# taz.de -- Profite aus hohen Öl- und Gas-Preisen: Fossile Preisschocks machen Reiche reicher
       
       > Eine Studie zeigt, dass die Gewinne aus der Energiekrise 2022 vor allem
       > an Vermögende gingen. Für den Klimaschutz ist das eine schlechte
       > Nachricht.
       
 (IMG) Bild: Surfer*innen haben nichts von den hohen Ölpreisen – aber haben mit immer stärkeren Stürmen und höherem Meeresspiegel zu kämpfen
       
       Berlin taz | Die Gewinne aus der Energiekrise 2022 flossen in den USA vor
       allem in die Taschen der Reichsten. Das hat ein Team von
       Wissenschaftler*innen unter der Leitung der Ökonom*innen Isabella
       Weber und Gregor Semieniuk herausgefunden.
       
       Sie [1][untersuchten Finanzdaten und stellten fest]: Die Hälfte der Profite
       ging an das reichste Hundertstel, die ärmere Hälfte der US-Amerikaner*innen
       erhielt nur ein Prozent.
       
       Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 gingen die Öl-
       und Gaspreise durch die Decke: Gas war in Europa zwischenzeitlich zehnmal
       teurer als vor der Energiekrise. „Wir hatten damals eine gefühlte
       Gasknappheit, keine echte“, sagt Franziska Holz, die zur Öl- und
       Gasindustrie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) forscht
       und nicht an der Studie beteiligt war.
       
       Die Mengen seien immer ausreichend gewesen, aber die Politik [2][habe die
       Gasspeicher „um jeden Preis“ füllen wollen] – so trieben Europa und
       besonders Deutschland nicht nur die Preise auf dem Kontinent, sondern auch
       weltweit in die Höhe.
       
       ## Die hohen Preise lösten die Teuerung aus
       
       Von den hohen Preisen [3][profitierten vor allem US-amerikanische Öl- und
       Gasunternehmen], zeigen die Forscher*innen: Während sie zwischen 2016 und
       2019 durchschnittlich etwa 40 Milliarden US-Dollar Gewinn machten, war es
       2022 siebenmal so viel: 281 Milliarden US-Dollar.
       
       Hohe Öl- und Gaspreise machen sich nicht nur beim Tanken und Heizen
       bemerkbar. Gas wird für die Herstellung von Dünger benötigt und schlägt
       sich so auf Lebensmittelpreise nieder. Aus Öl wird Benzin gefertigt, ein
       hoher Ölpreis macht alles teurer, was transportiert werden muss.
       
       Deswegen wurde die weltweite Teuerung 2022 und 2023 [4][maßgeblich von den
       Rekordpreisen für Öl und Gas angetrieben]. Dass die Profite daraus nicht
       einfach verschwinden, sondern jemandes Konto füllen, finde zu wenig
       Beachtung, schreiben die Studienautor*innen.
       
       Und zwar die Konten der Reichsten: Die oberen zehn Prozent erhielten 84
       Prozent der Gewinne der Öl- und Gasunternehmen. Um das herauszufinden,
       werteten die Forscher*innen Daten zu Unternehmensgewinnen und Eigentum
       von Vermögenswerten aus. Daraus bastelten sie ein Netzwerk aus
       Hunderttausenden Knotenpunkten. So vollzogen sie nach, wie die Profite über
       Vermögensverwalter, Aktien und Pensionsfonds verteilt wurden.
       
       ## In Deutschland vielleicht noch ungerechter
       
       „Hochkomplex“ nennt DIW-Forscherin Holz das. „Gerade im Kontext dessen, was
       wir damals beobachtet haben, sind die Ergebnisse schlüssig.“ Die Studie hat
       noch nicht den Peer-Review-Prozess durchlaufen.
       
       Wie Profite in Deutschland verteilt wurden, haben die Forscher*innen
       nicht untersucht. Franziska Holz vermutet aber, dass die Verteilung in
       Deutschland noch ungerechter war: In den USA sei direkter und indirekter
       Aktienbesitz weiter verbreitet, auch in den unteren Einkommensgruppen.
       „Wahrscheinlich war die Ungleichheit in Deutschland deswegen viel
       ausgeprägter.“ Einschränkend sei aber zu beachten, dass unklar ist, wie
       viele Deutsche Aktien von Öl- und Gasunternehmen besitzen.
       
       Die hohen Gewinne sorgten nicht nur für hohe Teuerung und Ungerechtigkeit.
       Sie machten auch Investitionen in Öl und Gas attraktiver. Fossile
       Unternehmen schraubten ihre Transformationspläne zurück und auch
       Investor*innen steckten weniger Geld in Erneuerbare, weil deren Margen
       geringer sind.
       
       „Wir rechnen damit, dass es öfter zu solchen Preisausschlägen kommt“, sagt
       DIW-Expertin Holz. Durch geopolitische Konflikte und den klimapolitischen
       Druck auf staatliche und private fossile Unternehmen könne es häufiger zu
       echten oder wahrgenommenen Knappheiten kommen, selbst wenn die Mengen
       eigentlich ausreichen. Führt das immer wieder zu hohen Gewinnen, sei der
       Anreiz für den Umstieg auf Erneuerbare umso geringer – ein Teufelskreis.
       
       ## Hohe Profite durch Öl und Gas sind schlecht für Klimaschutz
       
       Die hohen Profite solle man also sowohl aus Gründen der sozialen
       Gerechtigkeit als auch des Klimaschutzes begrenzen, schreiben die
       Studienautor*innen. Sie schlagen deswegen eine Abgabe auf derart übermäßige
       Profite vor.
       
       Eine solche Abgabe sorge auch dafür, dass es weniger attraktiv wird, Geld
       in fossile statt erneuerbare Energien zu stecken: „Das ist unverzichtbar
       für die Dekarbonisierung.“
       
       3 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://peri.umass.edu/?view=article&id=1857%3Adistributional-implications-and-share-ownership-of-record-oil-and-gas-profits&catid=2
 (DIR) [2] /Aussichten-auf-eine-Rezession/!5880543
 (DIR) [3] /Kritik-an-LNG-Vertraegen/!5899485
 (DIR) [4] /Massnahmen-gegen-Gaskrise/!5883742
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
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