# taz.de -- Neues Haushaltspaket: Die USA beerdigen Joe Bidens Klimapolitik
       
       > Die Republikaner wollen den Inflation Reduction Act (IRA) kassieren. Sie
       > gefährden damit Arbeitsplätze und treiben die Energiepreise hoch.
       
 (IMG) Bild: Solarmodule im Death-Valley-Nationalpark in Kalifornien: Mit der staatlichen Förderung solcher Anlagen ist in den USA bald Schluss
       
       Washington taz | Ein von Republikanern ausgehandeltes Haushalts- und
       Steuerpaket [1][gefährdet Hunderttausende US-amerikanische Arbeitsplätze im
       Bereich der nachhaltigen Technologien]. Auch andere Industrien und die
       amerikanische Gesellschaft insgesamt könnten von den im Gesetzespaket
       enthaltenen Kürzungen betroffen sein. Dies geht aus einer [2][Studie des
       unabhängigen Thinktanks Energy Innovation] hervor.
       
       Laut der Studie würden die im Gesetzespaket vorgesehenen Veränderungen zu
       einem Verlust von mehr als 800.000 Arbeitsplätzen in den kommenden fünf
       Jahre führen. Außerdem würden sie Investitionen in den heimischen
       Energiesektor bremsen und das Bruttoinlandsprodukt der USA um 117
       Milliarden Dollar reduzieren.
       
       „Mit diesem Gesetzentwurf wird der Konjunkturimpuls, der 2022 in Form des
       von Ex-Präsident Joe Biden unterzeichneten Klimagesetzes eintrat, in
       gewisser Weise untergraben“, sagte Dan O’Brien, leitender Analyst bei
       Energy Innovation, der taz.
       
       Bidens Klimagesetz, der Inflation Reduction Act (IRA), hat seit seiner
       Einführung im August 2022 zu einer Investitionsflut im Bereich der
       nachhaltigen Technologien geführt. Laut der Klimaschutz-Organisation
       Climate Power hat der IRA für Investitionen von mehr als 422 Milliarden
       Dollar gesorgt und mehr als 400.000 neue Arbeitsplätze im Bereich der
       erneuerbaren Energien und anderen nachhaltigen Branchen geschaffen.
       
       ## Neues Gesetz beendet Förderung
       
       „Der Kongress muss Arbeitsplätze und Investitionen schützen. […]
       Amerikanischen Unternehmen, Innovatoren und Arbeitnehmern den Boden unter
       den Füßen wegzuziehen, wäre, wie ein Präsident es ausdrückte, ein
       ‚amerikanisches Blutbad‘“, warnte die Vorsitzende Direktorin von Climate
       Power Lori Lodes bereits im Januar und spielte mit dem Ausdruck
       „amerikanisches Blutbad“ auf US-Präsident Donald Trumps erste Antrittsrede
       vor mehr als acht Jahren an.
       
       Doch diese Warnung stieß augenscheinlich auf taube Ohren, denn Experten
       zufolge führt das in der vergangenen Woche verabschiedete Haushalts- und
       Steuerpaket genau dazu. „Viele der im Inflation Reduction Act geschaffenen
       Anreize haben für eine Renaissance im Produktionsgewerbe gesorgt, die wir
       in den letzten zwei Jahren erlebt haben“, sagte Energy Innovation-Analyst
       O’Brien. Das neue Gesetz bewirke genau das Gegenteil. „Es sorgt im
       Wesentlichen für die schrittweise Abschaffung und gleichzeitige
       Einschränkung von Produktionskrediten für fortschrittliche
       Produktionsverfahren“, erklärte er.
       
       Dass von Präsident Trump als „Big, Beautiful Bill“ bezeichnete Gesetz sorgt
       für das vorzeitige Ende mehrerer Förderprogramme und Subventionen, wie etwa
       den Steuerrabatten für Elektrofahrzeuge oder Fotovoltaikanlagen. Ohne diese
       Förderungen und Subventionen wird es laut O’Brien in Zukunft zu einer
       Verzögerung beim Ausbau von erneuerbaren Energien kommen. Die Folge sind
       höhere Energiekosten für Wirtschaft und Privatpersonen.
       
       ## Höhere Energiekosten
       
       Laut der Analyse von Energy Innovation könnten die Energiekosten für einen
       durchschnittlichen Haushalt bis 2030 um 120 Dollar pro Jahr ansteigen. Und
       auch die amerikanische Wirtschaft werde dies zu spüren bekommen, denn im
       vergangenen Jahr waren 90 Prozent aller neu ins US-Stromnetz aufgenommenen
       Kapazitäten erneuerbare Energien.
       
