# taz.de -- Abkommen zwischen Israel und Hamas: Eine zweite Chance auf Frieden
       
       > Schon im vergangenen Winter gab es ein ähnliches Abkommen zwischen Israel
       > und der Hamas wie jetzt. Es scheiterte. Was dieses Mal anders ist.
       
 (IMG) Bild: Khan Junis, 10. Oktober: Vertriebene Palästinenser kehren in ihre Häuser zurück
       
       Nach zwei Jahren und zwei Tagen ist es so weit: Am Mittag des 9. Oktober
       haben Israel und die Hamas ein Abkommen unterzeichnet. [1][Die erste Phase]
       des Deals umfasst eine Waffenruhe, die Freilassung der Geiseln und einen
       Gefangenenaustausch. US-Präsident Donald Trump hatte den Deal eingefädelt.
       
       Zuletzt hatte der damals noch designierte US-Präsident im vergangenen
       Winter auf ein ähnliches Abkommen gedrängt: Dessen erste Phase – in der 38
       Geiseln und fast 2.000 palästinensische Gefangene befreit wurden – wurde
       umgesetzt. Die zweite – in der Verhandlungen zu einer Entwaffnung der Hamas
       und einem Abzug der Israelis anstanden – scheiterte. Israel brach
       schließlich die Waffenruhe.
       
       So weit wie damals ist das Abkommen auch jetzt wieder: Auf eine Freilassung
       der Geiseln und nach lokalen Medienberichten mittlerweile auch eine Liste
       der zu entlassenden Gefangenen hat man sich einigen können. Doch dieselben
       Details, die die letzte Waffenruhe scheitern ließen, [2][sind auch diesmal
       wieder offen]: Was bedeutet eine Entwaffnung der Hamas? Wann zieht sich das
       israelische Militär völlig aus dem Gazastreifen zurück?
       
       Doch Trump scheint sich seiner Sache recht sicher. Die Einigung auf die
       erste Phase des Deals verkündete er auf seinem Netzwerk Truth Social mit
       dem Bibelzitat „Gesegnet seien die Friedensstifter“. Doch was ist nun
       anders?
       
       ## Israel ist isoliert
       
       Seit vergangenem Januar ist Israel international mehr und mehr isoliert.
       Eindrucksvoll zeigte das die Reise des Premiers Benjamin Netanjahu zur
       UN-Vollversammlung im September: Sein Flugzeug mied den europäischen
       Luftraum – wohl aus Sorge, er könnte aufgrund eines ausstehenden
       Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs festgenommen werden.
       
       Die Gründe für diese Isolation: Etwa Israels Blockade sämtlicher Transporte
       nach Gaza hinein von März bis Mitte Mai, was die Versorgungslage extrem
       verschärfte und schließlich sogar zum Ausruf einer Hungersnot seitens der
       Vereinten Nationen führte. Als dann Anfang August wieder kommerzielle
       Transporte zugelassen wurden und auch die Zahl der Hilfslieferungen
       deutlich anstieg, war der PR-Schaden bereits angerichtet.
       
       Dann verkündete Israel seine Offensive mit Bodentruppen auf Gaza-Stadt und
       ließ sich auch durch internationale Warnungen davon nicht abbringen. Dazu
       kamen [3][die zunehmenden Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser
       im Westjordanland] sowie die öffentlichen Überlegungen der Regierung einer
       Annexion des besetzten Gebiets.
       
       Zuletzt ausschlaggebend könnte aber der gescheiterte [4][Luftangriff auf
       Hamas-Kader] in der katarischen Hauptstadt Doha Mitte September gewesen
       sein. Das Land ist ein enger Verbündeter der USA.
       
