# taz.de -- Diskussion um AfD-Verbot: 10 Millionen WählerInnen lassen sich nicht wegzaubern
       
       > Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch befeuert die
       > Debatte um ein Verbot. Doch damit sind die Probleme noch nicht gelöst.
       
 (IMG) Bild: Hokus, Pokus, Verschwindibus wird mit den Wählenden der AfD nicht passieren
       
       Es klingt so einfach. So verlockend eindeutig und fest entschlossen.
       Problem erkannt, jetzt wird’s gelöst. Nachdem das Bundesamt für
       Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft
       hat, sind bei vielen Linken, Liberalen und anderen Demokraten die letzten
       Zweifel verflogen: [1][Die AfD muss endlich verboten werden!] Und zwar
       sofort!
       
       Dieser Reflex ist nachvollziehbar. Welcher aufrechte Humanist wünscht sich
       nicht, dass eine rechtsextreme Partei wie von Zauberhand ein für alle Mal
       verschwindet? Doch wie immer, wenn etwas auf den ersten Blick sonnenklar
       erscheint, wäre es gut, noch einmal nachzudenken.
       
       So verzagt es klingen mag, immer noch Bedenken vorzutragen und die Euphorie
       zu bremsen: Die möglichen Risiken eines AfD-Verbotsverfahrens sind leider
       nicht plötzlich weggefallen, nur weil die scheidende Innenministerin Nancy
       Faeser das Ergebnis eines Gutachtens bekannt gegeben hat.
       
       Das Problem fängt schon mit dem Zeitpunkt an. Denn es kann ja nicht darum
       gehen, dass sie den bereits entschiedenen Befürwortern eines AfD-Verbots
       zum Abschied ein Geschenk macht. Um langfristig Erfolg zu haben, müssen die
       breite Mitte und vor allem auch die Union überzeugt werden, ohne die es in
       absehbarer Zeit keine Mehrheit für einen Verbotsantrag gibt.
       
       Aber wie überzeugend und objektiv notwendig wirkt es, dass Faeser das
       Resultat einer jahrelangen Prüfung ausgerechnet wenige Tage vor dem Ende
       ihrer Amtszeit vorgelegt hat – noch dazu, ohne den Inhalt des Gutachtens zu
       veröffentlichen?
       
       ## Wir brauchen Transparenz
       
       Für die Geheimhaltung mag es Gründe geben. Es kann sein, dass man der AfD
       nicht schon vor einem Gerichtsverfahren die wichtigsten Argumente für ein
       Verbot verraten will. Aber so wird eben leider auch nicht transparent, was
       gerade jetzt zu neuen Erkenntnissen geführt hat. Stattdessen hat Faeser
       die Union ohne ersichtlichen Zeitdruck direkt vor der Kanzlerwahl [2][unter
       Bekenntniszwang gesetzt].
       
       Und es kam, wie es kommen musste: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und
       der kommende CSU-Innenminister Alexander Dobrindt haben sich gegen ein
       schnelles Verbotsverfahren ausgesprochen. Verständlicherweise.
       
       Oder hielte es wirklich jemand für eine gute Idee, wenn der neue
       Bundeskanzler als erste Amtshandlung das Verbot der größten
       Oppositionspartei ankündigt? Ja, theoretisch könnte Friedrich Merz das tun
       und mit Hilfe von SPD, Grünen und Linken zur Tat schreiten. Vielleicht käme
       das Verbot sogar irgendwann in Karlsruhe durch, falls die geheimen
       Argumente reichen. Aber wäre der rechtsextreme Spuk damit vorbei? Wohl eher
       nicht.
       
       Mehr als 10 Millionen AfD-WählerInnen wären immer noch da. Und ein Verbot
       dürfte sie kaum davon überzeugen, zu den etablierten Parteien
       zurückzukehren. Eher früher als später gäbe es Ersatzparteien, die das
       Programm der AfD übernehmen und den Protest gegen das Verbot für noch
       größere Erfolge nutzen könnten. Dazu heißt es oft, dass sich die
       Rechtsextremen [3][sowieso immer als Opfer aufspielten], egal, wie man mit
       ihnen umgeht. Das stimmt zwar.
       
       Aber bisher konnte man entgegnen, dass sie keine Opfer sind. Das wäre nach
       einem Verbot deutlich schwieriger und macht die Sache so riskant.
       
       5 May 2025
       
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