       Die sofortige Abschaffung der Förderung des Baus von
       Erneuerbaren-Energien-Anlagen werde es den Versorgungsunternehmen
       verunmöglichen, steigende Kosten zu vermeiden, warnte Todd Brickhouse,
       Geschäftsführer von Energieunternehmen Basin Electric Power, bei einer
       Kongressanhörung im März. „Und dies wird auch den Gebührenzahlern
       unmittelbar schaden“, betonte er. Fossile Energieträger könnten die
       Kapazitätsengpässe nicht ausgleichen, die durch den voraussichtlich
       ausbleibenden Bau von Erneuerbaren-Anlagen entstehen. Und das zu einer
       Zeit, in der der Strombedarf immer weiter ansteigt – die Entwicklungen beim
       Thema künstliche Intelligenz sind nur ein Beispiel.
       
       John Ketchum, Chef von NextEra, einem der größten Betreiber von
       erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken im Land, erklärte, dass
       erneuerbare Energien, gekoppelt mit einem Batteriespeicher, „der günstige,
       schnellste und einfachste Weg sind, um der steigenden Nachfrage an
       Elektrizität nachzukommen“. Ketchum warnte, dass die Strompreise „durch die
       Decke gehen werden“, wenn diese Option wegfallen würde,
       
       ## Mehr Luftverschmutzung
       
       Neben den möglichen Auswirkungen auf Strompreise und Arbeitsplätze haben
       die Änderungen auch Folgen für den Umweltschutz und die Gesundheit. Weniger
       erneuerbare Energien am Netz und Elektrofahrzeuge auf den Straßen bedeuten
       umgekehrt mehr fossile Brennstoffe und eine größere Anzahl von Benzin- und
       Dieselfahrzeugen. Die Folge ist die Zunahme von Luftverschmutzung. Laut
       Berechnungen von Energy Innovation könnte dies bis zu 260 Millionen Tonnen
       zusätzlich an CO2-Abgasen und 670 vorzeitigen Todesfällen in den kommenden
       zehn Jahren verursachen.
       
       [3][Trotzdem stimmten bis auf zwei Abgeordnete alle Republikaner im
       US-Repräsentantenhaus für das Gesetzespaket.] Zu Beginn der Verhandlungen
       im Kongress hatten einige Republikaner, deren Wahlbezirke in den
       vergangenen Jahren von Bidens Klimagesetz profitiert hatten, um
       Zurückhaltung gebeten. „Da der Energiebedarf weiterhin rasant steigt,
       besteht bei allen Änderungen, die unsere Fähigkeit zur Nutzung neuer
       Energiequellen einschränken, die Gefahr, dass in unserem Land eine
       Energiekrise ausbricht, die für amerikanische Familien drastisch höhere
       Stromrechnungen zur Folge hat“, erklärten 21 republikanische Abgeordnete in
       einem Schreiben an ihre Kollegen im März. Am Ende stimmten trotzdem alle 21
       für das Paket.
       
       Eine Untersuchung zu den Folgen des IRA im vergangenen Jahr hat gezeigt,
       dass bisher mehr als die Hälfte aller Projekte, zwei Drittel aller Jobs und
       über 80 Prozent der Fördergelder an Wahlbezirke gingen, die durch
       Republikaner im Kongress vertreten sind.
       
       Analyst O’Brien geht davon aus, dass Republikaner im US-Senat weitere
       Veränderungen ins Gesetz einbringen, besonders wenn sie sehen, dass es in
       seiner aktuellen Form die wirtschaftlichen Chancen der eigenen Wähler
       gefährdet. Das Gesetz muss den Senat passieren, bevor US-Präsident Donald
       Trump es unterschreibt.
       
       Ein großes Ziel von Trumps Wirtschaftspolitik ist es, mehr Fabriken und
       Produktionsstätten in die USA zu bringen. Laut Experten wird der Abbau von
       Förderung im Bereich der nachhaltigen Technologien doch zum genauen
       Gegenteil führen. Unternehmen, die sich die USA als Standort hätten
       vorstellen können, werden nun zweimal überlegen, ob die Voraussetzungen
       woanders besser sind. Und die, die den Schritt bereits gewagt haben, müssen
       sich kurzfristig auf höhere Betriebskosten einstellen.
       
       26 May 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Solarbranche-in-den-USA-/!6089262
 (DIR) [2] https://energyinnovation.org/report/inflation-reduction-act-repeal-harms-state-economies-raises-consumer-costs/
 (DIR) [3] /Neues-Haushaltsgesetz-in-den-USA/!6089773
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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