# taz.de -- Gegenseitige Fürsorge: Füreinander einstehen wollen, verdient Anerkennung
       
       > Die neue Justizministerin Stefanie Hubig möchte eine Co-Mutterschaft
       > erleichtern. Bei der gegenseitigen sozialen Absicherung sieht sie keinen
       > Handlungsbedarf.
       
 (IMG) Bild: Verantwortung und Solidarität, ein Konzept, dass der Staat außerhalb klassischen Paarkonstrukten nicht anerkennen wird
       
       Wer etwas älter ist, wird lustigerweise öfter als in jüngeren Jahren zu
       Hochzeiten eingeladen. Da geben sich Menschen jenseits der 60, die nicht
       unbedingt ein romantisches Liebespaar wie in einer ZDF-Schmonzette abgeben,
       das sogenannte Jawort. Oder zwei alleinstehende Frauen, die sich als
       Nachbarinnen seit Jahrzehnten kennen. Selbst Menschen, die als Mutter und
       Sohn durchgehen könnten, lassen sich plötzlich trauen.
       
       Warum? Weil sie sich gegenseitig absichern wollen. Das nicht nur
       finanziell, sondern in erster Linie für den berühmten „Notfall“: eine
       schwere Krankheit, ein Unfall, Unwägbarkeiten des (älteren) Lebens. Sie
       heiraten also, weil es in Deutschland momentan keine bessere Möglichkeit
       gibt, sich rechtlich gegenseitig abzusichern.
       
       Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) täuscht sich also, wenn sie glaubt,
       dass Menschen, die keine klassische Liebesbeziehung miteinander haben, aber
       füreinander einstehen wollen, keine rechtliche Absicherung brauchen (oder
       wollen). Jedenfalls sieht sie in einem neuem „Rechtsinstitut“, das dies
       gewährleisten würde, keine Notwendigkeit. Es gebe dazu keine Rückmeldungen
       aus Wissenschaft und Gesellschaft.
       
       Ja, wie auch? Wenn denjenigen, die gegenseitig Verantwortung übernehmen
       wollen, in Ermangelung von Alternativen nichts anderes übrig bleibt, als zu
       heiraten?
       
       Blicken wir kurz zurück, die gesellschaftliche Debatte war an dieser Stelle
       nämlich schon mal weiter. Als Marco Buschmann, FDP-Justizminister in der
       Ampelregierung, mit der [1][Idee der „sozialen Verantwortungsgemeinschaft“]
       um die Ecke bog, befürworteten das nicht nur linke Kreise, sondern sogar
       Kritiker:innen der FDP. Denn dieses notariell beglaubigte Lebensmodell
       hätte beispielsweise ein Auskunftsrecht im Krankenhaus ermöglicht, ohne
       dass man dafür einen Ehering gebraucht hätte.
       
       Jetzt werden Freund:innen und Nichtpartner:innen an den Klinikpforten
       mit dem Satz abgewiesen: „Sie sind nicht miteinander verwandt oder
       verheiratet, dann dürfen wir Ihnen leider nichts sagen.“
       
       Man muss keine Freundin der FDP sein, um Buschmann mit seinem – durch das
       Ampel-Aus gescheiterten – Konzept recht zu geben. Denn es erkennt eine
       längst gelebte Realität an, die einen rechtlichen Rahmen verdient. Immer
       mehr [2][ältere Menschen leben allein], die Zahl der Alleinerziehenden
       steigt, aktuell gibt es etwa [3][1,7 Millionen sogenannte Einelternfamilien
       mit minderjährigen Kindern.] Das Buschmann-Konzept sah zudem vor, soziale
       Eltern rechtlich zu stärken. Also jene Mütter und Väter mit Kindern, die
       diese – beispielsweise in neuen Beziehungen – betreuen, aber nicht mit
       ihnen biologisch verwandt sind.
       
       Die neue SPD-Justizministerin hätte das Buschmann-Konzept weiterführen
       können, ohne in den Verdacht zu geraten, es zu kopieren oder gar liberal
       daherzukommen. Das Konzept der automatischen Co-Mutterschaft lesbischer
       Paare befürwortet sie ja auch. Und das stammt ebenfalls aus der Feder ihres
       Vorgängers.
       
       12 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /FDP-will-Familienbegriff-modernisieren/!5820351
 (DIR) [2] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/09/PD21_N057_12411.html
 (DIR) [3] https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/Factsheet_Alleinerziehende_2024.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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