# taz.de -- Haftbefehl gegen Netanjahu: Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
       
       > Im Gazastreifen ist kein Ende in Sicht, es gibt keine israelische
       > Exit-Strategie. Richtig ist, den internationalen Druck auf Netanjahu zu
       > erhöhen.
       
 (IMG) Bild: Benjamin Netanyahu besucht am 19.11.2024 den Netzarim-Korridor im Gazastreifen
       
       Die Welt wird kleiner für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. In gut
       120 Staaten droht ihm, wie dem früheren Verteidigungsminister Joav Galant,
       die sofortige Verhaftung. Auch die Bundesrepublik wäre im Prinzip dazu
       verpflichtet, Netanjahu Handschellen anzulegen, sollte er sich – dem
       [1][Erlass des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH)] zum Trotz – auf
       die Reise nach Berlin begeben. Endlich bekommt Israels Regierungschef eine
       erste Quittung für die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit, die Israels Armee in seinem Auftrag begeht.
       
       Sechs Monate nach dem entsprechenden [2][Antrag des Chefanklägers Karim
       Khan] und inzwischen über 40.000 im Krieg getöteten PalästinenserInnen
       werden Netanjahu und sein früherer Verteidigungsminister in eine Reihe mit
       den übelsten Kriegsverbrechern gestellt, Seite an Seite auch mit Wladimir
       Putin. So liege begründeter Verdacht auf das Aushungern als Kriegsmethode
       vor und für den vorsätzlichen Angriff auf die Zivilbevölkerung im
       Gazastreifen.
       
       An einem Tag, an dem aus dem Kriegsgebiet erneut der Tod von über 50
       Menschen gemeldet wird, kann man der Entscheidung in Den Haag nur
       zustimmen. Misslich ist allerdings, dass der Haftbefehl gegen Netanjahu
       zeitgleich mit dem Haftbefehl gegen [3][Mohammed Deif] kommt, der
       Erzterrorist und frühere Chef der Kassam-Brigaden. So entsteht der Eindruck
       einer Gleichsetzung der Hamas mit Israel. Die Gründe dafür, warum dieser
       Krieg überhaupt erst angefangen hat, rücken in den Hintergrund.
       
       Ohne das Gemetzel, das die palästinensischen Islamisten am 7. Oktober
       vergangenen Jahres in Israel anrichteten, wäre nichts passiert. Dazu kommt,
       dass dieser Haftbefehl völlig überflüssig ist, denn Deif ist seit einem
       gezielten israelischen Angriff auf ihn nicht mehr unter den Lebenden. Aus
       diesem Grund stehen auch der frühere Hamas-Politbürochef [4][Ismael
       Hanijeh] wie auch Hamas-Chef [5][Jahia Sinwar] – gegen beide hatte Khan im
       Mai Haftbefehle beantragt, und beide sind inzwischen getötet worden – nicht
       mehr auf der aktuellen Liste des IStGH.
       
       ## Mehr Druck auf Netanjahu
       
       Ein Unrecht mit einem anderen Unrecht zu relativieren, funktioniert
       natürlich nicht. Und wenn islamische Extremisten mit ihren Grausamkeiten im
       Grunde niemanden überraschen dürften, ist die Erwartung an eine
       demokratisch gewählte Regierung, die enge Beziehungen zu den westlichen
       Industriestaaten unterhält, doch eine andere.
       
       Dass die [6][PalästinenserInnen im Gazastreifen kollektiv in Haft] für die
       Gräueltaten der Hamas genommen werden, muss ein Ende haben. Bislang zeigen
       weder die innenpolitischen Proteste gegen Netanjahu noch die
       internationalen Mahnungen Wirkung. Zum ersten Mal wird Israels
       Regierungschef mit einer für ihn persönlich bitteren Maßnahme konfrontiert.
       Es wird ihn nicht zum Umdenken bringen, aber die Richtung stimmt.
       
       21 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /IStGH-erlaesst-Haftbefehl-gegen-Netanjahu/!6048927
 (DIR) [2] /Internationaler-Strafgerichtshof/!6009057
 (DIR) [3] https://www.ynetnews.com/article/bjsm9potr
 (DIR) [4] /Krieg-in-Nahost/!6027289
 (DIR) [5] /Israels-Militaer-toetet-Hamas-Chef-Sinwar/!6043604
 (DIR) [6] /Palaestinenserinnen-auf-der-Flucht/!6049211
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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