# taz.de -- Wie rechts ist die KI-Ästhetik?: Bildpolitiken des Affekts
       
       > Von KI generierte Bilder dienen als Wunschmaschine und
       > Propagandainstrument. Dabei ist die neue Technik zu wichtig, um sie den
       > Rechten zu überlassen.
       
 (IMG) Bild: Der Künstler SNEEZINGPRINCE als gefühlsechter Monitor, am 21.3.2024 in Köln
       
       Millionen Menschen generieren heute Bilder mit KI, was unsere visuelle
       Kultur grundlegend verändert. KI-Bilder fallen oft durch dramatische
       Lichtstimmungen, gesättigte Farben und einen bizarren Hyperrealismus auf.
       In den Social Media und in medienanalytischen Texten werden sie oft
       abwertend als „Slop“ (Abfall, Ausscheidungen) bezeichnet: als kultureller
       Schund. Und sie werden zunehmend als „Ästhetik der Rechten“, als
       hilfreicher visueller Bullshit-Generator [1][und Propagandainstrument]
       wahrgenommen und kritisiert.
       
       Der Bildwissenschaftler Roland Meyer analysierte in seinem Essay „Echte
       Emotionen“, wie bestimmte ästhetische Tendenzen von KI-Bildern und ihren
       Trainingsdaten – besonders die nostalgischen Anklänge – mit
       rechtspopulistischen Affektpolitiken korrespondieren. Der britische Autor
       Gareth Watkins hat Slop sogar als „faschistische Ästhetik“ bezeichnet.
       
       Nun ist die ideologische Sortierung kultureller Phänomene in „rechts“ und
       „links“ generell ein fragwürdiges Unterfangen. So reduziert auch die
       Behauptung, gewisse ästhetische Qualitäten seien inhärent „rechts“,
       komplexe visuelle Traditionen auf plumpe politische Schlagworte.
       
       Tatsächlich aber sind Nostalgie und Pathos keine exklusiven Markenzeichen
       rechter Bildsprache, sondern waren oder sind Bestandteile zahlreicher
       kultureller Strömungen quer durch das politische Spektrum – ob im
       [2][Sozialistischen Realismus,] bei Hollywood oder in der Werbeindustrie.
       
       Natürlich nutzen rechte Akteure die KI für ihre Zwecke – wie sie auch
       andere Medien instrumentalisieren. Aber auch in progressiven, dann
       allerdings meist subkulturellen Kreisen wird generative KI genutzt.
       Designer und Künstler:innen wie Charlie Engman oder Jess Mac möchten
       gerade nicht Altes wiederkäuen, sondern kritisch hinterfragen. Und neben
       Zynismus und Beleidigungen finden sich im KI-Universum genauso Profile wie
       @niceaunties, die ihre Follower mit lustigen Slop-Bildern „herzliche
       Umarmungen“ und „nette Snacks“ versprechen.
       
       ## Fatale Konsequenzen
       
       Die generelle Zuschreibung von „Slop“ als „rechts“ hätte zudem fatale
       Konsequenzen. Erstens überlässt sie der politischen Rechten ein
       [3][mächtiges ästhetisches Territorium] – und spielt ihrem Narrativ in die
       Hände, sie repräsentiere das Authentische und Populäre gegen ein
       vermeintlich elitäres, kaltes Establishment. Zweitens führt diese
       Kategorisierung zu einer ästhetischen Selbstzensur bei nichtrechten
       Akteuren.
       
       Wenn es dazu käme, dass KI-generierte Bilder als rechts gelten, besteht die
       Gefahr, dass Progressive diese Ausdrucksformen meiden und diese sich nur
       einseitig entwickeln. Damit werden wirksame visuelle Strategien für
       gegenkulturelle Anliegen blockiert, und die emotionalen Register bleiben
       der Rechten überlassen.
       
       Mit dem Schlagwort „Slop“ kehrt im Übrigen die bildungsbürgerlich geprägte
       Kritik der Massenkultur wieder. Wogegen sich viele kritische Stimmen
       letztlich eben auch wenden, ist der populäre, nivellierende Charakter der
       KI-Bildgenerierung.
       
       ## Sprengkraft der Imagination
       
       Die Abwertung der bildlichen „Gefälligkeiten“ bestätigt so, vermutlich
       ungewollt, exakt jene Erzählung, die rechte Bewegungen über eine
       vermeintliche „linke Bildungselite“ pflegen: dass diese den Geschmack der
       Vielen verachte und Werte wie Schönheit und Zugänglichkeit ablehne.
       
       Wer KI-Bilder vorschnell als „rechts“ abtut, verkennt ihre eigentliche
       Sprengkraft. Sie sind Ausdruck einer kollektiven visuellen Imagination und
       kraftvolle „Wunschmaschinen“, wie Meyer sie nannte. Die schillernde
       Ambivalenz von Slop – zwischen Ironie und Ernst, Fake und Realität – ist
       vielleicht kein Bug, sondern das eigentliche Feature dieser Bildrevolution.
       
       Statt diese visuelle Goldgrube Rechten und Autoritären zu überlassen,
       sollte die progressive Kultur aufhören, sich vor der demokratisierten
       Bildmacht zu fürchten. Es geht jetzt darum, sie innovativ zu nutzen.
       Andernfalls werden wir in einer grotesken kulturpolitischen Schleife
       gefangen bleiben: Während wir über die vermeintlich „rechte“ Slop-Ästhetik
       theoretisieren, erobert die Rechte ungestört die Bildwelt des 21.
       Jahrhunderts.
       
       12 Mar 2025
       
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