# taz.de -- Kündigungen bei TikTok: Streiken gegen die KI-Arbeiter
       
       > Die Plattform will Hunderte Content-Moderator:innen durch einen
       > KI-Algorithmus ersetzen. Nun wehren sich die Beschäftigten am Berliner
       > Standort.
       
 (IMG) Bild: Deutsche TikTok-Mitarbeiter protestieren in Berlin gegen den Stellenabbau, am 17.7.2025
       
       Berlin taz | Pornografie, Gewalt, Videos aus Kriegsgebieten, in den
       Menschen tot auf der Straße liegen – manchmal kämen die Inhalte, die Sara
       Tegge täglich auf der Videoplattform TikTok moderiert, in ihren Träumen
       wieder. „Die Arbeit ist mental sehr belastend“, sagt Tegge. Doch dankbar
       ist ihr Arbeitgeber, das chinesische Unternehmen Bytedance nicht: Tegge und
       ihre rund 150 Kolleg:innen der Contentmoderations-Abteilung am Deutschen
       TikTok-Standort in Berlin sollen entlassen werden. [1][Den Job soll in
       Zukunft eine KI übernehmen.]
       
       Am Donnerstag protestierten die Berliner TikTok-Beschäftigten mit einer
       Kundgebung gegen die angekündigten Entlassungen. Die Gewerkschaft Verdi
       fordert einen Sozialplan, höhere Abfindungen und länger Kündigungsfristen.
       Expert:innen fürchten zudem die Auswirkungen auf die
       Social-Media-Plattform: Ohne menschliche Arbeit drohten Gewalt, Fake News
       und [2][rechtsextreme Inhalte auf TikTok] überhand zu nehmen.
       
       „Im März haben wir eine schlecht geschriebene E-Mail vom Management
       erhalten, dass die gesamte Trust-and-Safety-Abteilung entlassen werden
       soll“, berichtet Tegge. Formell ausgesprochen ist die Kündigung allerdings
       noch nicht. Ersetzt werden soll die für Content-Moderation verantwortliche
       Abteilung unter anderem durch ein KI-Modell und Auslagerung an
       Drittanbieter. Dabei haben die Beschäftigten in den vergangenen Jahren den
       KI-Algorithmus mit ihrer Arbeit selbst gefüttert. „Wir trainieren die
       Maschinen, bezahlt uns, was wir verdienen“, riefen die Beschäftigten bei
       der Kundgebung.
       
       „Wir sind in Gesprächen mit dem Betriebsrat über einen Vorschlag zur
       Konsolidierung unserer Sicherheitsaktivitäten mit weniger Standorten, um
       die Arbeitsabläufe zu straffen und die Effizienz zu verbessern“, sagte eine
       Sprecher*in des Unternehmens am Freitag. Man werde sich weiterhin voll
       und ganz für die Sicherheit und Integrität der Plattform einsetzen.
       
       Verdi fordert TikTok auf, die Abfindung auf drei Jahresgehälter zu erhöhen
       und die Kündigungsfrist auf ein Jahr zu verlängern. Die sei in Anbetracht
       der herausfordernden Arbeit nötig. „Wir brauchen psychologische
       Unterstützung, um uns wieder im Jobmarkt zurechtzufinden“, sagt ein
       Beschäftigter der taz.
       
       ## Verdi droht mit Streik
       
       Laut Verdi zeigte sich TikTok bislang wenig kompromissbereit. „Alle
       Optionen liegen auf dem Tisch, inklusive Streik“, sagt Verdi-Aktivist
       Daniel Gutiérrez.
       
       Bereits im Oktober vergangenen Jahres kündigte TikTok an, weltweit Hunderte
       Stellen in der Content-Moderation abbauen zu wollen. Kritiker:innen
       sind skeptisch, dass ein Algorithmus dasselbe leisten kann wie Menschen.
       „Die KI macht ständig Fehler und es wird keine Menschen geben, diese zu
       korrigieren“, sagt Oliver March von der NGO Algorithmwatch.
       
       Zu erwarten sei, dass mehr Benutzer:innen aus nicht nachvollziehbaren
       Gründen gesperrt und mehr problematische Inhalte gar nicht moderiert
       werden.
       
       Viele Fälle, die Moderation erforderten, seien stark abhängig vom
       gesellschaftlichen Kontext. [3][Beispielsweise pushten bei den rumänischen
       Präsidentschaftswahlen Zehntausende Fake-Accounts einen rechtsextremen
       Kandidaten.] „Solche Entscheidungen sind oft viel zu kompliziert für KI“,
       sagt Marsh.
       
       ## Verstoß gegen EU-Recht?
       
       Unklar ist, ob Tiktok mit dem Schritt nicht gegen EU-Recht verstößt. Laut
       dem Digitale-Dienste-Gesetz, dem Digital Services Act (DSA), müssen
       Social-Media-Plattformen transparente Content-Moderation in lokaler Sprache
       durchführen.
       
       Auch mit der Datenschutz-Grundverordnung scheint es TikTok nicht so genau
       zu nehmen. Der digital politische Verein Nyob reichte ebenfalls am
       Donnerstag Beschwerde gegen das chinesische Unternehmen ein. Entgegen den
       Vorgaben des Gesetzes sei es unmöglich, Auskunft über die von TikTok
       gesammelten Daten vom Unternehmen zu bekommen, so Nyob.
       
       Der Artikel wurde um ein Statement TikToks aktualisiert
       
       17 Jul 2025
       
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