# taz.de -- Kontroverse im sächsischen Wahlkampf: Danke, aber bitte so nicht
       
       > Campact unterstützt vier Direktkandidat:innen von Linken und Grünen
       > in Sachsen. Drei von ihnen haben das Geld des Kampagnenvereins abgelehnt.
       > Warum?
       
 (IMG) Bild: Kritisiert das Vorgehen von Campact: Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke)
       
       Berlin taz | [1][Campact] hat eine Kampagne zu den Landtagswahlen in
       Sachsen gestartet und ruft zu „strategischer Erststimmenabgabe“ auf. So
       empfiehlt der in Niedersachsen ansässige Verein, die Leipziger
       Linken-Direktkandidat:innen Juliane Nagel und Nam Duy Nguyen zu wählen.
       Ebenso unterstützt Campact die Wahl von zwei grünen Direktkandidat:innen:
       Claudia Maicher aus Leipzig und Thomas Löser aus Dresden.
       
       Mit den je zwei Direktmandaten für die Linkspartei und die Grünen soll
       erreicht werden, dass die beiden Parteien auch dann in den Landtag
       einziehen, wenn die die Fünfprozenthürde verfehlen sollten. So soll eine
       Sperrminorität der AfD verhindert werden.
       
       Wenn eine Partei mehr als ein Drittel der Parlamentssitze erreicht, kann
       sie wichtige Entscheidungen blockieren. Der [2][Verfassungsblog] hat am
       Beispiel von Thüringen untersucht, welche Spielräume eine
       autoritär-populistische Partei auf Landesebene hier hätte. Juliane Talg ist
       wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Verfassungsblog und sagt, man könne
       diese Ergebnisse auf Sachsen übertragen. „Ich sehe die größte Gefahren in
       Sachsen darin, dass die AfD die Wahl von Verfassungsrichter:innen
       über viele Jahre hinweg blockieren könnte“, sagt sie.
       
       Um das zu verhindern, baut Campact auf die Grundmandatsklausel in der
       sächsischen Verfassung. Eine Partei, die zwei Direktmandate gewinnt, kann
       die Fünfprozenthürde umgehen und trotzdem mit so vielen Abgeordneten ins
       Parlament einziehen, wie ihr nach den Zweitstimmen zusteht. Das ist für
       Grüne und Linke interessant, denn für sie könnte es bei den Landtagswahlen
       in Sachsen knapp werden. Die Linkspartei liegt in Umfragen bei um die 4
       Prozent, die Grünen bei 6 Prozent. Wenn sie nicht in den Landtag einziehen
       sollten, gingen ihre Parlamentssitze prozentual auch an die AfD über.
       
       Campact wollte die grünen und linken Kandidat:innen nach eigenen
       Angaben mit Social Media Ads, Postwurfsendungen, Mailings und Geldspenden
       unterstützen. Doch drei von vier haben die Geldspende abgelehnt. Warum?
       „Wir wurden nur über die Kampagne informiert und vor vollendete Tatsachen
       gestellt“, kritisiert die Linke Juliane Nagel. Es entstünde das Gefühl,
       dass ein Verein aus dem Westen über die Köpfe der Zivilgesellschaft und
       Politik im Osten hinweg entscheiden wolle.
       
       ## Campact verteidigt das Vorgehen
       
       Es habe Gespräche gegeben, in denen die Parteien signalisiert hätten, dass
       sie mit der Auswahl der Personen und Wahlkreise nicht zufrieden seien,
       berichtet Nagel. „Ich finde es gut, dass der Verein sich Gedanken macht“,
       sagt Nagel. „Aber ich hätte mir gewünscht, dass er auf uns zukommt und
       nicht über uns hinweg entscheidet.“
       
       So hätten es beide Parteien lieber gesehen, wenn es um Wahlkreise gegangen
       wäre, in denen Grüne oder Linke aussichtsreich gegen Kandidat:innen der
       AfD antreten. In den von Campact ausgesuchten Wahlkreisen in Leipzig und
       Dresden stünden jedoch Linke und Grüne gegeneinander. Auf die Kritik sei
       der Kampagnenverein jedoch nicht eingegangen. Das bestätigt auch ein
       Sprecher der Grünen.
       
       Campact verteidigt auf taz-Anfrage das Vorgehen. Man habe gegenüber den
       Landesvorsitzenden der beiden Parteien die Sorge geäußert, dass Grüne und
       Linke aus dem sächsischen Landtag fliegen könnten, und vorgeschlagen, dass
       sich die Parteien in den „vier sicher gewinnbaren Direktwahlkreisen“ in
       Leipzig und Dresden beim Erststimmenwahlkampf „absprechen“. Grüne und Linke
       hätten also Kandidat:innen der jeweils anderen Partei unterstützen
       sollen. „Leider haben die Parteien dies abgelehnt“, so eine Sprecherin.
       Deshalb habe Campact sich entschieden, eine Wahlempfehlung an die
       Wähler:innen auszusprechen. „Wir unterstützen die Kandidat*innen, die in
       ihren Wahlkreisen die größten Chancen auf Erfolg haben, sodass beide
       Parteien je zwei Direktmandate gewinnen.“
       
       [3][Nam Duy Nguyen] hat als einziger Kandidat das Geld von Campact
       angenommen. Der Linke hat im Gegensatz zu den drei anderen
       Kandidat:innen noch kein Mandat und dadurch weniger Ressourcen. „In
       Absprache mit der Partei habe ich mich dazu entschieden, das Geld
       anzunehmen. Selbstverständlich unter der Bedingung, dass Campact keinen
       Einfluss auf die Inhalte meiner Kampagne hat“, sagt Nguyen. Er kritisiert,
       dass Campact sich für den Weg über die Grundmandatsklausel entschieden hat.
       Er hätte sich eine Zweitstimmenkampagne gewünscht.
       
       Diese Strategie verfolgt Campact in Thüringen. Dort ruft die Organisation
       zu einer strategischen Zweitstimmenabgabe für die Grünen auf, weil diese
       aus dem Landtag fliegen könnten. Und in Sachsen rufen nun auch die Grünen
       selbst auf Flyern dazu auf, strategisch die Grünen zu wählen, statt
       „Kleinstparteien“, die an der Fünfprozenthürde scheitern könnten. Dies
       zielt offensichtlich auch auf mögliche Linken-Wähler:innen.
       
       16 Aug 2024
       
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