# taz.de -- Missbräuchliche Geschlechtsänderung: Reine Provokation
       
       > Die verurteilte Neonazifigur Sven Liebich hat ihren Personenstand ändern
       > lassen. In den Frauenknast kommt Liebich deshalb nicht unbedingt.
       
 (IMG) Bild: Vorwurf Volksverhetzung: Neonazifigur Sven Liebich auf einer Demo in Chemnitz 2018
       
       Berlin taz | Die rechtsextremistische Provokationsfigur Sven Liebich hat
       ihren Personenstand von männlich auf weiblich ändern lassen. Als neuen
       Vornamen wählte Liebich Marla-Svenja. [1][Da Liebich möglicherweise bald
       ins Gefängnis muss], stellen viele Medien die Frage, ob Liebich nun ins
       Frauengefängnis müsste. Doch das ist unwahrscheinlich. Wer das Geschlecht
       nur zu Provokationszwecken ändert, wird im Strafvollzug voraussichtlich
       weiter als Mann behandelt.
       
       Liebich ist seit Jahrzehnten in Halle rechtsextremistisch aktiv, leitete
       eine Kameradschaft, meldete Demonstrationen an, hetzte in Blogs und betrieb
       einen Onlineshop. Dort konnte man etwa einen Baseballschläger mit der
       Aufschrift „Abschiebehelfer“ kaufen. Jetzt also will Liebich als Frau
       behandelt werden. Beim zuständigen Standesamt im sächsischen Schkeuditz
       ließ Liebich Ende vergangenen Jahres Personenstand und Vornamen ändern.
       
       Während dafür früher zwei Sachverständigengutachten vorgelegt werden
       mussten, genügt seit dem 1. November 2024 eine Erklärung gegenüber dem
       Standesamt. So ist es im neuen Selbstbestimmungsgesetz der zerbrochenen
       Ampelkoalition geregelt. Den Betroffenen sollen so entwürdigende Prozeduren
       erspart bleiben. Schon 2008 wurde das Vorgängergesetz für verfassungswidrig
       erklärt.
       
       Der Name Marla-Svenja Liebich wird nicht nur bei Behörden geführt. Auch der
       Wikipedia-Eintrag Liebichs lautet auf den neuen Vornamen. Laut Gesetz kann
       Liebich frühestens in einem Jahr den Personenstand erneut ändern. Wohl kaum
       jemand glaubt, dass Liebich das neue Gesetz nutzte, um endlich ein
       Coming-out als Frau zu realisieren. Die [2][Mitteldeutsche Zeitung], die
       zuerst über den Fall berichtete, traf Liebich mit Vollbart an, der gilt als
       männliches Attribut. Noch 2023 warnte Liebich vor „Transfaschismus“ und
       hatte zuvor queere Menschen als „Parasiten der Gesellschaft“ beschimpft.
       
       ## Keine Folge des Selbstbestimmungsgesetzes
       
       Als brisant gilt, dass Liebich möglicherweise bald die erste Haftstrafe
       verbüßen muss. Bisher war es immer bei Verfahrenseinstellungen, Geld- oder
       Bewährungsstrafen geblieben. Doch das Landgericht Halle hat Liebich im
       letzten Sommer wegen 18 Fällen von Volksverhetzung und anderen
       Äußerungsdelikten zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung
       verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig; Liebich hat
       Revision beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegt, über die noch nicht
       entschieden ist. Eine weitere Haftstrafe droht in Leipzig. Dort hat das
       Amtsgericht Liebich zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten ohne
       Bewährung verurteilt. Auf einer Coronademonstration hatte Liebich mit
       anderen einen Fotografen angegriffen. Hier steht das Berufungsurteil des
       Landgerichts Leipzig aus.
       
       In beiden Fällen gilt: Die Änderung des Personenstands ändert nichts an der
       strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Sollten die Verurteilungen aber
       bestehen bleiben, dann wäre die Frage, in welcher Vollzugsanstalt Liebich
       die Strafen verbüßen muss. Diese Frage ist nicht neu und keine Folge des
       Selbstbestimmungsgesetzes. Auch bisher gab es trans Personen im
       Strafvollzug. Auch bisher gab es trans Frauen mit Penis, die im
       Frauengefängnis einsitzen. Wie bisher handelt es sich jeweils um
       Einzelfallentscheidungen.
       
       Das Justizministerium in Sachsen-Anhalt betont, dass es weder einen
       Automatismus gebe noch ein Wahlrecht. Bei Gesprächen vor Haftantritt werde
       geprüft, ob eine „missbräuchliche“ Änderung des Personenstands vorliegt.
       Für Aufsehen sorgte jüngst eine Umfrage der Zeitung Die Welt bei
       Landesjustizministerien. Danach gab es in den letzten Jahren vier sexuell
       motivierte Übergriffe durch zwei trans Frauen in Sachsen und Niedersachsen
       auf weibliche Mitgefangene.
       
       Auch wegen solcher Fälle wird die Justiz die Provokateursperson Liebich
       wohl kaum in einem Frauengefängnis unterbringen. Liebich tat laut Bild
       inzwischen kund, mit „strafbewehrten Unterlassungsansprüchen“ gegen alle
       vorgehen zu wollen, die Liebich als Mann bezeichnen oder mit dem abgelegten
       Vornamen ansprechen. Liebich kann sich dabei im Ansatz auf das
       Selbstbestimmungsgesetz stützen, das ein ausdrückliches Offenbarungsverbot
       eingeführt hat. Es gibt allerdings eine Ausnahmeklausel für Fälle des
       „öffentlichen Interesses“.
       
       17 Jan 2025
       
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 (DIR) Christian Rath
       
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