# taz.de -- „Der Nachwendekindertalk“: Vom Wehrdienst-Revival und dem Patriarchat im Pop
       
       > Chipi macht sich Gedanken über die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Auf
       > TikTok stößt Marie auf die Debatte zu Sabrina Carpenters Albumcover.
       
       In der einundzwanzigsten Folge „Mauerecho“ diskutieren Marie und Chipi zwei
       ganz unterschiedliche, aber gleichermaßen kontroverse Themen: Die mögliche
       Wiedereinführung der Wehrpflicht und die feministische Debatte rund um das
       neue Albumcover von Sabrina Carpenter. Beide Themen sorgen aktuell für
       hitzige Diskussionen – in der Gesellschaft, in den Medien und ganz
       besonders in den sozialen Netzwerken.
       
       Im ersten Teil geht es um [1][Boris Pistorius’ Pläne, den Wehrdienst neu zu
       gestalten.] Vorgesehen sei zunächst ein freiwilliges Modell. Sollten sich
       nicht genügend Freiwillige melden, sei jedoch eine Pflicht nicht
       ausgeschlossen. Laut einer Forsa-Umfrage sprechen sich nur 29 % der 18- bis
       29-Jährigen gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, während es bei
       den über 60-Jährigen 66 % sind. Woher kommt diese große Ablehnung in der
       Generation der Nachwendekinder?
       
       Marie meint: Es sei einfacher, die Wehrpflicht zu befürworten, wenn man
       selbst nicht von ihr betroffen sei. Sie selbst könne sich nicht vorstellen,
       zur Bundeswehr zu gehen. Chipi stellt dabei einen Generationenunterschied
       fest. Als einer der letzten Jahrgänge, die noch gemustert wurden, musste er
       sich zumindest einmal in seinem Leben mit der Frage auseinandersetzen:
       Würde ich zum Bund gehen? Die Wehrpflicht wurde abgeschafft, bevor sein
       Wehrdienst begonnen hätte. Er erzählt, dass er ohnehin verweigert hätte.
       
       Damals sei jedoch auch die sicherheitspolitische Situation eine andere
       gewesen: „Wir sind in Zeiten von Frieden aufgewachsen. Aber jetzt habe ich
       das Gefühl, wir müssen in Deutschland ein bisschen aufwachen und uns
       bewusst machen, dass das, was wir lange Jahre nicht geleistet haben,
       Amerika gemacht hat – und jetzt machen sie es nicht. Das heißt, wir müssen
       uns selbst verteidigen“, sagt Chipi. Marie stimmt ihm zu und findet
       dennoch: Die Wehrpflicht ist ein Einschnitt in die Freiheitsrechte des
       Einzelnen. Ihr ist wichtig, dass zuerst auf Basis von Freiwilligkeit
       versucht werde, genügend neue Leute für die Bundeswehr zu finden.
       
       ## Deutschland auf dem Weg in die Militarisierung?
       
       Die Warnung vor einer zunehmenden Militarisierung Deutschlands, die vor
       allem aus linken Kreisen kommt, stellen die beiden in Frage. Trotzdem müsse
       immer abgewogen werden, wie viel Aufrüstung tatsächlich notwendig sei,
       gerade wenn so viele Milliarden in die Verteidigung investiert werden, die
       an anderer Stelle fehlen könnten. „Es gibt auch andere Interessen in der
       Gesellschaft, die für die Stabilität einer Demokratie auf eine andere Weise
       notwendig sind. Ich finde, das muss sich auch die Waage halten“, meint
       Marie.
       
       Im popkulturellen Teil des Podcasts sprechen Chipi und Marie über Sabrina
       Carpenters neues Albumcover. Im Internet hat dieses Kontroversen ausgelöst.
       Auf dem Cover ist zu sehen: Carpenter kniet in einem kurzen schwarzen Kleid
       auf allen Vieren auf dem Boden und blickt mit laszivem Blick in die Kamera.
       Dabei zieht ihr ein Mann – der jedoch nicht ganz zu sehen ist – an den
       Haaren, als führe er sie an einer Leine.
       
       ## Feminismus im Pop
       
       Einerseits wird ihr vorgeworfen, mit dem Bild patriarchale Stereotype zu
       reproduzieren, was gerade vor dem Hintergrund von Trumps Präsidentschaft
       und den Missbrauchsvorwürfen gegen den Rapper P. Diddy unangebracht sei.
       Andererseits wird sie dafür gelobt, eine selbstermächtigte, weibliche
       Sexualität darzustellen und satirisch mit sexistischen Rollenbildern
       umzugehen.
       
       Marie fühlt sich erinnert an feministische Debatten, die seit den
       1970er-Jahren geführt werden: Gibt es im Patriarchat eine selbstbestimmte
       weibliche und heterosexuelle Sexualität, oder ist diese immer nur in der
       Reproduktion eines männlichen Begehrens möglich? Es sei gut, dass diese
       Debatte geführt werde, allerdings stellt sie in Frage, ob TikTok der
       richtige Ort für einen produktiven Diskurs ist. Vielmehr scheine es darum
       zu gehen, sich an Popstars wie Sabrina Carpenter abzuarbeiten, als diese
       Fragen auszuhandeln.
       
       Auch bei Lil’ Kim, Nicki Minaj, Katja Krasavice und Shirin David werde
       diese Frage immer wieder gestellt, fügt Chipi hinzu. Er fragt sich: Wie
       viel Sexismus steckt in diesen Debatten, wenn gerade Frauen immer wieder
       vorgeschrieben werde, wie sie ihre Weiblichkeit auszuleben haben? Marie
       stellt die These auf, dass gerade Popkünstlerinnen seltener auf Basis ihrer
       Kunst beurteilt werden, sondern vielmehr danach, was sie als Person
       darstellen. Dabei spiele im Pop die Inszenierung eine wichtige Rolle. Dabei
       falle auf, dass man Sabrina Carpenter nicht zutraue, dass gerade die
       Provokation dieser Debatte eine bewusste künstlerische Entscheidung war.
       Sie plädiert dafür, Popstars zunächst als Künstlerinnen ernst zu nehmen und
       dann zu beurteilen, ob künstlerische Entscheidungen gelungen seien – auch
       aus feministischer Perspektive.
       
       „Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [2][taz Panter Stiftung].
       Er erscheint jede Woche Sonntag auf [3][taz.de/mauerecho] sowie überall, wo
       es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.
       
       29 Jun 2025
       
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