# taz.de -- Bundestag beschließt Sicherheitspaket: Die Ampel steht
       
       > Trotz einiger Abweichler*innen passiert das umstrittene
       > Sicherheitspaket den Bundestag. Doch der Bundesrat verweigert ihm
       > teilweise die Zustimmung.
       
 (IMG) Bild: Im Staffellauf an die Urne: Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer der vielen Abstimmungen am Freitag
       
       Berlin taz | „Wir brauchen alle Urnen, die uns zur Verfügung stehen“, sagte
       Bärbel Bas am Freitagmorgen im Bundestag. Das [1][umstrittene
       Sicherheitspaket der Ampel-Regierung] stand auf der Tagesordnung,
       unterteilt in neun teils namentliche Abstimmungen. Nach stundenlangen
       Abstimmen und Auszählen stand fest: Das Gesetzespaket mit seinen harten
       Asylrechtsverschärfungen ist angenommen – obwohl Abgeordnete bei den Grünen
       wie auch der SPD vorab ihren Protest kundgetan hatten. Am Nachmittag
       scheiterte es dann aber zumindest in Teilen im Bundesrat.
       
       Weil CDU und AfD auf namentliche Voten gepocht hatten, liefen die
       Abgeordneten an diesem Vormittag wie im Staffellauf an die Urne und zurück.
       Trotz vereinzelter Nein-Stimmen und Enthaltungen aus allen drei
       Ampel-Fraktionen reichte es letztlich für das Sicherheitspaket. Von den
       Entschließungsanträgen der Opposition, eine Form des Protests zum
       Gesetzentwurf, fand keiner eine Mehrheit.
       
       Zu Beginn der Debatte ergriff Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das
       Wort. Sie bedankte sich für die gute Zusammenarbeit in der Ampel, dann
       richtete sie ihr Wort an die größte Oppositionsfraktion: „Auch die
       Konservativen unter Ihnen haben heute die Möglichkeit einen wichtigen
       Fortschritt in der inneren Sicherheit zu beschließen.“
       
       Nach dem [2][Terrorangriff in Solingen mit mehreren Toten] erwarte man zu
       Recht, dass ausländische Straftäter schneller abgeschoben würden, so
       Faeser. Dabei bliebe das individuelle Recht auf Asyl unverhandelbar. Auch
       Präventionsprojekten gegen Radikalisierung würden unterstützt. Wo es für
       Prävention zu spät sei, seien die Maßnahmen im Sicherheitspaket die
       richtige Antwort.
       
       ## Aufruhr in der SPD
       
       Das Sicherheitspaket vereint Verschärfung des Waffen-, Asyl- und
       Migrationsrechts. Zum einen sollen sogenannte Dublin-Geflüchtete in
       Deutschland keine Sozialleistungen mehr erhalten, sobald klar ist, dass sie
       in das Land zurück können, das für ihren Asylantrag zuständig ist. Zweitens
       soll das Waffenrecht verschärft werden, unter anderem mit
       Messerverbotszonen. Drittens erhalten Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse.
       Geplant sind anlasslose Kontrollen zur Durchsetzung von Messerverboten.
       Zudem sollen Behörden bei schweren Straftaten eingeschränkt biometrische
       Daten wie die Gesichtserkennung nutzen dürfen.
       
       Gerade die asylpolitischen Verschärfungen [3][waren bei SPD und Grünen
       heftig umstritten]. Die SPD-Abgeordnete Annika Klose hatte noch am Morgen
       der Abstimmung im Deutschlandfunk ihr „Nein“ bekräftigt. Ihr
       Fraktionskollege Hakan Demir schrieb später auf Instragram, das Gesetz
       verknüpfe „in ungekannter Weise originär sicherheitspolitische Anliegen mit
       asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verschärfungen“. Diese trügen „in keiner
       Weise“ zu mehr Sicherheit bei.
       
       Schon Ende September [4][hatten 35 SPD-Abgeordnete ihre harsche Kritik an
       dem Vorhaben öffentlich gemacht]. Eine Probeabstimmung in der Fraktion soll
       in einer indirekten Drohung des Kanzlers mit der Vertrauensfrage geendet
       sein, berichteten einige Medien – die Fraktion bestreitet das. Unmut gab es
       auch in Teilen der Grünen- und FDP-Fraktion. Da das Paket der Union nicht
       weit genug geht, brauchte die Ampel die eigene Mehrheit. Für diese reichte
       es letztlich trotz einiger Abweichler*innen.
       
