# taz.de -- Abschied von Musikmanager Hilsberg: Er begeisterte für Neues
       
       > Im Hamburger „Westwerk“ wurde feierlich Abschied genommen von
       > Underground-Legende Alfred Hilsberg. Es gab Schafsköttel, Popper-Knigge
       > und Visionen.
       
 (IMG) Bild: Alfred Hilsberg mit Fluppe und Schlipps in Herford, 1980
       
       taz | Vorn im Foyer laufen stumm blaustichige Kunstfilme, aber hinten am
       DJ-Pult dreht Felix Kubin jetzt richtig auf. „Zurück zum Beton“ von
       S.Y.P.H. bollert aus den Boxen wie ein Presslufthammer. Hinterm Tresen
       halten sie sich die Ohren zu, während [1][Bernadette la Hengst] und ein
       paar andere selig auf der kleinen Tanzfläche wippen. Krude Ideen treffen
       harten Punk. Alfred Hilsberg hätte diesen Clash gemocht. Er war sein
       Geschäftsmodell.
       
       In seiner angenehm verstolperten Trauerrede auf den kürzlich verstorbenen
       Labelmacher Hilsberg, bringt der frühere Sänger und Gitarrist von Cpt. Kirk
       &, Tobias Levin, den Widerspruch auf den Punkt: „Abwärts und Zimmermänner?
       Da hat man Fragen.“ Die so hart trinkenden wie klingenden Punks von Abwärts
       und die seitenscheiteligen V-Ausschnitt-Popper Die Zimmermänner – passt
       doch nicht zusammen, oder?
       
       Für Alfred Hilsberg passten beide gerade deshalb sehr gut auf sein
       ZickZack-Label. Und dieses sich Nicht-an-einzelne-Szenen-binden-Lassen, so
       Levin, die ausdauernde Offenheit für alles Auffällige, „ist der Grund,
       warum wir heute alle hier sind“. Menschlich und musikalisch.
       
       ## Zwischentöne und weniger bekannte Seiten
       
       [2][Viel wurde geschrieben nach Hilsbergs Tod]. Samstag im Westwerk nun
       wurde gefeiert. „Auf Alfred!“ steht über der Getränkekarte, unterlegt mit
       dem Labelmotto: „Lieber zu viel als zu wenig.“ Na dann, Prost! Dabei geht
       es auch um die Zwischentöne, die weniger bekannten Seiten. Gerade graben
       Levin und Hilsbergs Lebensgefährtin, die auch für ZickZack wichtige
       Grafikerin und Fotografin Sabine Schwabroh, sich durch den Nachlass.
       
       In den Kisten des „Punkpapsts“ finden sie einen „Popper-Knigge“. Verwahrte
       Fotos von Elvis zeigen den „Neue Welle“-Erfinder als R’n’R-Fan. Bilder von
       Mick Jagger mit weißem Schal knüpfen modische Linien des notorischen
       Weißschalträgers Hilsberg. Die Fotoshow im Foyer zeigt ihn auffallend oft
       zwischen Schafsköttel am Elbdeich. Es ist auch ein Abend der Erdung des
       Mythos.
       
       Was niemand mit Herabwürdigen verwechseln darf. Das zeigt schon ein Blick
       in die Runde. Ton-Steine-Scherben-Mitglied Nikel Pallat, inzwischen 80,
       reiste aus Bremen an, Jens Friebe aus Kreuzberg, die Woog Riots aus
       Darmstadt. Dazwischen Mitstreiter der von Hilsberg 1976 mitgegründeten
       linken Zeitung „Große Freiheit“, Besucher:innen seiner
       Film-Vorlesungen, [3][weite Teile der Hamburger Schule]. Oft ist von seiner
       Vision die Rede, der anhaltenden Begeisterung für Neues.
       
       Klaus Maeck, durch Hilsbergs Enthusiasmus vom Taxifahrer zum
       Punkladen-Betreiber befördert, unterstreicht noch einmal das hohe Tempo der
       Veränderung: Gerade mal ein paar Monate dauerte es 1979, um aus Hamburgs
       stark nach England schielender Pogo-Punk-Szene einen Abenteuerspielplatz
       neuer deutscher Experimentalmusik zu machen. Ab da hieß es: „Geräusche für
       die 80er.“ Und jetzt war von Blumfeld noch gar nicht die Rede.
       
       20 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bernadette-La-Hengst-ueber-ihr-Songbook/!6082179
 (DIR) [2] /Nachruf-auf-Musikmanager-Alfred-Hilsberg/!6108344
 (DIR) [3] /Historisierung-der-Hamburger-Schule/!6015437
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gregor Kessler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Hamburger Schule
 (DIR) Abschied
 (DIR) Underground
 (DIR) Pop-Underground
 (DIR) Neue Deutsche Welle
 (DIR) Punk
 (DIR) Festival
 (DIR) Nachruf
 (DIR) Pop
 (DIR) Pop
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Punk-Festival in Berlin: Sprengkraft im System
       
       Ein zweitägiges Festival im Tommy-Weisbecker-Haus in Berlin erinnerte an
       den Punk im Slowenien der frühen 1980er.
       
 (DIR) Nachruf auf Musikmanager Alfred Hilsberg: Die Verhältnisse zum Platzen bringen
       
       Alfred Hilsberg brachte den Punk nach Deutschland und verkörperte mit
       seinem Label Zickzack D-i-Y-Spirit. Nachruf auf einen genialischen Macher.
       
 (DIR) Bernadette La Hengst über ihr Songbook: „Irgendwann merkt man, ob das Baby geboren werden will“
       
       Mit ihrem Liederbuch „Warum ich so laut singen kann“ ist Bernadette La
       Hengst auf Tour. Das soll auch die Geschichte ihrer Generation erzählen.
       
 (DIR) Historisierung der Hamburger Schule: Crossmediales Debattendelirium
       
       Deutsch gesungen, unabhängig veröffentlicht: Der Geschichte der Hamburger
       Schule widmen sich nun ein Buch, eine Compilation und eine
       TV-Dokumentation.