# taz.de -- Kommunalwahl in NRW: Der Habeck aus Ostwestfalen
       
       > Die erzkatholische Hochburg Paderborn wackelt: Nach fast 80 Jahren
       > schwarzer Herrschaft hat erstmals ein Grüner die Chance, Bürgermeister zu
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Frank Wolters bei einem Auftritt in Paderborn
       
       Paderborn taz | „Hier ist etwas richtig Historisches passiert“, sagt Frank
       Wolters. Der 57-Jährige Bürgermeisterkandidat der Grünen tritt am Sonntag
       im tiefschwarzen Paderborn in der Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten an. An
       diesem Mittwochabend hat er mit seinem Kontrahenten Stefan-Oliver Strate
       diskutiert. Hunderte Bürger:innen haben den Schlagabtausch verfolgt.
       Kündigt sich hier im ostwestfälischen Paderborn tatsächlich ein Erdbeben
       an? Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik könnte die CDU in ihrer
       Hochburg den Posten des Rathauschefs verlieren – ausgerechnet an einen
       Grünen, der selbst einmal Christdemokrat war.
       
       Denn Wolters ist so etwas wie der Joker, der coole Move der Paderborner
       Grünen. Bis 2017 war der Vater von fünf Kindern Wirtschaftsförderer im
       ebenfalls CDU-regierten rheinischen Neuss bei Düsseldorf und spielte dort
       mit dem Gedanken, für die Christdemokraten als Bürgermeisterkandidat
       anzutreten. Entschied sich dann aber für einen Posten als Geschäftsführer
       der Paderborner Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Seit 2023 leitet er die
       Tegel Projekt GmbH, die den Umbau des einstigen Hauptstadtflughafens in
       einen Forschungs- und Industriepark mit 5.000 Wohnungen managt.
       
       Wolters’ Wirtschaftskompetenz kommt offenbar an im 156.000 Einwohner
       zählenden Paderborn. Zwar landete er bei den Bürgermeister-Wahlen am 14.
       September mit 22,3 Prozent deutlich hinter dem CDU-Konkurrenten Strate, den
       35,8 Prozent gewählt haben. Doch hier in der Heimat von Generalsekretär
       Carsten Linnemann gilt es bereits als Sensation, dass die CDU das Rathaus
       nicht im ersten Anlauf erobert hat.
       
       Wie in 147 weiteren NRW-Kommunen müssen Wolters und Strate stattdessen am
       Sonntag in die Stichwahl. Schwarz-grüne Duelle gibt es auch in Düsseldorf,
       [1][Münster], [2][Bonn] und Aachen. Sollte Wolters tatsächlich den
       katholischen Erzbistumssitz Paderborn erobern, wäre das ein deutliches
       Zeichen, dass die Strategie der Parteispitze um Linnemann und Bundeskanzler
       Friedrich Merz gescheitert ist, die AfD durch maximale Distanz zu den
       Grünen und eine deutliche Rechtsverschiebung klein zu halten.
       
       ## CDU kündigt „Knall auf Fall“
       
       „Schwarz-Grün ist von der Union – Merz, Söder, Spahn, Klöckner –
       verächtlich gemacht und zerstört worden“, hat der bei der Bundestagswahl
       gescheiterte ehemalige grüne [3][Vizekanzler Robert Habeck anlässlich
       seines Ausscheidens aus dem Bundestag Ende August in der taz geklagt].
       Genau diese von Habeck analysierte Strategie fahren die Christdemokraten in
       Paderborn schon seit 2024. „Knall auf Fall, ohne jede Vorwarnung“ habe die
       CDU im Juni 2024 die vier Jahre währende schwarz-grüne Koalition im
       Stadtrat aufgekündigt, erinnert sich die damalige grüne
       Ratsfraktionsvorsitzende Petra Tebbe.
       
       „Extrem überraschend“ sei der Koalitionsbruch gekommen, sagt auch Johannes
       Menze, Politischer Geschäftsführer der Grünen in Paderborn. „Am Montag nach
       der Europawahl kam der CDU-Fraktionsvorstand in unsere Fraktion und
       erklärte die Koalition für beendet.“ Natürlich habe es Differenzen zur CDU
       gegeben, etwa bei der Erstellung eines Mobilitätskonzepts. Diskussionen gab
       es über einen dichteren Takt für die lokale Buslinie „Pader-Sprinter“, über
       Parkplatzpreise in der Innenstadt aber auch über Trinkbrunnen in der Stadt.
       „Findet die CDU alles nicht notwendig“, sagt Menze dazu. Doch das Argument
       der Christdemokraten, die grünen Projekte seien schlicht zu teuer, sei
       vorgeschoben.
       
       Nicht wenige Grüne vermuten, dass die Paderborner CDU nach der Europawahl,
       bei der sie mit 30 Prozent deutschlandweit stärkste Kraft wurde und bei der
       die AfD mit 15,9 Prozent auf Platz zwei landete, die Strategie der
       maximalen Distanzierung von den Grünen um jeden Preis auch auf lokaler
       Ebene umsetzen wollte.
       
       ## E-Autos und Radwege
       
       Die Paderborner Grünen konterten, indem sie den durch und durch bürgerlich
       wirkenden Wolters als Bürgermeisterkandidaten aufstellten. Wolters ist zwar
       erst seit Ende 2024 Parteimitglied, hatte aber schon als
       Wirtschaftsförderer grüne Akzente gesetzt. „Ich habe versucht, Unternehmen
       für Themen wie Klimaneutralität und Elektromobilität zu sensibilisieren“,
       erzählt er am Mittwochabend. Punkten will Wolters auch mit mehr bezahlbarem
       Wohnraum, mit besseren Radwegen, mit einem kostenlosen Busticket für alle
       Schüler:innen.
       
       Sollte er am Sonntag tatsächlich das Paderborner Rathaus erobern, wäre das
       eine Sensation. Aber auch ein Wink an die Bundes-CDU.
       
       26 Sep 2025
       
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 (DIR) Andreas Wyputta
       
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