# taz.de -- Scholz' Volksbühnenvergleich: Mehr „Provinzbühnenschauspielerei“!
       
       > Scholz' Vergleich ist eine Ohrfeige für alle wirklichen „Provinzbühnen“
       > der Republik und eine Abwertung aller Kulturbetriebe jenseits der
       > Metropolen.
       
 (IMG) Bild: Das Gebahren des CDU-Chefs Friedrich Merz beim Migrationsgipfel bezeichnete Kanzler Olaf Scholz als „Provinztheaterschauspielerei“
       
       Provinz als Schimpfwort zu benutzen, vertuscht meist fehlende
       Regionalkenntnisse. Für den Bundeskanzler eines föderalen Staats ist das
       eher problematisch. Nach dem gescheiterten Migrationsgipfel in dieser
       Woche warf Olaf Scholz empört der CDU „Provinzbühnenschauspielerei“ vor.
       
       Der Ärger ist verständlich, angesichts des [1][Verhaltens der
       Oppositionspartei und ihres Vorsitzenden]. Aber warum wählte der Kanzler
       dieses seltsame Theaterbild? Provinz, das klingt nach Enge, Langweile,
       Mittelmäßigkeit. Genau die Dinge, die Olaf Scholz seinem Kontrahenten
       Friedrich Merz mitteilen wollte. Wen trifft diese stereotypische Aussage
       aber wirklich? Es war ja nicht die Rede vom „Provinz-Merz“.
       
       Der Vergleich ist eine Ohrfeige für alle wirklichen „Provinzbühnen“ der
       Republik. Eine Abwertung all der Kulturbetriebe, die in ost- wie
       westdeutschen Kleinstädten, oft auf hohem Niveau, gegen den
       Rechtspopulismus kämpfen, der Kulturschaffenden, die dort agieren, wo sich
       viele Großstädter schaudernd von der Banalität regionaler
       Alltagsaggressivität abwenden.
       
       ## Die Kulturbetriebe sind ein wichtiger Gegenpol zur AfD
       
       Diese „Provinzbühnen“ sind häufig finanziell kaum abgesichert. Noch weniger
       die Kulturschaffenden selbst. Diese Kulturbetriebe sind es, die häufig
       lokal das leisten, was der Zivilgesellschaft zunehmend entgleitet. Sie
       bieten Theaterstücke, Filme, Podiumsdiskussionen, Konzerte, um Menschen
       durch Geschichten und Reflexion ein anderes Angebot zu machen.
       
       Wer sich einmal die Zeit nimmt, sich das Programm vieler „Provinzbühnen“
       anzusehen, der wird feststellen, dass einiges mithalten kann mit dem, was
       in Berlin, Hamburg oder München gezeigt wird. Freilich gibt es auch Schrott
       und Schlechtes. Wie auch in Berlin, Hamburg und München.
       
       Ein [2][Blick auf die Wahlergebnisse der AfD gerade in kleineren Städten
       und Gemeinden in Thüringen und Sachsen] zeigt, dass wir mehr denn je die
       „Provinzbühnenschauspielerei“ brauchen. Daher ist das nicht nur eine
       verunglückte Rhetorik. Wir sollten alle neugieriger genau auf diese Art von
       „Provinz“ sein und sie auf- statt abwerten.
       
       22 Sep 2024
       
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