# taz.de -- Wie geht es eigentlich der Windbranche?: Zukunftsunternehmen am Tropf der Politik
       
       > Ob der weitere Ausbau der Windenergie gelingt, hängt vom Willen der
       > Bundesregierung ab. Ohne Einspeisegarantien würden kaum neue Anlagen
       > entstehen.
       
 (IMG) Bild: Aktuell verzeichnet die Windenergiebranche guten Zuwachs: Aufbau einer Anlage in Mecklenburg-Vorpommern
       
       Freiburg taz | Zur Jahresmitte hat die Windbranche Grund zum Jubeln: Im
       ersten Halbjahr 2025 wurden in Deutschland 409 Windkraftanlagen an Land mit
       einer Gesamtleistung von 2,2 Gigawatt in Betrieb genommen. Das war der
       höchste Wert seit 2017. Im selben Zeitraum wurden zudem Anlagen mit
       zusammen 7,8 Gigawatt neu genehmigt – ein historischer Rekord in einem
       ersten Halbjahr, wie die Branchenverbände erklärten.
       
       Die Ampelregierung hatte das Ausbauziel für die Windkraft an Land mit der
       Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 auf 115 Gigawatt im
       Jahr 2030 angehoben. Aktuell sind 65,3 Gigawatt installiert, was für die
       verbleibenden Jahre einen jährlichen Nettozubau von rund 9 Gigawatt
       erfordern würde. Da zeitgleich aber zunehmend Altanlagen stillgelegt werden
       – 2024 waren es rund 0,7 Gigawatt mit vermutlich steigender Tendenz,–
       müsste der jährliche Bruttozubau aber tatsächlich bei etwa 10 Gigawatt
       liegen. Selbst im Vergleich zu den historischen Spitzenjahren, die zwischen
       2014 und 2017 bei rund 4 bis 5 Gigawatt lagen, wäre also noch eine
       Verdopplung nötig.
       
       Ob das gelingt, liegt zu einem guten Teil bei der Politik, denn ohne
       wirtschaftliche Absicherung durch den Staat würde kaum eine Anlage
       errichtet. Das zeigte sich Anfang August bei der Offshore-Windkraft:
       Erstmals wurden [1][Flächen ohne die Möglichkeit der EEG-Förderung
       ausgeschrieben – mit der Folge, dass kein einziges Gebot einging]. An Land
       dürfte es ähnlich laufen.
       
       Bei der Photovoltaik hingegen ist die Situation anders: Wer heute eine
       Anlage baut und den Strom vom Dach weitgehend selbst nutzen kann, ist
       [2][auf staatliche Einspeisegarantien nicht mehr angewiesen]. Der
       Solarstrom, der einst der teuerste war von allen Erzeugungstechnologien,
       kann damit heute in manchen Marktsegmenten auf eigenen Beinen stehen.
       
       ## Kleines Wettbewerbselement
       
       Die Windkraft kann das bisher in der Regel nicht, weshalb der Gesetzgeber
       erhebliche Möglichkeiten hat, Einfluss auf den Zubau zu nehmen – in die
       eine oder die andere Richtung. Mehrere Stellschrauben entscheiden über den
       weiteren Ausbau: Das sind zum einen die Auktionen, denn viermal im Jahr
       schreibt die Bundesnetzagentur die Vergütungen für neue Windkraftanlagen an
       Land aus. Darauf können sich genehmigte Projekte bewerben. Wer sich mit den
       geringsten Vergütungen zufriedengibt, bekommt den Zuschlag. Das bringt ein
       Wettbewerbselement in einen ansonsten stark politisch geprägten
       Wirtschaftszweig.
       
       Die Nachfrage nach den Vergütungsgarantien war zuletzt groß: Bei der
       Ausschreibung der Windkraft an Land zum Stichtag 1. Mai konnte das
       verfügbare Volumen von gut 3,4 Gigawatt voll vergeben werden, denn die
       Ausschreibung war deutlich überzeichnet; es lagen Gebote über fast 5
       Gigawatt vor. Der Bundesverband Windenergie freute sich bereits und
       erklärte: Wenn sich die Entwicklung fortsetze, seien bis zum Ende des
       Jahres in der Summe Zuschläge in Höhe von rund 14,4 Gigawatt möglich.
       
       Damit könnte der politisch festgeschriebene Ausbaupfad bis 2030 also
       durchaus einzuhalten sein. Eine Voraussetzung ist allerdings, dass die
       Bundespolitik weiterhin im gleichen Umfang ausschreibt wie derzeit. Die
       zweite, dass das zulässige Höchstgebot, das bei aktuell 7,35 Cent Vergütung
       je Kilowattstunde liegt, nicht nennenswert abgesenkt wird. Wenn die Politik
       das trotzdem tut, könnte es für viele Projekte eng werden.
       
       ## Und wo weniger Wind weht?
       
       Auch eine [3][Sonderregel für Schwachwind-Regionen] könnte – sollte sie
       wegfallen – den Ausbau in Teilen Deutschlands empfindlich treffen. Aktuell
       gibt es im EEG ein Referenzertragsmodell, das sich an einem fiktiven
       Standort mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 6,45 Metern pro
       Sekunde in einer Höhe von 100 Metern orientiert. Bringt ein Standort nur 60
       Prozent des Stromertrags des Referenzstandorts, wird seine Vergütung um den
       Korrekturfaktor von 1,42 aufgestockt.
       
       Speziell für Süddeutschland gibt es für Anlagen, die nur 50 Prozent dieses
       Ertrags bringen, sogar den Faktor 1,55. Damit ermöglicht das EEG im
       Maximalfall Garantievergütungen von rund 11,4 Cent pro Kilowattstunde.
       Bereits im Koalitionsvertrag heißt es aber, man werde „das
       Referenzertragsmodell auf Kosteneffizienz unter anderem hinsichtlich
       unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte“ überprüfen. Für die Windkraft in
       Deutschlands Süden könnte es damit eng werden. Die Schwäbische Zeitung
       fragte bereits: „Stoppt ein simples Wort die Windkraft in
       Baden-Württemberg?“
       
       Doch neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen spielen auch die Strommärkte
       eine Rolle für den weiteren Ausbau der Windkraft. Denn [4][in Stunden, in
       denen der Preis an der Strombörse negativ ist], bekommen die Anlagen
       inzwischen keine EEG-Vergütung mehr. Damit wächst das
       betriebswirtschaftliche Risiko für Investoren. Schließlich steigt die Zahl
       der Stunden mit Minuspreisen stetig – unterbrochen nur durch die
       Hochpreisphase an den Energiemärkten 2021 und 2022. Nun jedoch wird 2025
       den Rekordwert des Vorjahres bei den negativen Stunden abermals deutlich
       überschreiten. Im Sommer ist es die Photovoltaik, die regelmäßig zu
       negativen Preisen führt.
       
       Schreitet der Ausbau der Windkraft gemäß den Zielen voran, werden künftig
       aber auch im windreicheren Winterhalbjahr die Zeiten mit negativen Preisen
       erheblich zunehmen. Kannibalisierung heißt diese Situation, in der sich die
       Parks dann gegenseitig die Erträge streitig machen. Aber das sind dann
       Markteffekte, die Politik ist hier außen vor.
       
       17 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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