# taz.de -- Abgeordnetenhaus aus Sommerpause zurück: Mehr Spaghetti wagen
       
       > Schwarz-Rot streitet sich ums Schulessen. Wie die Opposition macht auch
       > die SPD die CDU-Bildungssenatorin für das aktuelle Chaos verantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Stand am Donnerstag im Abgeordnetenhaus im Mittelpunkt der Kritik: Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU)
       
       Berlin taz | Die schwarz-rote Koalition steuert zusehends auf einen
       heftigen Konflikt in der Debatte um Milliardenkürzungen im Haushalt zu.
       Überlegungen, [1][am von der SPD seit 2006 durchgesetzten Prinzip der
       Gebührenfreiheit zu rütteln] und nur noch Kindern aus finanzschwachen
       Familien das Schulessen zu bezahlen, nannte SPD-Bildungsexpertin Maja Lasić
       „politische Schaumschlägerei“. Ihre Fraktion halte „an der Gebührenfreiheit
       fest“, sagte sie am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.
       
       Lasić äußerte sich in einer Debatte über das Chaos beim Schulessen. Die
       Linksfraktion hatte per Dringlichkeitsantrag den Senat verpflichten wollen,
       für verlässliches Schulessen zu sorgen. Im selbem Antrag drängte die
       Fraktion darauf, weder vom beitragsfreien Schulessen abzurücken noch die
       Beitragsfreiheit beim Kitabesuch infrage zu stellen. Lasić stellte das
       Schulessen als „essenziellen Beitrag“ des Ganztagsunterrichts dar. Aus
       ihrer Sicht wären zudem bei einer Abkehr davon die Gewinne für den Haushalt
       „extrem gering“.
       
       Ihr seit Mai amtierender neuer Landesparteichef Martin Hikel hingegen hatte
       sich im Frühjahr mehrfach kritisch gegenüber kompletter Beitrags- und
       Gebührenfreiheit geäußert und angeregt, [2][jene bezahlen zu lassen, die
       genug im Portemonnaie haben]. Im SPD-Landesvorstand hat er sich mit dieser
       Sicht bisher nicht durchsetzen können. Auf CDU-Seite sprach Regierungschef
       Kai Wegner in diesem Zusammenhang im August von „ein paar sozialen
       Geschenken im Bildungsbereich“.
       
       Im Streit über die Verantwortung dafür, dass der Essenslieferant 40 Seconds
       im Sommer übernommenen neuen Verpflichtungen nicht nachkommt, übernahm
       SPD-Politikerin Lasić teils die Haltung der Opposition. Die hatte dazu
       heftig Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) attackiert. „Die
       Schuld bei der Bildungsverwaltung abzuladen, hat vielleicht ein Körnchen
       Wahrheit“, sagte die SPD-Abgeordnete.
       
       ## Grüne: Senatorin müsste sich entschuldigen
       
       Günther-Wünsch wies solche Vorwürfe zurück. Sie sah sich, ihre Verwaltung
       und die Bezirke an geltendes Schul- und Vergaberecht gebunden, das den
       gewünschten schnellen und einfachen Lösungen im Wege stehen würde. „Das
       sind Zustände, die können Sie draußen Lehrern und Eltern nicht erklären.
       Aber das ist die Rechtsgrundlage“, sagte die Senatorin.
       
       Grünen-Politikerin Silke Gebel sah das anders – aus ihrer Sicht hatte
       Günther-Wünschs Verwaltung einen „Realitätscheck“ für eine
       Musterausschreibung zur neuen Essensversorgung versäumt. „Wir hätten
       erwartet, dass Sie die Größe hätten, sich bei den Kindern zu
       entschuldigen“, sagte Gebel. Die Senatorin hingegen verwies darauf, dass es
       bei der Festlegung von Kriterien und Verfahren keine Kritik an möglichen
       Schwachstellen gegeben habe. „Entweder waren wir alle blind oder es war
       keiner“, sagte Günther-Wünsch.
       
       Ihre Fraktion stärkte ihr den Rücken. Richtung Linksfraktion und deren
       Dringlichkeitsantrag sagte der CDU-Abgeordnete Lars Bocian: „Sie wollen der
       Senatorin einen Stolperdraht spannen, weil sie so erfolgreich ist.“ Er ließ
       durchblicken, dass ihn die gegenwärtigen ökologisch-regionalen Vorgaben für
       das Schulessen, bei dem viele Portionen im Müll landen würden, nicht
       gänzlich überzeugen: „Wir müssen vielleicht auch mal wieder italienische
       Spaghetti mit Tomatensauce wagen.“
       
       Wie oder ob die widersprüchlichen Haltungen von CDU und SPD zusammen
       finden, soll sich offiziell bis Ende September zeigen. Dann will die
       Koalition ihren [3][Milliarden-Einsparplan] fertig haben. Senatssprecherin
       Christine Richter hat diesen Termin allerdings schon am Dienstag nach der
       Sitzung der Landesregierung relativiert: Sie schließe nicht aus, „dass es
       auch etwas länger dauern kann“.
       
       12 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-um-kostenloses-Schulmittagessen/!6025295
 (DIR) [2] /Pro-und-Contra-gebuehrenfreie-Angebote/!5999327
 (DIR) [3] /Berliner-Abgeordnetenhaus/!6018254
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwarz-rote Koalition in Berlin
 (DIR) Katharina Günther-Wünsch
 (DIR) Kai Wegner
 (DIR) Berliner Bezirke
 (DIR) Abgeordnetenhaus
 (DIR) Schule
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Chaos beim Schulessen in Berlin: Hausgemachter Wahnsinn
       
       Das Chaos mit 40 Seconds, dem neuen Großcaterer für Berlins Schulen, war
       absehbar. Das ganze Vergabesystem ist vermurkst und fördert Raffgier.
       
 (DIR) Erste Sitzung nach der Sommerpause: Altes Parlament, neue Atmosphäre
       
       Das Abgeordnetenhaus kommt erstmals seit 69 Tagen wieder zusammen.
       Milliardenkürzungen und einen drohenden AfD-Wahlsieg kann niemand mehr
       ausblenden.
       
 (DIR) Chaos beim Schulessen: Kinder kommen hungrig heim
       
       Ein neuer Groß-Caterer für Schulen hat Probleme, Essen zu liefern. Kritik,
       er habe sich übernommen, weist er zurück: schuld sei das Vergabeverfahren.