# taz.de -- Nutzung der Windkraft: Größer, höher, leichter vermittelbar
       
       > Windräder werden immer gigantischer. Sie können aber in Industriegebieten
       > aufgestellt werden, wo sie niemanden stören.
       
 (IMG) Bild: Auch Normalo-Windräder sind heute schon deutlich größer und leistungsfähiger als zur Jahrtausendwende: Anlage in Rheinland-Pfalz
       
       Freiburg taz | Die größte und leistungsstärkste [1][Windkraftanlage] der
       Welt steht nun im dänischen Offshore-Testfeld Østerild. Aufgebaut hat sie
       der deutsch-spanische Hersteller Siemens-Gamesa. Der Rotor hat einen
       Durchmesser von 276 Metern. Zum Vergleich: Das ist, als würde sich dort
       oben der Hamburger Heinrich-Hertz-Fernsehturm im Kreis drehen. Die
       Nennleistung der Anlage beträgt 21,5 Megawatt.
       
       Damit überbietet sie den bisherigen Rekord von 20 Megawatt einer Anlage der
       Firma Mingyang Smart Energy, die seit dem vergangenen August in der
       chinesischen Provinz Hainan läuft. Die Anlage in Dänemark wurde von der EU
       unter dem Projektnamen Hippow (Highly Innovative Prototype of the Most
       Powerful Offshore Wind Turbine Generator) mit 30 Millionen Euro gefördert.
       
       Allerdings dürfte auch der neue Weltrekord nicht allzu lange Bestand haben:
       Das chinesische Unternehmen Dongfang hat bereits eine Turbine mit einer
       Kapazität von 26 Megawatt vorgestellt, die allerdings bislang noch nicht
       installiert ist.
       
       Damit schreitet die technische Entwicklung in einer Weise voran, die
       Branchenkenner sich in den frühen Jahren der modernen Windkraft niemals
       hätten vorstellen können. Als um die Jahrtausendwende in den
       Planungsabteilungen der großen Windturbinenbauer Anlagen mit bis zu 5
       Megawatt entwickelt wurden, ließen sich Wissenschaftler noch mit den Worten
       zitieren, man sehe sich nun „nahe am oberen Ende der Fahnenstange“.
       
       Nach wenigen Jahren waren die Anlagen jedoch etabliert und die Entwicklung
       zu noch größeren Maschinen ging ungebremst weiter. Heute lassen sich
       Windkraftingenieure in der Regel nicht mehr zu Prognosen über technische
       Grenzen hinreißen.
       
       ## Auch an Land sind Windräder stetig gewachsen
       
       Wenn es denn ein Limit gibt, so gilt das ohnehin eher im Binnenland als
       Offshore – [2][aus Gründen der Transportlogistik]. Aber auch dort sind die
       Anlagen in der Vergangenheit noch stetig gewachsen. Allein in den letzten
       zehn Jahren hat sich auch an Land die Leistung der durchschnittlichen
       Neuanlage verdoppelt. In Deutschland liegt sie aktuell zwischen 5 und 6
       Megawatt.
       
       Die Projekte erfordern aufwendige Transportkonzepte: Bis zu 85 Meter lange
       und 130 Tonnen schwere Teile müssen durchs Land bewegt werden. Das führt
       dazu, dass die Komponenten speziell an Standorten in Mittelgebirgen, wo die
       Zufahrten oft über kurvige Waldwege führen, nur noch mit allergrößter Mühe
       anzuliefern sind.
       
       Wenn die Rotoren eines Tages ein Größenlimit erreicht haben, halten
       Ingenieure auch ganz neue Konzepte für denkbar. Ein Thema ist in jüngster
       Zeit wieder die Tragstruktur: Multirotoranlagen, die an Versuche aus der
       Frühzeit der Windkraft anknüpfen, werden wieder öfter diskutiert. Bei
       dieser Bauart hat man nicht mehr nur eine Maschine, die auf dem Turm sitzt,
       sondern viele Rotoren an einer ausgefeilten Tragstruktur.
       
       ## „Keine windschwachen Gebiete mehr“
       
       Unterdessen entsteht in Klettwitz in der brandenburgischen Lausitz seit
       vergangenem September eine ungewöhnliche Anlage: Mit einer Gesamthöhe von
       365 Metern wird sie die höchste Windkraftanlage der Welt sein – und nach
       dem Berliner Fernsehturm sogar das zweithöchste Bauwerk Deutschlands. Das
       Projekt kostet zwischen 20 und 30 Millionen Euro und wird von der
       Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) finanziert.
       
       Ungewöhnlich ist dabei gar nicht der Rotor, denn der stammt aus der
       Serienfertigung. Es handelt sich um eine 3,8-Megawatt-Anlage des
       saarländischen Herstellers Vensys mit 65 Meter langen Rotorblättern – das
       ist leistungsmäßig doch eher Mittelmaß.
       
       Die Innovation steckt in dem hohen Gittermaststurm. Mit diesem will man in
       Höhen vorstoßen, in denen jeder Standort gute Windverhältnisse bietet: „Es
       gibt dann praktisch keine windschwachen Gebiete mehr“, sagte Martin
       Chaumet, Geschäftsführer der Beventum GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der
       Sprind, im Herbst nach der Grundsteinlegung. Man könne dann mit den Anlagen
       zum Beispiel auch in die Industriegebiete gehen, was weniger Widerstand bei
       Bürgern hervorrufen dürfte.
       
       In Nabenhöhe kalkulieren die Planer in der [3][Lausitz] mit einer mittleren
       Windgeschwindigkeit von 8,5 Metern pro Sekunde, verglichen mit 6,3 Metern
       in Standardhöhe. Der Jahresertrag soll sich dadurch von 8 bis 12 Millionen
       Kilowattstunden auf etwa 18 Millionen erhöhen. Mit einem Rotor und
       Maschinenhaus in der heute marktüblichen Größe wären auf dem hohen Turm
       sogar Jahreserträge von mehr als 30 Millionen Kilowattstunden möglich.
       
       In Teleskop-Bauweise wird der Turm errichtet. Zwar brauche man für den
       Aufbau mehr Arbeitskräfte als bei klassischen Anlagen, heißt es bei
       Beventum, dafür spare man aber Material und komme mit preisgünstigen
       Stahlqualitäten aus. Hingegen geht bei den Offshore-Maschinen die
       Materialschlacht weiter: Bei den derzeit größten Windkraftanlagen der Welt
       wiegt allein die Gondel, das Maschinenhaus, an die 1.000 Tonnen.
       
       22 Apr 2025
       
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