       Der Angriff sorgte in allen arabischen Golfstaaten für Empörung – und damit
       für ein Zusammenrücken gegen Israel. Zudem hatte sich die gesamte arabische
       Liga im Juli erstmals einig zu einer Zukunft des Gazastreifens öffentlich
       geäußert: Die Hamas dürfe keine Rolle mehr spielen, er müsse aber
       palästinensisch besiedelt und kontrolliert bleiben.Auf arabischer Seite
       herrscht also eine relative Einigkeit – auch in der Ansicht, dass Israel in
       seinem Vorgehen unberechenbarer geworden ist.
       
       Dazu kommt: Donald Trump – die USA sind engster Verbündeter Israels – hat
       außenpolitisch eigentlich andere Pläne. Seine ersten Reisen der zweiten
       Amtszeit gingen nicht nach Israel, sondern an den arabischen Golf. Trump
       will eine starke Allianz der Golfstaaten mit dem Westen, eine eingehegte
       Islamische Republik Iran und mehr Ruhe in der Region.
       
       Dem war Israel lange zugänglich: Nach dem Angriff der Iran-unterstützten
       Hamas am 7. Oktober 2023 fügte es der „Achse des Widerstands“ – einer Reihe
       von Milizen, die Iran in umliegenden Staaten finanziert und aufgerüstet
       hatte – deutlichen Schaden zu. Damals stiegen sowohl die Hisbollah im
       Libanon als auch die Huthis im Jemen in den Kampf gegen Israel ein. Heute
       ist die Hisbollah deutlich geschwächt, wenn auch nicht besiegt. Und bislang
       hält sie sich an die Waffenruhe an der Nordgrenze – ganz im Gegensatz zur
       israelischen Armee. Einen Gegenschlag wagte sie bislang dennoch nicht. Und
       die Huthis schießen zwar bis heute weiter Raketen und Drohnen Richtung
       Israel, haben aber einige wichtige Köpfe verloren.
       
       Auch [5][in Iran] selbst griff Israel im Frühsommer an. Das Atomprogramm –
       erklärtes Ziel der Militäroffensive – wurde recht empfindlich getroffen.
       Zwar soll Iran sein bis dato angereichertes Uran beiseite geschafft haben,
       aber die Fähigkeit, es neu zu produzieren, wurde nach Expertenmeinung
       deutlich zurückgeworfen. Zudem demonstrierte Israel tagelang seine
       Lufthoheit über dem etwa 1.000 Kilometer entfernten Staat.
       
       ## Und nur acht Geiseln konnte das Militär in den vergangenen beiden Jahren
       befreien
       
       Aus der Perspektive Netanjahus und anderer Hardliner in Israel konnte es in
       den vergangenen beiden Jahren also einige sicherheitspolitische Erfolge
       verbuchen. Im Gazastreifen, so analysieren es auch viele israelische
       Sicherheitsexperten, hingegen weniger: Zwar hat die Hamas definitiv Macht
       und Geld und führende Köpfe eingebüßt. Doch sie ist nach wie vor im
       Gazastreifen aktiv, kontrolliert weiter große Teile der Zivilbevölkerung
       mit eigens dafür abgestellten Kämpfern.
       
       Und nur acht Geiseln konnte das Militär in den vergangenen beiden Jahren
       befreien – jedes Mal mit einer großen Zahl palästinensischer ziviler Opfer.
       Für zwei Jahre eines brutalen Kriegs, den führende Völkerrechtler [6][sogar
       als Genozid betrachten], fällt die Bilanz also äußerst mau aus. Und auch
       Israels Militär bezahlt einen hohen Preis, fast 950 Soldaten wurden in den
       vergangenen beiden Jahren getötet. Und an der Frage, ob ein Geiseldeal
       kommen muss, auch wenn die Hamas an der Macht bleibt, zerbricht seit zwei
       Jahren die israelische Gesellschaft immer mehr.
       
       Auch Netanjahu muss also klar sein: Für immer weiterführen kann er diesen
       Krieg kaum. Der Trump-Plan kann ein Ausweg sein.
       
       Nun müssen Netanjahu – wie auch die Hamas – ihn mit Ernsthaftigkeit zu Ende
       verhandeln. Und dann auch umsetzen.
       
       10 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
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