# taz.de -- Aufarbeitung der Northvolt-Pleite: Warnsignale in den Akten
       
       > Hat die Kieler Landesregierung bei der Ansiedlung der
       > Northvolt-Batteriefabrik Informationen zurückgehalten? Die FDP fordert
       > mehr Akteneinsicht.
       
 (IMG) Bild: Entsteht sie oder entsteht sie nicht? Die Northvolt-Baustelle in Heide am 12. März 2025
       
       Rendsburg taz | Was wusste Schleswig-Holsteins Landesregierung über die
       Risiken bei der Ansiedlung der „Giga-Fabrik“ des schwedischen Unternehmens
       Northvolt? Jedenfalls mehr als das Parlament und die Öffentlichkeit, sagt
       Bernd Buchholz.
       
       Der FDP-Landtagsabgeordnete glaubt nach der Lektüre der Akten: Die
       zuständigen Ausschüsse des Parlaments hätten möglicherweise anders über die
       finanzielle Beteiligung des Landes entschieden, wenn sie alle Unterlagen
       gekannt hätten. Zumindest hätten die Abgeordneten mehr Fragen gestellt,
       vermutet Buchholz.
       
       Nach der [1][Insolvenz des schwedischen Mutterkonzerns] droht ein Verlust
       von 600 Millionen Euro für Land und Bund. Diese Summen, für die [2][Bund
       und Land je zur Hälfte bürgen], hatte Northvolt von der staatlichen
       Förderbank KfW erhalten.
       
       Einige wenige Papiere, darunter eine Kabinettsvorlage, brachte Buchholz zur
       Pressekonferenz mit – einen Bruchteil des gesamten Vorgangs rund um den Bau
       der Northvolt-Fabrik bei Heide. 21.000 Blatt Akten lägen im Keller des
       Landtags, „und ich habe alle gelesen“, sagte Buchholz.
       
       Doch was dort steht, darf er zurzeit nicht öffentlich machen: Das Land
       verweist zum Teil auf Betriebsgeheimnisse der schwedischen Firma, zum Teil
       aber auch auf ein Eigeninteresse, bestimmte Informationen unter Verschluss
       zu halten.
       
       Diese Entscheidung sieht Buchholz kritisch. Denn die schwarz-grüne
       Regierung habe dem Parlament schließlich Transparenz versprochen. Eine
       Geheimhaltung zum jetzigen Zeitpunkt hält er zudem für juristisch
       fragwürdig: „Der Vorgang ist abschlossen, daher ist das öffentliche
       Interesse deutlich höher als die Gefahr, dass die Opposition ins
       Regierungshandeln eingreifen kann.“
       
       Die wenigen Unterlagen, die die Landesregierung [3][bereits zur Verfügung
       gestellt hat], sind teilweise geschwärzt. Aber in den lesbaren Teilen
       finden sich einige Formulierungen, die – zumindest im Nachhinein –
       Warnsignale aussenden. „Die Gesamtfinanzierung ist nicht gesichert“, heißt
       es etwa in einer Vorlage, mit der sich Ministerpräsident Daniel Günther
       (CDU) und sein Kabinett im Dezember 2023 befassten. Eine Fremdfinanzierung
       sei geplant, „wobei gewisse Zweifel bestehen, dass ein Bankenkonsortium
       gefunden wird“. Nach Lektüre der Akten könne er diese Zweifel gut
       nachvollziehen, sagte Buchholz.
       
       Dass der Bau der Giga-Fabrik, die ab 2026 mit Windstrom aus der Region
       Batterien für E-Autos herstellen sollte, ein „grundsätzliches Risiko“
       trage, sei allen Beteiligten bekannt gewesen, sagte Buchholz, der von 2017
       bis 2022 Wirtschaftsminister in Kiel war. Auch für die Geheimhaltung
       betriebswirtschaftlicher Daten habe er Verständnis. Aber die
       „Landesregierung hat nicht alle Informationen mit dem Landtag geteilt, um
       eine vernünftige Risikoabschätzung möglich zu machen“, lautet sein Vorwurf.
       
       ## Kein Kommentar von der Landesregierung
       
       Statt auf Probleme hinzuweisen, sei die Aussage unwidersprochen geblieben,
       Northvolt erfülle alle Anforderungen „mustergültig“. Auffallend fand
       Buchholz, dass das Unternehmen einen Fragenkatalog des Landes nur in
       Videokonferenzen beantwortet hatte. Die FDP will nun beantragen, dass
       weitere Akten entsperrt werden. In „letzter Konsequenz“ sei ein
       parlamentarischer Untersuchungsausschuss denkbar, sagte Buchholz. „Aber
       wenn die Regierung alle Akten veröffentlicht und Verantwortung übernimmt,
       bräuchte ich das nicht.“
       
       Die Landesregierung wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Der
       Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter sagte auf taz-Anfrage, allen sei
       bewusst gewesen, dass es Risiken bei der Ansiedlung von Northvolt gebe.
       „Wenn es keine Risiken gegeben hätte, wäre keine staatliche Förderung
       notwendig“, so Petersdotter. Er hätte sich für die Unterstützung von
       Northvolt entschieden, auch wenn er alle in der Kabinettsvorlage
       beschriebenen Risiken gekannt hätte.
       
       In der Landtagsdebatte am Donnerstag geht es um die Folgen der Insolvenz
       des Mutterkonzerns für das Werk in Dithmarschen. Formell ist die deutsche
       Tochter nicht betroffen, allerdings ist fraglich, ob die Fabrik ohne Hilfe
       der Mutter ihre Arbeit aufnehmen kann. Vorstellbar ist, dass ein
       [4][anderer Investor den Bauplatz übernimm]t.
       
       27 Mar 2025
       
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