# taz.de -- Bremer Umweltsenatorin tritt zurück: Senatorin stürzt über Staatsrätin
> Bremens Umweltressort braucht eine neue Chefin: Kathrin Moosdorf geht.
> Sie konnte nicht erklären, warum ihre Staatsrätin mit goldenem Handschlag
> ging.
(IMG) Bild: Nimmt auch ihren Hut: Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf
Bremen taz | Zur Halbzeit gibt’s Umbruch. Der rot-grün-rote Senat unter
Bürgermeister Andreas Bovenschulte in Bremen muss innerhalb von wenigen
Monaten den dritten Rücktritt verkraften: Die Senatorin für Umwelt, Klima
und Wissenschaft Kathrin Moosdorf (Grüne) hat am Samstag ihren Rücktritt
erklärt; zuvor waren bereits die SPD-Senator*innen Ulrich Mäurer (Inneres)
und Sascha Aulepp (Bildung) zurückgetreten.
Der Grund für Moosdorfs Rücktritt: Eine Personalentscheidung. Oder genauer:
Der Vorwurf, Steuergelder verschwendet zu haben. Bei der Frühpensionierung
ihrer Staatsrätin hatte die Senatorin die teuerste Lösung gewählt – und im
Anschluss widersprüchliche Erklärungen dazu abgegeben.
Mitte September hatte das Ressort bekannt gegeben, dass Senatorin Moosdorf
ihre Staatsrätin für Wissenschaft, Irene Strebl „nach einvernehmlichen
Gesprächen“ zum 1. Oktober hin in den einstweiligen Ruhestand versetzen
werde: Die 59-Jährige, so hieß es, habe der Senatorin eröffnet, dass „ihre
persönliche Situation“ die benötigte „Tatkraft für längere Zeit nicht
zulassen“ werde. Die Pressemitteilung war voll des Lobes für die
schwindende Staatsrätin Strebl.
Allerdings: Das Instrument des einstweiligen Ruhestandes ist teuer – und
eigentlich für andere Umstände gedacht: Es ist eine Sonderlösung für
politische Beamt*innen und wird gezogen, wenn das (politische) Vertrauen
der Regierung fehlt. Typischerweise ist das der Fall nach einer Wahl, denn
Staaträt*innen setzen die inhaltliche Ausrichtung einer Behörde um und
müssen somit zu den politischen Zielen der jeweiligen Regierung passen.
## Warum wählte Moosdorf die teuerste Lösung?
Doch einen solchen Wechsel an der Behördenspitze hatte es nicht gegeben.
Moosdorf hatte Irene Strebl vor zwei Jahren selbst eingestellt. Und aus
ihrer Mitteilung ließ auch nichts darauf schließen, dass sie seitdem das
Vertrauen in ihre Staatsrätin für Wissenschaft verloren habe.
Das Problem: Für den Staat ist eine solche Entlassung die teuerste Lösung.
Den Staatsrät*innen a.D. wird der Abschied finanziell versüßt: Drei
Monate lang bekommen sie ihr altes Gehalt, danach noch ein „Übergangsgeld“:
71,75 Prozent der Bezüge, so lange, wie sie ihr Amt ausgeübt haben – zwei
Jahre lang also im Falle von Strebl.
Auch im Anschluss fallen sie nicht tief: Sie können dann direkt ihr
Ruhegehalt beziehen, auch wenn sie regulär noch nicht das Pensionsalter
erreicht haben. Zumindest dann, wenn sie mindestens zwei Jahre lang auf
ihrem letzten Posten waren – bei Strebl wurde der Abschied zwei Jahre und
zwei Tage nach Dienstbeginn verkündet. Und es geht hier keineswegs um eine
geringe Summe: Strebl hatte zuletzt Bezüge von rund 11.400 Euro. Bei einer
Entlassung auf eigenen Wunsch hätte sie auf Übergangsgeld und Ruhegeld
verzichten müssen.
Schon wenige Tage nach der ersten Mitteilung hörte sich die Erklärung aus
der Umweltbehörde ganz anders an: Senatorin Kathrin Moosdorf hätte ihre
Staatsrätin entlassen müssen, da sie „nicht mehr das Vertrauen hatte, dass
Frau Strebl die geeignete Person ist, mit der sie die politischen Ziele des
Senats erreichen kann“.
Wie diese Erklärung zu der ersten Mitteilung passt, das sollte Moosdorf bei
einer Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am Donnerstag persönlich
erklären. Doch es gelang ihr offenbar nicht, die Vorwürfe eines goldenen
Handschlags dort auszuräumen: Weser Kurier und das Regionalmagazin
Butenunbinnen von Radio Bremen berichten übereinstimmend, dass Moosdorf in
ihrer Verteidigung hilflos gewirkt und sich auf immer gleiche juristische
Floskeln zurückgezogen habe.
