# taz.de -- Polizeiwache am Kottbusser Tor: Rumsitzen und Anzeigen schreiben
       
       > Drei Polizisten arbeiten rund um die Uhr in der Wache am Kotti. Eine
       > Statistik zeigt nun: Sie bearbeiten viele Anzeigen, gehen aber nur selten
       > vor die Tür.
       
 (IMG) Bild: Iris Spranger hat sich ein Denkmal gesetzt: Die Kotti-Wache leuchtet auf der Galerie des Neuen Kreuzberger Zentrums
       
       Berlin taz | Sie ist das umstrittenste Prestigeprojekt von Innensenatorin
       Iris Spranger (SPD): die Polizeiwache am Kottbusser Tor. Im Februar 2023
       [1][wurde sie im Neuen Kreuzberger Zentrum über der Adalbertstraße
       eröffnet]. Drei Beamt*innen schieben seitdem dort rund um die Uhr
       Dienst.
       
       Die machen vor allem eines: Anzeigen schreiben. Das geht aus einer Bilanz
       hervor, die die Senatsinnenverwaltung auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten
       Vasili Franco [2][veröffentlicht hat]. Demnach haben die Polizist*innen
       in der Wache im ersten Jahr nach der Eröffnung mehr als 28.000
       Einsatzstunden geleistet. In dem Zeitraum wurden dort knapp 2.300
       Strafanzeigen gestellt.
       
       Viel Zeitaufwand für wenig Ertrag, kritisiert Franco: „Das ist Präsenz, die
       dann auf der Straße fehlt.“ Tatsächlich haben die Polizist*innen 2023
       nur 194 Einsätze außerhalb der Wache durchgeführt – im Schnitt weniger als
       vier pro Woche.
       
       Bereits vor der Eröffnung der Wache hatten [3][Polizist*innen die
       Befürchtung geäußert], dass die Wache nur mit sich selbst beschäftigt sein
       würde. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte daher mehr
       Kontaktbereichsbeamt*innen gefordert, die als
       Ansprechpartner*innen in den Straßen unterwegs sind.
       
       ## Kontaktbeamte sitzen in der Friedrichstraße
       
       Für den Kotti sind derzeit nur zwei Kontaktbereichsbeamte zuständig – und
       die sind nicht einmal in der Wache in der Adalbertstraße angesiedelt, wie
       aus der Senatsantwort hervorgeht. Sie leisten ihren Dienst von der Wache
       des Abschnitts 53 (Kreuzberg-Nord) in der Friedrichstraße aus. Die
       Senatsinnenverwaltung erklärt dazu, die „Räumlichkeiten der Nebenwache
       Kottbusser Tor“ seien „konzeptionell“ nicht als „Hauptarbeitsplätze“ der
       Kontaktbereichsbeamten vorgesehen.
       
       Hinzu kommt, dass die Erreichbarkeit der beiden Kotti-Kontaktbeamten stark
       schwankt. Laut Statistik leisteten sie im vergangenen Jahr in den meisten
       Monaten zwischen 40 und 100 Einsatzstunden am Kotti und in der näheren
       Umgebung. Im August waren es allerdings nur acht, im Dezember sogar nur
       vier Stunden.
       
       ## Wo bleibt das „ganzheitliche Konzept?“
       
       Für den Grünen-Innenexperten Vasili Franco sind die Zahlen ein Beleg dafür,
       „dass Symbolpolitik keine Sicherheit schafft“: „Eine nachhaltige
       Verbesserung am Kottbusser Tor konnte die Polizeiwache alleine nicht
       erreichen“, sagt Franco.
       
       Denn gleichzeitig scheint die Ausarbeitung und Umsetzung eines
       versprochenen „ressortübergreifenden, ganzheitlichen Konzepts“ für das
       Kottbusser Tor zu stocken. Die Innensenatorin hatte versucht, dem Bezirk
       die Wache am Kotti schmackhaft zu machen, indem sie sie als Teil eines
       umfassenderen Maßnahmenpakets ankündigte.
       
       Für die Planung dieser Maßnahmen war bereits im Herbst 2022 ein „Runder
       Tisch“ ins Leben gerufen worden. Neben Senat und Bezirk sollen an diesen
       regelmäßigen Gesprächen unter anderem auch BVG und BSR,
       Wohnungsbaugesellschaften, Vereine und Institutionen der Umgebung wie die
       Suchthilfe „Fixpunkt“ [4][sowie Gewerbetreibende und Anwohner*innen
       teilnehmen].
       
       ## Innenverwaltung hat kein Geld eingeplant
       
       Beim ersten Treffen hatte das Bezirksamt unter anderem eine Notschlafstelle
       für obdachlose Menschen, mehr aufsuchende Sozialarbeit sowie ein
       Hygienekonzept vorgeschlagen. Danach fanden noch weitere Sitzungen des
       „Runden Tischs“ statt, doch bislang gibt es keine verbindlich verabredeten
       Schritte.
       
       Das dürfte auch in der näheren Zukunft schwierig werden, denn wie die
       Maßnahmen einmal finanziert werden sollen, ist unklar. Die Senatsverwaltung
       erklärt in ihrer Antwort, sie habe keine Mittel für Maßnahmen am Kottbusser
       Tor im aktuellen Haushalt eingeplant, und schiebt die finanzielle
       Verantwortung dem Bezirk zu. Dabei dürfte klar sein, dass der Bezirk die
       Finanzierung nicht alleine stemmen kann. Das nächste Treffen wird derzeit
       vorbereitet und soll Mitte Mai stattfinden.
       
       2 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Polizeiwache-in-Berlin-Kreuzberg/!5912786
 (DIR) [2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-18424.pdf#page=7
 (DIR) [3] /Debatte-um-Polizeiwache-in-Kreuzberg/!5857926
 (DIR) [4] /Umstrittene-Polizeiwache-am-Kotti/!5884437
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanno Fleckenstein
       
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