# taz.de -- Regierungsbildung in Österreich: FPÖ bleibt außen vor
       
       > Bundespräsident erteilt der zweitplatzierten ÖVP den Auftrag zur
       > Regierungsbildung. Denn mit der rechtsradikalen FPÖ will bisher niemand
       > regieren.
       
 (IMG) Bild: Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erläutert am Dienstag vor der Presse seinen Vorschlag zur Regierungsbildung
       
       Wien taz | Von einer „nie dagewesenen Situation“ sprach Österreichs
       Bundespräsident Alexander Van der Bellen einmal mehr am Dienstag. Die
       rechtsradikale FPÖ, [1][bei der Parlamentswahl Ende September erstmals auf
       Platz eins gelandet], findet weiter keinen Koalitionspartner. Die
       konservative ÖVP lehnt eine Regierung mit FPÖ-Chef Herbert Kickl ab, die
       SPÖ jedwede Koalition mit der FPÖ.
       
       „Ich beauftrage daher Karl Nehammer, den Vorsitzenden der zweitstärksten
       Parlamentspartei, mit der Regierungsbildung“, sagte Van der Bellen, der
       sein Vorgehen ausführlich erklärte. Damit kommt es nun zu Verhandlungen
       zwischen ÖVP, SPÖ und höchstwahrscheinlich einer dritten Partei, um die
       sonst nur hauchdünne Mehrheit abzusichern. Infrage kommen Grüne und die
       liberalen Neos, wobei letztere Variante als wahrscheinlicher gilt.
       
       [2][Zuvor hatte der Präsident die drei Großparteien zu Gesprächen
       aufgefordert], um ihre Positionen zu klären beziehungsweise zu verfestigen.
       Doch die Liste der Vorbehalte gegen die FPÖ bleibt lang.
       
       „Sorgen um die liberale Demokratie, um Rechtsstaatlichkeit und
       Gewaltenteilung, mangelnde proeuropäische Haltung, Putin-Nähe, massive
       Sicherheitsbedenken der ausländischen Geheimdienste, spaltende Sprache, ein
       rückwärtsgewandtes Frauenbild, fehlende Abgrenzung zum Rechtextremismus“,
       zitierte Van der Bellen die ihm von ÖVP und SPÖ genannten Gründe gegen eine
       FPÖ-Regierungsbeteiligung.
       
       ## Die inhaltlichen Gräben zwischen ÖVP und SPÖ sind tief
       
       Nun verhandeln also ÖVP, SPÖ und die Kleinparteien. Ob es zu einer solchen
       Regierung kommt, ist fraglich. Die inhaltlichen Gräben sind tief, nicht
       erst seit dem dezidiert linkspopulistischen Kurs von SPÖ-Chef Andreas
       Babler.
       
       Beobachter rechnen jedenfalls mit langen Verhandlungen, wohl bis ins neue
       Jahr hinein. Der von Van der Bellen ausgebremste Kickl gibt sich
       optimistisch und richtet seinen Anhängern auf Facebook aus: „Das mag für
       ganz viele von Euch wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Aber ich verspreche
       Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Heute ist nicht aller Tage
       Abend.“
       
       Fraglich ist, ob die ÖVP im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen mit der
       SPÖ nicht doch eine Koalition mit der FPÖ erwägt. Einerseits, weil es viele
       inhaltliche Überschneidungen gibt. Zweitens, weil diese wohl zu großen
       Zugeständnissen bereit wäre. Und drittens, weil die FPÖ bei ansonsten
       drohenden Neuwahlen nur noch stärker abschneiden dürfte, womöglich zulasten
       der ÖVP.
       
       Ganz vom Tisch ist eine Regierung mit der FPÖ also noch nicht. Es wäre
       nicht die erste: Im Bund koalierten ÖVP und FPÖ zuletzt von 2017 bis 2019
       miteinander. In Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich sitzen beide
       gemeinsam in der Landesregierung.
       
       Vorarlberg, [3][wo vor einer Woche Landtagswahlen stattfanden], dürfte
       folgen – ÖVP und FPÖ verhandeln gerade, eine Einigung dürfte bald stehen.
       
       ## FPÖ dürfte den Nationalratspräsidenten stellen
       
       Eine andere Weichenstellung fällt bereits diesen Donnerstag: Dann nämlich
       tritt der neugewählte Nationalrat erstmals zusammen und wählt ein neues
       Präsidium. Als stimmenstärkster Partei steht der FPÖ laut realpolitischer
       Tradition erstmals auch der Erste Nationalratspräsident zu. Es ist die
       protokollarisch zweithöchste politische Position der Republik.
       
       Die FPÖ hat dafür den langjährigen Parlamentsabgeordneten Walter
       Rosenkranz, 62, nominiert. Rosenkranz, zuletzt Volksanwalt, ist
       hochumstritten. Er gilt als stramm rechts, hat für die rechtsextreme
       Zeitschrift Aula geschrieben und ist Mitglied der schlagenden
       Burschenschaft Libertas.
       
       Im Sammelband „150 Jahre Burschenschaften in Österreich“ listete Rosenkranz
       mehrere aktive Nationalsozialisten als „Leistungsträger“. Darauf
       angesprochen fand er keine klaren Worte zur Distanzierung von diesen
       Personen.
       
       Noch offen ist, ob und mit welcher Mehrheit ihn die 183 Abgeordneten zum
       Präsidenten wählen werden. Die Wahl ist auch deshalb heikel, weil
       Nationalratspräsidenten nicht abgewählt werden können. Ein Ausscheiden aus
       dem Amt ist nur freiwillig möglich, andernfalls erst zum Ende der
       Legislaturperiode.
       
       23 Oct 2024
       
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