# taz.de -- Internettrend „100 Männer gegen Gorilla“: Lasst die Affen im Zoo!
       
       > Würden 100 Männer gegen einen Gorilla gewinnen? Diese Debatte dominiert
       > gerade das Internet – und sagt einiges über aktuelle Männlichkeitsideale
       > aus.
       
 (IMG) Bild: 100 Mann gegen einen Gorilla – wer gewinnt?
       
       Eine Testosteronlawine überrollt das Internet. Seit etwas mehr als einer
       Woche streiten sich UserInnen auf verschiedensten Plattformen, wer einen
       Kampf gewinnen würde – Ein Silberrücken-Gorilla oder 100 unbewaffnete
       Männer. Begonnen hat alles mit einem Post auf X. Der User @DreamChasnMike
       wusste wohl nicht, was er lostreten wird, als er darauf wettet, dass 100
       Menschen gegen einen Gorilla gewinnen würden, wenn sie denn alle
       entschlossen genug seien.
       
       Selbst Eskapismus, das Fliehen vor bedrückenden Nachrichten in
       unpolitisches Terrain, kann diese Debatte nicht rechtfertigen. Erst recht
       nicht in den USA, wo man realere Probleme hat als das, was dort aktuell
       medial diskutiert wird. Aber die wirren Kampfstrategien von sicher
       wirkenden Machos und anderen, die ihre Meinung dazu kundtun müssen, haben
       längst die sozialen Netzwerke und andere Kontinente geflutet.
       
       UserInnen erstellen KI-generierte Bilder mit oberkörperfreien Männern und
       einem King-Kong-artigen Gorilla in dessen Mitte. Kampfsportprofis werden
       von ReporterInnen befragt, auf wen sie setzen würden. Ihre Meinung hat auf
       Instagram und Tiktok großes Gewicht, sie werden oft zitiert und als Weise
       bei den Wetten herangezogen.
       
       Mit Tieren kennen sie sich allerdings genauso wenig aus wie der Rest jener,
       die diese Debatte ernst nehmen. Schnell entstehen zwei Lager. Das eine
       schließt sich dem Urheber der Debatte an und setzt auf die 100 Männer. Das
       andere setzt auf den Gorilla. Doch letzteres ist nicht unbedingt schlauer.
       
       ## Alles nur Abgrenzung
       
       Eine der wenigen Frauen, die sich dazu geäußert haben, ist Dr. Tara
       Stoinski, sie verbrachte 20 Jahre mit der Erforschung der Tiere. Sie setzt
       auf die 100 Menschen, aber hauptsächlich, weil der Gorilla nicht genügend
       Ausdauer habe. Die Tiere befinden sich aber, so Stoinski, sowieso in einem
       ständigen Kampf ums Überleben auf diesem Planeten.
       
       Vielen derer, die auf den Gorilla setzen, geht es weniger um eine
       realistische Einschätzung als darum, sich durch ihre vermeintlich
       selbstreflektierte Haltung von den anderen Herren abzugrenzen. Das Lager,
       das sich die Frage stellt, was diese Diskussion eigentlich soll, kriegt nur
       wenig Aufmerksamkeit, wird vom Algorithmus nicht verbreitet.
       
       Dabei lässt die Gorilla-Frage tief in die Mechanismen sozialer Netzwerke
       blicken. Die Diskussion verselbstständigte sich schnell, die große Mehrheit
       wich von der ursprünglichen Frage ab und erfand Rahmenbedingungen für den
       sehr hypothetischen Kampf und somit auch für die Debatte, die eigentlich
       keine sein sollte.
       
       So hat der Urheber nie gesagt, dass die Männer unbewaffnet sind oder viel
       wichtiger –, dass es überhaupt nur Männer sind. Das wurde von jenen, die
       diesen Streit überwiegend ausführen, Männern, einfach angenommen. Das hat
       auch das Lager, das auf den Gorilla setzt, nicht hinterfragt. Auch, dass
       sie dabei unbewaffnet in den Kampf ziehen würden, ist eine Annahme, die
       selbst getroffen wurde. Wahrscheinlich, um männlicher, stärker zu wirken.
       Wer braucht schon Waffen, wenn er Fäuste hat?
       
       ## Männersache
       
       [1][Die Frage, wer gewinnen würde, ist zur Männersache erklärt.] Und die
       diskutieren fleißig. Ob in Podcasts, Livestreams, Talkshows oder in Posts,
       jeder, der das Wort Gorilla halbwegs aussprechen kann, gibt seine Meinung
       zum Besten.
       
       Darunter viele Männer, die nicht einmal in dieser hypothetischen Situation
       eine Niederlage eingestehen können. Selbstüberschätzung par excellence.
       Jemand, der davon ein Lied singen [2][kann, ist Boxlegende Mike Tyson]. In
       den 80er Jahren bot er einem Zoo in New York 10.000 US-Dollar, um gegen
       einen Gorilla kämpfen zu dürfen, allein. Der Zoo lehnte ab.
       
       Ob er gewonnen hätte oder nicht, ist also ungewiss. Auf die Frage, was
       passieren würde, wenn 100 Tysons gegen einen Gorilla kämpfen würden, ist
       Tyson sich sicher: „The gorilla gonna get fucked up.“ Man kann nur hoffen,
       dass auch die aktuelle Affen-Debatte ungeklärt bleibt.
       
       6 May 2025
       
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