# taz.de -- Polizeigewalt auf Gaza-Demos: Ein Freifahrtschein für Schläger
       
       > Zahlreiche Videoaufnahmen zeugen von enthemmter Gewalt gegenüber
       > pro-palästinensischen Demonstrierenden. Der Aufschrei bleibt nahezu
       > völlig aus.
       
 (IMG) Bild: Polizeigewalt in Berlin, inzwischen Normalität
       
       taz | Hemmungslos auf pro-palästinensische Demonstrierende einprügeln,
       einen gezielten Faustschlag mal in dieses, mal in jenes Gesicht. Dann ein
       paar Festnahmen, endlich die Schmerzgriffe anwenden, die man so lange geübt
       hat – die Demonstrant*innen tragen Kufiyas, man selbst volle
       Einsatzmontur, eine scharfe Pistole am Gürtel und das staatliche
       Gewaltmonopol im Rücken. Wer genug rohe Brutalität und autoritären
       Charakter mitbringt, um sich einen solchen Arbeitstag als reizvoll
       vorzustellen, ist dieser Tage wohl nirgendwo besser aufgehoben als in der
       Berliner Polizei.
       
       Die beschriebenen Szenen lassen sich auf [1][Videoaufnahmen von
       Teilnehmer*innen einer Gaza-Demo am Wochenende beobachten]. Die Gewalt
       im Video ist keine Ausnahme, ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt:
       Bei palästinasolidarischen Demos schlagen Berliner Polizisten besonders
       leichtfertig zu. In den zwei Jahren seit dem 7. Oktober hat sich eine
       unüberschaubare Menge an Videomaterial angesammelt. Von
       Verhältnismäßigkeit, Professionalität oder deeskalativem Vorgehen ist dort
       selten etwas zu sehen.
       
       ## Vater und Kind im Visier
       
       [2][In einem Video, das Mitte Oktober aufgenommen wurde], kann man dabei
       zusehen, wie ein junger Polizist mit weit aufgerissenen Augen und weiten
       Pupillen einen Vater mit Kleinkind im Arm in Richtung einer Hausfassade
       drängt. Der Vater ist perplex und beteuert, er habe einfach nur an der Demo
       vorbeilaufen wollen.
       
       Was der Mann getan haben könnte, ist nicht ersichtlich. Das Kind trägt eine
       schwarz-weiß gemusterte Jacke, die könnte von einem übereifrigen
       Polizeibeamten schon mal mit einer Kufiya verwechselt werden. Und die wird
       schließlich getragen, um Palästina-Solidarität zu signalisieren. Reicht das
       inzwischen womöglich aus, um von Polizist*innen als Gefährder*in
       eingestuft und gewaltsam festgenommen zu werden?
       
       Der Mann wird jedenfalls dazu gezwungen, sein schreiendes, verängstigtes
       Kind aus der Hand zu geben. Dann drücken einige Polizisten den Mann flach
       auf den Boden und wechseln sich dabei ab, gründlich auf den wehrlosen Vater
       einzuschlagen – im Hintergrund ist sein schreiendes Kind zu hören, das
       diesen Moment miterleben muss.
       
       ## Alltägliche Brutalität
       
       Gewaltorgien wie diese sind Normalität für alle, die seit zwei Jahren in
       Berlin auf die Straße gehen, um gegen die Kriegsverbrechen in Gaza zu
       protestieren. Oft sind sie dann nicht nur mit Gewalt, sondern auch mit
       schweren Vorwürfen konfrontiert: Im Mai behauptete die Polizei, einer ihrer
       Kollegen wäre schwer verletzt worden – [3][danach stellte sich heraus, dass
       er sich bei unkontrollierten Faustschlägen in die Menge selbst die Hand
       gebrochen hatte].
       
       Trotz oder gerade wegen der Alltäglichkeit der Gewalt bleibt ein Aufschrei
       in Politik und Medien weitgehend aus. Ein Freifahrtschein für alle
       Polizist*innen, die bei der nächsten Demo gerne etwas härter zuschlagen
       wollen.
       
       28 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/middleeasteye/reel/DQTCmSCEmbu/?hl=de
 (DIR) [2] https://www.instagram.com/p/DPsSuLBjER8/
 (DIR) [3] /Palaestina-Solidaritaet-in-Berlin/!6099452
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anselm Mathieu
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Polizeigewalt
 (DIR) Palästina
 (DIR) Demonstration
 (DIR) Gaza-Krieg
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Bürgerrechte
 (DIR) Polizeigewalt
 (DIR) Gaza
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Repression von Palästina-Solidarität: Civicus stuft Deutschland herab
       
       Im Civicus-Bericht über bürgerliche Freiheiten wird Deutschland erneut
       herabgestuft. „Keine Überraschung“ sei das, kritisiert Clara Bünger
       (Linke).
       
 (DIR) Polizeigewalt in Berlin: Ein Tritt, zwei Schläge, keine Verurteilung
       
       Ein Bundespolizist muss sich wegen Körperverletzung im Amt verantworten.
       Das Gericht sieht von einer strafrechtlichen Verfolgung ab.
       
 (DIR) Israels Krieg im Gazastreifen: Netanjahu ordnet „intensive Angriffe“ an
       
       Ist die Waffenruhe schon wieder Geschichte? Nach Bericht über ein
       Feuergefecht ordnet Israels Premier neue Angriffe im zerstörten
       Küstenstreifen an.
       
 (DIR) Nahost-Konflikt in Berlin: Mit harter Hand
       
       Die Berliner Justiz ächzt unter der Zahl der Strafverfahren mit
       Nahost-Bezug. Doch viele Vorwürfe entpuppen sich vor Gericht als nicht
       haltbar.
       
 (DIR) Parole „From the River to the Sea“: Anwält*innen fordern Ende der Kriminalisierung
       
       In einem Brief an Berlins Polizei und Justiz drängen Dutzende
       Anwält*innen auf ein Ende der Strafverfolgung der Parole „From the River
       to the Sea“.
       
 (DIR) Umgang mit Palästina-Parole: Willkür und Rechtsunsicherheit
       
       Weil ein Grundsatzurteil zum „From the River“-Slogan fehlt, kann die
       Berliner Polizei propalästinensische Demos quasi nach Belieben
       kriminalisieren.