# taz.de -- Antisemitismus in Sachsen-Anhalt: Stolpersteine in Zeitz gestohlen
       
       > Unbekannte haben am Jahrestag des Hamas-Massakers die zehn Gedenksteine
       > herausgerissen, die in Zeitz an NS-Opfer erinnern. Der Staatsschutz
       > ermittelt.
       
 (IMG) Bild: „Wir werden so schnell wie möglich neue Steine machen“, sagt Gunter Demnig, hier bei der Verlegung von Stolpertsteinen in Rom
       
       Leipzig taz | Unbekannte haben die zehn Stolpersteine in der Stadt Zeitz
       herausgerissen und mitgenommen. Die Steine erinnerten an jüdische Opfer der
       deutschen NS-Diktatur. Ihr Fehlen wurde in der Stadt im Süden
       Sachsen-Anhalts am Montag entdeckt, also am 7. Oktober, genau ein Jahr nach
       dem Massenmord der Hamas in Israel. Beobachter:innen vermuten einen
       Zusammenhang.
       
       Die Initiative Stolpersteine Zeitz und die Zeitzer Bürgermeisterin Kathrin
       Weber haben Strafanzeige erstattet. Laut Polizei ist bislang allerdings
       unklar, wann die Steine genau verschwanden. Weil es sich offenbar um ein
       politisches Motiv handle, ermittelt nun der Staatsschutz.
       
       Der Vorsitzende des Landesverbandes jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt,
       Max Privorozki, klingt ernüchtert. „Es ist ein weiteres Beispiel, dass
       Antisemitismus keine Grenzen kennt.“ [1][Der 7. Oktober sei seit dem
       Pogrom] in Israel im vergangenen Jahr ein wichtiges Datum im Judentum.
       Übergriffe und Anschläge seien an solchen Daten „leider nichts Neues“, sagt
       er.
       
       Ein [2][anderes Beispiel jährt sich in Halle (Saale)] am Mittwoch zum
       fünften Mal: Der Terroranschlag auf die Synagoge am höchsten jüdischen
       Feiertag Jom Kippur. Ein Rechtsextremist versuchte damals, die Synagoge zu
       stürmen, als in ihr mehr als fünfzig [3][Personen] einen Gottesdienst
       feierten. Nachdem der Täter an der Tür gescheitert war, erschoss er zwei
       Passant:innen und verletzte weitere schwer. Max Privorozki war 2019 mit
       in der Synagoge und organisiert die Gedenkveranstaltungen am Mittwoch mit.
       
       ## Stolpersteine schnell ersetzen
       
       In Zeitz steht das Wahlkreisbüro des Landtagsabgeordneten Sebastian
       Striegel (Grüne). Er hat eine Belohnung von 1.000 Euro für Hinweise
       versprochen, die zur Ergreifung der Täter:innen führen. „Das braucht ja
       Zeit, die Steine aus dem Boden zu holen“, sagt er, deswegen hofft er auf
       Zeug:innen. Außerdem wolle er nicht nur fassungslos verharren. Die Tat
       zeige laut Striegel: „Antisemitismus grassiert in unserer Gesellschaft. Und
       weder lebende noch tote Jüdinnen und Juden sind vor ihm sicher.“
       
       Gunter Demnig, der das Stolperstein-Projekt ins Leben gerufen hat, fährt
       gerade nach Bobingen, als die taz ihn telefonisch erreicht. Dort will er
       eine Gedenkschwelle für die Zwangsarbeiter:innen der Bahnmeisterei in
       der NS-Diktatur verlegen. Von den herausgerissenen Steinen in Zeitz hat er
       schon gehört. „Wir werden so schnell wie möglich neue Steine machen“, sagt
       er knapp.
       
       Das Projekt der Stolpersteine begann der Künstler 1992 mit einem Prototyp
       in Köln. Mittlerweile erinnern in 32 europäischen Länder insgesamt rund
       112.000 Stolpersteine an die Opfer des Nationalsozialismus. Das sei zwar
       nur ein Bruchteil der Toten und Verfolgten, räumt Demnig ein, aber immerhin
       symbolisch etwas. Auch nach mehr als 30 Jahren sei das Verlegen für ihn
       noch etwas Besonderes, denn hinter jedem Stein stehe immer ein einzelnes
       Schicksal, „da gibt es keine Routine“, sagt Demnig.
       
       ## Antisemitischer Hintergrund sei klar
       
       Angehörige [4][freue besonders, dass mit den Steinen die Namen der NS-Opfer
       wieder auftauchen]. Das bewahre die Erinnerung. „Die meisten haben ja noch
       nicht mal einen Grabstein.“ Anfangs habe Demnig gedacht, dass das Interesse
       sinke irgendwann. „Aber es ist umgekehrt. Immer mehr Angehörige erfahren
       von unserem Projekt und fragen an“, berichtet er. Auf der Website heißt es,
       Termine für neue Verlegungen gebe es erst 2025 wieder.
       
       Angriffe auf die Steine gibt es immer wieder. Bislang seien etwa 900
       gezielt herausgerissen worden, schätzt der Künstler, vielleicht auch etwas
       mehr. In Greifswald wurden etwa 2012 in der Nacht vom 8. auf den 9.
       November – dem Gedenktag an die antisemitische Reichspogromnacht von 1938 –
       alle elf Steine entfernt. Fast genau, wie nun in Zeitz. Auch dieses Mal sei
       wegen des Datums ein antisemitischer Hintergrund klar, so Gunter Demnig.
       
       In Zeitz sammeln die [5][Stadt und die Initiative Stolpersteine nun
       Spenden], um die entwendeten Steine schnell zu erneuern. Ähnlich war es
       auch in Greifswald. Allerdings wurden die Steine ein Jahr später nicht nur
       ersetzt. Es kamen genug Spenden zusammen, um weitere Stolpersteine zu
       verlegen.
       
       8 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [5] https://www.zeitz.de/Rathaus-und-Service/Aktuelles/Pressemitteilungen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Muschenich
       
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