# taz.de -- Die Wahrheit: Scharfer Otto im Gartengrab
> Die Aufhebung der Friedhofspflicht in Rheinland-Pfalz revolutioniert ab
> sofort das öde Bestattungsgewerbe.
(IMG) Bild: Die neuen Begräbnistrends sind nichts für empfindsame Gemüter
Das Bestattungsunternehmen Merovsky in Landau wirkt wie eine Mischung aus
Baumarkt, Gartencenter und Social-Media-Agentur. Im Verkaufsraum werden
allerhand Spaten und Schaufeln präsentiert, im hinteren Teil des
Firmengebäudes stapeln sich Holzbretter. Die Bretter dienen einer jungen
Frau als Kulisse, als sie, vom Ringlicht beleuchtet, gerade ein
Youtube-Tutorial anfertigt mit dem Titel „Do it yourself: Sargbau“.
Die Dame stellt sich als Tochter des Firmenchefs heraus, mit dem wir
verabredet sind. „Der Chef ist hinterm Haus“, sagt sie. Hinterm Haus ist
der Bestatter Konrad Merovsky gerade dabei, auf einer schmalen Grasfläche
einer Familie die Handhabung eines kleinen Baggers zu erklären. „Bestatten,
Merovsky“ begrüßt uns der Unternehmer anschließend euphorisch, denn seine
Geschäfte laufen offenbar sehr gut.
Seitdem in Rheinland-Pfalz die Friedhofspflicht gekippt wurde und das
Bestatten von Verstorbenen auch auf dem Privatgelände erfolgen darf,
eröffnen sich für einen Bestatter vollkommen neue Geschäftsfelder. Neben
dem Baggerverleih fürs eigene Gartenbegräbnis vermittelt Merovsky
neuerdings auch ganze Gartengrundstücke. „Das ist eine essenzielle
Voraussetzung für ein Gartenbegräbnis“, erklärt uns der Bestatter, und da
seine Kunden in der Regel auch gleichzeitig Erben seien, wäre die Offenheit
für eine größere Investition in eine stabile Anlageform ohnehin vorhanden.
„Das überzeugendste Argument ist aber, dass die lieben Angehörigen ihre Oma
oder ihren Opa ein Leben lang ganz nah bei sich haben.“ Das, so Merovsky,
könne kein Friedhof leisten.
„Wenn der Erbonkel nun die Radieschen von unten wachsen sieht, sind es die
Pflanzen, die auf seinem Erbe gedeihen. Der ewige Kreislauf des Lebens
manifestiert sich dann in diesen Radieschen“, wirbt der 59-Jährige nicht
ohne Pathos für seine Dienste. Natürlich können die Erben auch andere
Gewächse auf ihre Ahnen säen. Zum Beispiel Peperoni. In jedem Fall hat
Merovsky an Grabkreuze erinnernde Pflanzenschilder im Verkaufsangebot, die
man zum Beispiel mit „Hier ruht und gedeiht der scharfe Otto“ beschriften
kann.
## Rest in Pieces
„Die Namen würden wir natürlich an Pflanzart und Namen jeweils anpassen.
Das ist alles Teil unserer Dienstleistung“, sagt der umtriebige
Unternehmer. Unser Blick fällt auf ein anderes Beispielgrabkreuz. „Rest in
Pieces“ steht darauf. Es sei vor allem für Organspender gedacht,
beantwortet Merovsky unseren fragenden Blick.
Alle Produkte und Leistungen des Bestattungsunternehmens finden sich in der
Firmenbroschüre „Ewige Nähe im Schoß der heimischen Erde“. Für die
esoterische Klientel mit weniger Bodenhaftung hat Merovsky eine andere
Version aufgelegt, in der die Vorzüge der Gartenbestattung für ruhelose
Geister betont werden: „Seelen haben bei ihren Wanderungen kurze Wege.“
Für die Zukunft plant der Landauer auch Krematorien für den Eigengebrauch
in sein Portfolio aufzunehmen. Dafür sei er gerade mit einem Saunabauer im
Gespräch. „Wenn man am Saunathermostat noch ein paar Grad heraufdreht,
könnte das eine spontane Selbstentzündung auslösen.“ Für den allerletzten
Saunagang des Verblichenen will der Bestatter Aufgüsse in pietätvollen
Geschmacksrichtungen wie Totentrompete und Vergissmeinnicht anbieten. Noch
nicht restlos verblichene Saunagänger sollen einen Pentobarbital-Aufguss
erhalten.
Allerdings sei so eine Einrichtung für kleine Wohneinheiten kaum rentabel.
Man brauche so ein Krematorium ja doch nicht jeden Tag, stellt der wirklich
findige Bestatter fest. Anders stelle sich das bei großen Wohnanlagen dar.
Hier könnte man die Abwärme das Krematoriums der Heizung zuführen. „Daraus
entsteht dann eine Art energetischer Generationenvertrag.“ Dieses Konzept
könne aber erst nach umfassenden Feldversuchen verwirklicht werden. Als
ideale Testobjekte seien Seniorenwohnanlagen vorgesehen. Konrad Merovsky
gibt uns zum Abschied einen Spaten mit auf den Weg.
17 Sep 2025
## AUTOREN
(DIR) Günter Flott
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