# taz.de -- Streit um Atomkraft: Union will sechs AKWs reaktivieren
       
       > Wenn die Privatwirtschaft kein Interesse an einer Reaktivierung von
       > Atomkraftwerken hat, soll eben der Staat einspringen, heißt es aus der
       > Unionsfraktion.
       
 (IMG) Bild: Wird wohl nix mit Reaktivieren: Der erste Kühlturm des stillgelegten AKW Grafenrheinfeld stürzt nach der Sprengung 2024 zusammen
       
       Berlin taz | Die Unionsfraktion gibt den [1][Traum vom AKW] nicht auf.
       Teile von CDU und CSU wollen die letzten sechs Atomkraftwerke, die Ende
       2021 und im April 2023 vom Netz gingen, reaktivieren. Über ein
       entsprechendes Papier hatte [2][zuerst das Handelsblatt berichtet]. Sollten
       die Betreiber kein Interesse haben – wonach es aufgrund der
       betriebswirtschaftlichen Risiken aussieht –, könne, so der Vorschlag, der
       Staat die Anlagen übernehmen.
       
       Zwar gibt es keinen vollständigen Überblick über den Rückbauzustand der
       einzelnen Kraftwerke, [3][doch bei zumindest einigen der Blöcke ist eine
       Reaktivierung kaum mehr denkbar]. Der Energiekonzern EnBW zum Beispiel
       hatte bereits Ende 2024 erklärt, der Rückbau aller seiner Reaktoren sei so
       weit fortgeschritten, dass er „praktisch gesehen irreversibel“ sei. Selbst
       am Block II in Neckarwestheim, der unter den letzten noch betriebenen
       Reaktoren war, begannen bereits im Sommer 2024 größere Rückbaumaßnahmen;
       inzwischen ist dort schon ein Teil des Primärkreislaufs ausgebaut, ein
       Herzstück der Anlage.
       
       Vergleichbar ist die Situation offenbar im Kraftwerk Isar 2, wo Betreiber
       PreussenElektra sich ähnlich positionierte. Auch bei den verbleibenden vier
       Blöcken ist der Rückbau zum Teil schon weit fortgeschritten. Im RWE-Reaktor
       Gundremmingen C in Bayern wurde bereits im vergangenen Jahr ein Teil des
       Kühlturms abgebaut, auch die Generatoren sind demontiert.
       
       Am ehesten noch umzukehren wäre wohl der Rückbau der Reaktoren Brokdorf
       (Schleswig-Holstein) und Emsland (Niedersachsen). Doch selbst wenn einzelne
       der Blöcke wieder in Gang zu bringen wären, würden sich zahlreiche Fragen
       stellen. Bei einigen Blöcken dürfte ein Neustart rechtlich als Neubau zu
       bewerten sein – mit aufwendigem Genehmigungsverfahren.
       
       ## Wohin mit dem Müll?
       
       Zudem stellen sich technische Herausforderungen. Zum Beispiel dürften
       manche Komponenten, die im Kontrollbereich schon entfernt wurden, nur unter
       hoher Strahlenbelastung neu zu installieren sein. Hohe Kosten dürften
       außerdem durch Entschädigungen anfallen, weil Rückbaufirmen verbindlich
       beauftragt sind.
       
       Darüber hinaus wären die Kosten für die [4][Endlagerung des künftig
       anfallenden Atommülls] ein heikles Thema: Wie froh waren die AKW-Betreiber,
       als sie im Juli 2017 die Kostenrisiken der Endlagerung aus ihren Bilanzen
       ausbuchen konnten. Zuvor hatten sie gut 24 Milliarden Euro an den Fonds zur
       Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung überwiesen.
       
       Da die Risiken einer Neuinbetriebnahme für jedes Privatunternehmen
       unkalkulierbar wären, hält die Union nun eine staatliche
       Betreibergesellschaft für denkbar. Weil auch CDU/CSU nicht wissen, ob eine
       Wiederinbetriebnahme einzelner Blöcke praktikabel ist, schlagen sie im
       ersten Schritt eine Überprüfung vor. Gemeinsam sollen die Gesellschaft für
       Anlagen- und Reaktorsicherheit und die Reaktor-Sicherheitskommission bis
       Juli den Rückbaustatus eines jeden Blocks klären. Bis dahin solle der
       weitere Rückbau ruhen.
       
       Die noch geschäftsführende Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne)
       nannte die Gedankenspiele „realitätsfern“. Mit verantwortungsvoller
       Energiepolitik hätten sie nichts zu tun.
       
       6 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Regierungsbildung-von-Rot-Schwarz/!6075005
 (DIR) [2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energie-so-koennte-deutschland-den-atomausstieg-noch-zurueckdrehen/100117904.html
 (DIR) [3] /Jetzt-kommen-die-Erneuerbaren/!6065066
 (DIR) [4] /Protest-gegen-Castortransport/!6076349
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) CDU/CSU
 (DIR) Regierungsbildung
 (DIR) Atomkraftwerk
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Anti-Atom-Bewegung
 (DIR) Koalitionsverhandlungen
 (DIR) Anti-Atom-Bewegung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nachruf auf Solarpionier Wolf von Fabeck: Der Vater des Aachener Modells
       
       Nach Tschernobyl gab Wolf von Fabeck seine Offizierskarriere auf und wurde
       Ökopionier. Sein Aachener Modell war der Startschuss für den Solarboom.
       
 (DIR) Protest gegen Castortransport: Atommüll auf dem Weg nach Bayern
       
       Der Castorbehälter aus Großbritannien ist in Niedersachsen angelandet.
       Initiativen kündigen Proteste gegen den Atommülltransport an.
       
 (DIR) Regierungsbildung von Schwarz-Rot: Noch lange nicht ausverhandelt
       
       Am Freitag übernimmt die Hauptverhandlungsgruppe die Koalitionsgespräche.
       Viele Streitpunkte sind offen, der Zeitplan wackelt.
       
 (DIR) Anti-AKW-Aktivist: Axel Mayer befürwortete Atomkraft, dann stoppte er ein AKW
       
       Als Lehrling war er einer der Besetzer der Baustelle im badischen Wyhl.
       Heute ist Axel Mayer 69 Jahre alt und zieht Bilanz, was sich verändert hat.