# taz.de -- Politikwissenschaftler Heinze über Trump: „Trump ist hilfreich, aber nicht das Ende“
       
       > Der Politologe Rüdiger Heinze sieht den US-Präsidenten Trump nur als
       > Figur eines Langzeitprojekts. Es wird von rechtskonservativen Kräften
       > gesteuert.
       
 (IMG) Bild: Ob das was wird? „Keep America great“ steht auf dem Sweatshirt
       
       taz: Herr Heinze, Sie vertreten die These, dass Donald Trump Amerika
       gegenwärtig „small again“ mache, also den USA vor allem schade. Man gewinnt
       doch vielmehr den Eindruck, dass er mit seiner Politik durchkommt. 
       
       Rüdiger Heinze: Ja, mit einigem kommt er durch. Aber er bewegt sich
       natürlich trotzdem noch in einer echten Welt, auch wenn es nicht immer den
       Anschein macht. Seine Wirtschaftspolitik, die versucht, alte Industrien
       wiederzubeleben, wird eine Weile klappen. Aber perspektivisch ist das
       wirtschaftlich gesehen ein Albtraum. Auch die Zölle sind eine Katastrophe.
       Die Preise und Inflation sind schon jetzt gestiegen. Auf Dauer macht das
       keinen Sinn und schränkt das Wirtschaftswachstum ein.
       
       taz: Sie gehen also nicht davon aus, dass Trump einen langfristigen Plan
       verfolgt? 
       
       Heinze: Trump handelt erratisch. Das ist auch Teil des Programms: Seine
       Unberechenbarkeit führt zu einer gezielten Verunsicherung der Partner,
       sodass niemand weiß, woran man ist. Das kann in einigen Bereichen
       strategisch sinnvoll sein. Insofern glaube ich nicht, dass das kurzfristig
       gedacht ist. Wenn man in das Dokument „Project 2025“ schaut, dann geht es
       erst mal um Amerika. Alle anderen sind zweitrangig.
       
       taz: In diesem rechtskonservativen Handbuch zur Umgestaltung der
       US-Regierung werden unter anderem starke Einschnitte in die Wissenschaft
       und das Bildungssystem festgeschrieben. Trump hat kürzlich der
       Harvard-Universität gedroht, Forschungsgelder zu streichen und ihr zu
       verbieten, ausländische Studenten aufzunehmen. Hat sich das Dokument als
       Blaupause für die Trump-Regierung erwiesen? 
       
       Heinze: Überwiegend ja. Viele von den Leuten, die daran mitgearbeitet
       haben, waren schon mal in der Regierung – nicht allzu viele in führenden
       Positionen, aber hinter den Kulissen. Einige sind es noch. Das sind keine
       Idioten. Das sind Leute, die sich auskennen und Einfluss haben oder in
       entsprechenden Thinktanks sitzen, die ebenfalls Einfluss und Kontakte
       haben. Diese planen weit in die Zukunft voraus. Das ist seit den Achtzigern
       eine konservative Prämisse, auf die es ankommt. Trump ist hilfreich, aber
       nicht das Ende. Vieles davon sehen wir bereits: den gezielten Abbau von
       Ministerien, die „Ermächtigung“ der Bundesstaaten – in der Hoffnung, dass
       diese dann republikanische sind. Sehr wichtig ist der Artikel zur
       Wirtschaftspolitik in diesem Manifest. Dieser spricht sich explizit gegen
       Zölle aus, weshalb einige Beteiligte schon jetzt Trump kritisieren.
       
       taz: Wo könnte Trump an seine Grenzen stoßen? 
       
       Heinze: Man sieht ja schon, wo er an Grenzen stößt. Die Frage ist, wie er
       weitermacht. Die Staatsverschuldung der USA ist gigantisch. Globalisierte
       Wirtschaftsstrukturen und Unternehmen verschwinden ja nicht plötzlich. Als
       Trump angekündigt hat, die Ukraine-Hilfe einzufrieren, gab es
       republikanische Abgeordnete, die gesagt haben: „Moment mal, die Industrie,
       an die das Geld geht, ist nicht die ukrainische. Die sitzt bei uns.“ Es
       gibt auch Widerstand bei Trumps neuem [1][Steuer- und Ausgabengesetz „Big
       Beautiful Bill“]. Das kann er bis zu einem gewissen Grad ignorieren. Aber
       nächstes Jahr sind Midterms. Wenn er die Mehrheiten verliert, dann hat er
       ein Problem. Er kann sich natürlich weiter mit Dekreten darüber
       hinwegsetzen. Dann haben wir tatsächlich eine Verfassungskrise.
       
       taz: Glauben Sie, dass der Kulturkampf in einem Systemwechsel enden könnte? 
       
       Heinze: Ich bin nicht sicher. Eine Systemkrise haben wir im Grunde genommen
       schon. Auch eine Verfassungskrise haben wir im gewissen Sinne, weil
       [2][Trump sich offensichtlich nicht an gerichtliche Urteile hält] und sich
       gegen die Verfassung stellt. Im Augenblick passiert nichts, weil die
       [3][Republikaner] ihm Folge leisten. Wenn einige ihre Sitze verlieren, ist
       die Frage, wie lange sie mitspielen. Spannend wird es auch, wenn Trump
       versucht, tatsächlich ein drittes Mal anzutreten.
       
       14 Jun 2025
       
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