Dabei hat die schriftliche Erklärung, die die [1][Behörde zuvor auf Anfrage
der CDU zusammengestellt] hatte, durchaus stimmige Erklärungen parat. Der
Senat zitiert zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes: Die Maßnahme
bedürfe „nach herrschender Meinung keiner Angabe eines besonderen Grundes“.
Ein Vertrauensverlust könnte demnach nicht nur durch eine abweichende
politische Ausrichtung entstehen, sondern auch durch „das Vorliegen von
Zweifeln an der fachlichen und persönlichen Eignung“.
Solche Zweifel könnte man mit Wohlwollen aus Moosdorfs erster
Pressemitteilung herauslesen: Immerhin ist auch dort die Rede davon, dass
die bisherige Tatkraft nicht mehr gegeben sei.
Doch in ihrer Verteidigung vor dem Haushaltsausschuss berief sich Moosdorf
offenbar nicht auf solche Zweifel für die Zukunft, sondern sprach von
schwerwiegenden Fehlern in der Vergangenheit: „Ich habe festgestellt, dass
die Situation schlecht ist“, so Moosdorf laut Weser Kurier. Strebl habe
viel Arbeit liegen lassen, etwa bei der anstehenden Konzeption für eine
Kreislaufstrategie in der Abfallwirtschaft.
Unglaubwürdig wirkt das, weil in der ersten Mitteilung keine Rede von
Fehlern oder Versäumnissen war. Im Gegenteil: Moosdorf bedauerte darin
Strebls Weggang „außerordentlich“ und attestierte ihr: „Ihre Arbeit war
immer von „tiefer Sachkenntnis, außerordentlichem Engagement und vor allem
Teamfähigkeit geprägt. Sie hat ihre Themen mit voller Kraft bearbeitet.“
## Rücktritt erspart Untersuchungsausschuss
Moosdorf begründete ihren Rücktritt am Samstag damit, sie wolle Schaden von
ihrem Ressort und dem Senat abwenden. Tatsächlich hatte die CDU bereits
angekündigt, die Einrichtung eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses zu prüfen. Das bleibt dem Senat nun erspart.
Für einen Imageschaden für den Senat sorgt der Schritt dennoch: Drei
Rücktritte seit August werfen kein gutes Licht auf den Senat Bovenschulte
II, auch wenn die Entscheidungen je unterschiedliche Gründe hatten. So war
der [2][Rücktritt des 74-jährigen Innensenators Ulrich Mäurer] zum
Jahresende hin altersbedingt begründet worden und wirkt einigermaßen
geordnet: Im konservativen Spektrum hat Mäurer als ordnungspolitischer
Hardliner durchaus Fans.
Für sein hartes Vorgehen gegen Anbieter von Sportwetten und Spielhallen
sowie für seinen Mut, die Kosten für Bundesliga-Hochrisikospiele der
Bundesliga aufzubürden, hat er aber auch in anderen Kreisen Anerkennung
bekommen. Zuletzt freilich merkte man, dass der Innensenator [3][mit seinen
Positionen oft Alleingänge] startete, ohne Rückhalt bei
Koalitionsfraktionen oder Senatskollegium.
Bei Bildungssenatorin Aulepp dagege[4][n lief es schon lange nicht mehr]
rund, der Rücktritt war von der Opposition zuletzt regelmäßig gefordert
worden. Auch Schulleiter, Kita-Leitungen und Elternvertreter hatten sich
zuletzt gegen die Senatorin gestellt. Aktionen wie der Runde Tisch Bildung,
die helfen sollten, den Knoten zu lösen und verschiedene Akteure der
Bildungspolitik zusammenzubringen, waren wirkungslos.
Bei der Grünen Moosdorf war das bisher anders: Einigermaßen reibungslos
(allerdings auch nicht immer sehr sichtbar) schien die Senatorin das
Ressort zu leiten. Sogar die CDU, die den Rücktritt als einzig richtige
Konsequenz ihres Auftritts bewertet, schreibt in ihrer Mitteilung,
menschlich habe man die Senatorin immer geschätzt.
5 Oct 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZY_7eoPEHpfU67laqzB0sx93j_SC1YdJpMNjBtPFCCZe/1605-L_1610-S_Teil_B_Berichtsbitte_Staatsraetin_SUKW.pdf
(DIR) [2] /Bremer-SPD-Innensenator-hoert-bald-auf/!6105003
(DIR) [3] /Bremens-Innensenator-bricht-Kirchenasyl/!6050013
(DIR) [4] /Ohne-einen-Grund-zu-nennen/!6106164
## AUTOREN
(DIR) Lotta Drügemöller
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