# taz.de -- Katharina J. Cichosch High & Low: Der Frauenkörper als konzise Störung
       
       > Céline Ducrot, Cathrin Hoffmann und Annegret Soltau: drei Künstlerinnen
       > führen derzeit vor Augen, wie hochpolitisch der Frauenkörper noch immer
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Blick in die Ausstellung „Hardest Kinds of Soft“ in der Kunsthalle Gießen mit Cathrin Hoffmann (links) und Céline Ducrot (rechts)
       
       Berlin taz | Ob so das Unbehagen im eigenen Leib ausschaut, der ja
       Andockstelle wie Vergewisserung an die äußere Welt und damit auch an ein
       gerade stark ins Wanken geratendes Realitätsprinzip ist? Aber dann werden
       Verunsicherung und Mehrdeutigkeit getragen von einer geradezu übermächtigen
       Strahlkraft.
       
       Céline Ducrot wie auch Cathrin Hoffmann überlassen in ihren Arbeiten ganz
       offenbar nichts dem Zufall. Vielleicht sind ihre Protagonistinnen, auch die
       verunsicherten oder die verunsichernden, Heroinen. Beide Künstlerinnen
       kannten sich vorher nicht und stellen zum ersten Mal gemeinsam aus – eine
       Idee, die in dieser düster-apokalyptischen, aber auch lustvollen Schau in
       der Kunsthalle Gießen eine bestechende Logik zeigt.
       
       Gerade, weil sich beide höchst unterschiedliche Bildwelten nicht aufheben,
       eher gegenseitig ungut aufladen: Während Cathrin Hoffmanns Wesen auf
       Leinwand und als Skulptur, mit schmerzhaft herausstechenden Werkzeugknochen
       und Schamlippen, vielleicht eine Auffrischung feministischer Grotesken
       heraufbeschwören, lassen sich Céline Ducrots traumwandlerische Szenarien in
       Schwarz, Weiß und Grau als treffende Zustandsbeschreibungen dieser Zeit
       lesen, in der man sich fragt, wo die Körper eigentlich hinwandern, wenn der
       Geist permanent abwesend ist.
       
       Wer diesen auf den ersten Blick geradezu unangenehm digital erscheinenden
       Oberflächen im realen Raum gegenübersteht, entdeckt mehr. Aus Hoffmanns
       Bildern erheben sich plötzlich reale Haare aus der gemalten Fläche. Ducrot
       hat selbst ins makellose Finish ihrer gemalten Oberflächen noch graduelle
       Unterschiede eingebaut. Konzise sitzt jede Textur.
       
       ## Rabiat zusammengeflickte Gesichter
       
       In jene allerdings nicht malerische Oberfläche direkt hinein sticht
       [1][Annegret Soltau]: Hochaktuell erscheinen die Arbeiten der 79-jährigen
       Künstlerin. Dass sie noch immer Störungen produzieren zu wissen, zeigt das
       Städel Museum in einer späten Retrospektive. Seit Jahrzehnten bringt Soltau
       Selbst- und Familienbilder in fotografische Vernähungen. Von Heilung und
       Reparatur braucht man in diesen rabiat zusammengeflickten Gesichtern und
       Körpern vermutlich gar nicht zu reden. Lustig im grotesken Sinne schaut
       vieles aus, aber es bleibt ein verstörendes Moment, das über reinen Effekt
       hinausgeht und das sich nicht in Wohlgefallen auflöst.
       
       Man muss nicht [2][bis Afghanistan schauen], um nachzuvollziehen, wie
       hochpolitisch der Frauenkörper noch immer ist, der dort de facto nicht mehr
       öffentlich vorkommen darf, aber sollte ebendiesen Blick gerade deshalb auch
       nicht vergessen. Annegret Soltau beschreibt ihre Kunst übrigens im
       Ausstellungskatalog als letztlich universelle, nämlich jeden Menschen
       betreffende Angelegenheit. Aber das Universelle ergibt sich ja aus dem
       Hochspezifischen. Die Künstlerin ging in ihrer Arbeit stets von sich aus,
       als Frau, später Mutter, Tochter, und hat dabei weibliche
       Rollenzuschreibungen immanent durchdekliniert.
       
       23 May 2025
       
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