: Wie kann ich mit dem, was ich kann, etwas bewirken? Da gibt
       es oft ganz viele Fragezeichen. Das ist der Hauptgrund, warum Menschen sich
       nicht engagieren. Nicht, dass das Interesse fehlt, dass das Verständnis
       fehlt oder die Ressourcen fehlen, sondern dass ganz konkrete Werkzeuge und
       Ziele fehlen.
       
       taz: Sie haben gerade [3][die Kampagne „Prüf!“] („Prüfen rettet übrigens
       Freiheit!“) ins Leben gerufen. Was ist die Idee dahinter? 
       
       Semsrott: Im Prüfen ist diese Gesellschaft stark! Wenn wir uns angucken,
       was auch unser weltweites Image ausmacht, dann ist es das Prüfen: Der TÜV
       ist ’ne krasse Marke, Stiftung Warentest auch. Wir alle prüfen auf
       Vergleichsportalen die besten Angebote. Es ist irre, Leute fangen schon an,
       selbst Reels zu drehen, um zu zeigen, was bei ihnen alles geprüft wird. Da
       ist es doch nur schlüssig, dass wir auch bei der wichtigsten Frage – „Steht
       eine Partei auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung?“ –
       unbedingt prüfen müssen. Ordnung muss sein!
       
       taz: Sie wollen, [4][dass das Bundesverfassungsgericht ein AfD-Verbot
       prüft], aber planen Demonstrationen in den Hauptstädten der Bundesländer.
       Wieso? 
       
       Semsrott: Der formale Prozess hin zu einem Parteiverbotsverfahren ist klar.
       Das Grundgesetz gibt ihn vor. Starten kann ihn nur eine der drei
       antragsberechtigten Institutionen: Bundesregierung, Bundestag oder
       Bundesrat. In den Landeshauptstädten kommen wir leichter an die
       Verantwortlichen dran und können sagen: „Macht eure Aufgabe. Ihr habt alle
       Mittel, ihr habt eigene Sicherheitsbehörden. Nutzt das doch!“ Dann wäre das
       Bundesverfassungsgericht in der Verantwortung, das für die Prüfung eines
       Parteiverbots zuständig ist.
       
       taz: Kritiker:innen wenden ein, ein AfD-Verbot könne scheitern und der
       Partei nützen. 
       
       Semsrott: Zu überlegen, was alles schieflaufen kann, ist immer eine schöne
       linke Fantasie. Da bin ich total dabei. Man kann sich wirklich ganz viele
       Gedanken machen.
       
       taz: Sie sind auch „Demotivationstrainer“ … 
       
       Genau. Von da komme ich. Insofern ist meine kurze Antwort: Es kann alles
       schiefgehen, an allen Stellen. Der Punkt ist nur, die Ohnmachtserfahrung,
       die haben wir jetzt alle lange genug gelebt. Das hier ist eine ganz
       konkrete Vision. Und ich möchte betonen: Es geht tatsächlich nicht mal nur
       um die AfD, sondern es geht ums Prinzip: Bist du für die
       freiheitlich-demokratische Grundordnung oder nicht? Es ist nicht
       akzeptabel, dass es trotz der Beweislast gegen gewisse Parteien, die wir
       haben, kein Verbotsverfahren gestartet wird.
       
       taz: In Hamburg findet am Wochenende Ihre Auftaktveranstaltung statt. Womit
       darf da gerechnet werden? 
       
       Semsrott: Wir haben keine Ahnung, wie viele Leute kommen, wir sind alle
       total gespannt. Wenn wenige Leute kommen, dann ist das auch in Ordnung. Das
       muss nicht sofort einschlagen, der Plan ist einfach, darauf aufzubauen. Wir
       ziehen das Prüfen gnadenlos durch. Auch im Konzept und Bühnenprogramm: Wir
       prüfen gemeinsam Sprüche, machen sozusagen eine „Demo-Version“ der Demo.
       Das, was gut ankommt, machen wir beim nächsten Mal wieder. Das, was nicht
       gut ankommt, lassen wir einfach.
       
       6 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pia Wieners
       
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