       Der grüne Vize-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz unterstrich in
       seiner Rede im Plenum, es habe „harsche parlamentarische Verhandlungen“
       gebraucht, damit das Gesetz auch in Karlsruhe vor dem
       Bundesverfassungsgericht bestehen könne. Geflüchtete würden bei einem
       ablehnenden Bescheid nicht etwa in die Obdachlosigkeit gedrängt. Laut
       Gesetz ist eine Übergangsfrist von zwei Wochen vorgesehen, zudem muss die
       Überstellung auch rechtlich und tatsächlich möglich sein.
       
       ## FDP will mehr
       
       FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle betonte, die biometrische
       Gesichtserkennung und die automatisierte Datenanalyse seien schwere
       Eingriffe ins Grundrecht. Bevor nicht geklärt sei, wie neue technische
       Befugnisse grundrechtschonend nutzbar sind, könne man diese nur in
       Ausnahmen verwenden.
       
       Je mehr sich Ampel und Union beim Thema Migration zerstritten, desto mehr
       profitierten die, die das Problem gar nicht lösen wollten, so Kuhle mit
       Blick auf die AfD. Und kritisiert das Sicherheitspaket dann selbst: Dieses
       sei nicht genug, die Maßnahmen [5][müssten noch weiter gehen]. Ebenso
       äußerte sich später der Bundesjustizminister: Er begrüße das
       Sicherheitspaket, sagte Marco Buschmann (FDP). Klar sei aber auch: „Es
       bleibt noch viel zu tun. Weitere Schritte müssen folgen, etwa die
       Ausweitung von Leistungskürzungen und von sicheren Herkunftsstaaten.“
       
       Unions-Fraktionsvize Andrea Lindholz (CDU) bemängelte, Faeser habe das
       ohnehin zu kleine Sicherheitspaket zu einem „Mini-Päckchen“
       zusammengeschrumpft. Die wenigen Änderungen seien im parlamentarischen
       Verfahren so abgeschwächt worden, dass es wirkungslos sei und dem Thema
       innere Sicherheit nicht gerecht werde. „Sie haben heute nichts vorgelegt“,
       so Lindholz. Dirk Wiese (SPD) entgegnete, der aktuelle Entwurf sei „völlig
       vertretbar“ und ein „Kompromiss für Humanität und Ordnung“.
       
       Ganz anders sehen das Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. Tareq
       Alaows von Pro Asyl zeigte sich erschüttert, „dass Verfassungsverstöße im
       Bundestag mit einer solchen Selbstverständlichkeit verabschiedet werden“.
       Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) macht sich derweil auf Arbeit
       gefasst: „Unrechtmäßige Eingriffe in Grund- und Menschenrechte“ könne man
       dann „nur noch vor Gericht“ stoppen. „Der Anspruch auf ein menschenwürdiges
       Existenzminimum gilt für alle Menschen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus“,
       erklärte GFF-Anwältin Sarah Lincoln.
       
       Vorbei ist der Streit um das Sicherheitspaket damit nicht. Nach den
       Abstimmungen im Bundesrat standen die zustimmungspflichtigen Teile des
       Gesetzes auch gleich auf der Tagesordnung des Bundesrats – der es teilweise
       gestoppt hat. Das Gesetz mit den Regelungen zu Leistungen für Asylbewerber
       und Messerverboten ließ die Länderkammer passieren. Das Gesetz zu mehr
       Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden jedoch bekam in der Länderkammer
       in Berlin nicht die erforderliche Mehrheit.
       
       Bundestag und Bundesregierung können dazu nun den Vermittlungsausschuss
       anrufen. Innenministerin Faeser nannte die Ablehnung durch die
       unionsgeführten Länder „völlig unverständlich und verantwortungslos“.Die
       Union halte damit Gesetzesänderungen auf, „die es ermöglichen, durch
       Gesichtserkennung Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger zu
       identifizieren und zu lokalisieren“.
       
       18 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Stella Lueneberg
       
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