# taz.de -- Regisseur über namibischen Film: „Geschichte auf den Kopf gestellt“
       
       > Perivi John Katjavivi hat mit „Under the Hanging Tree“ den ersten
       > namibischen Film gedreht, der es zu den Oscars geschafft hat.
       
 (IMG) Bild: Ermittlungen auf einer deutschen Farm in Namibia: Szene aus „Under The Hanging Tree“
       
       taz: Perivi John Katjavivi, wie hat der deutsche Kolonialismus Ihr Leben
       geprägt?
       
       Perivi John Katjavivi: Ich bin in Namibia aufgewachsen und die
       [1][Geschichte des deutschen Kolonialismus] war immer präsent. Auch in
       meiner Familie: Meine Ur-Ur-Großmutter hat den Krieg und den Völkermord an
       den Herero und Nama überlebt. Auf dem Land findet man noch immer
       unmarkierte Gräber oder Knochen, die von diesem über 100 Jahre alten
       Ereignis zeugen.
       
       Wie befasst sich Ihr Film mit dieser Geschichte? 
       
       Der Film ist keine historische Rekonstruktion, aber er erzählt von
       gegenwärtigen Figuren, denen die Vergangenheit begegnet. Eine Polizistin
       muss für Ermittlungen auf eine deutsche Farm in eine ländliche Region, in
       der sich damals der Völkermord abspielte. Die Geschichte wird auf den Kopf
       gestellt, weil ein deutscher Farmer an einem Baum aufgehängt wird. Und zwar
       an einem Baum, an dem während der Kolonialzeit deutsche Soldaten Herero
       aufgehängt haben. Um den Fall zu lösen, muss sich die Polizistin mit ihrer
       eigenen Herero-Identität auseinandersetzen.
       
       Basiert das auf eigenen Erfahrungen? 
       
       Ich bin wie die Protagonistin des Films in Windhoek aufgewachsen, der
       Hauptstadt Namibias. Und wie die Protagonistin bin ich in den ländlichen
       Regionen etwas fehl am Platz. Das ist ein ganz anderer Ort, an dem
       Herero-Traditionen viel präsenter sind. Wir haben den Film in Windhoek und
       einer Farm außerhalb der Stadt gedreht. Mein Leben lang schon bewege ich
       mich immer wieder zwischen genau diesen unterschiedlichen Räumen und
       Traditionen.
       
       Wie zeigt der Film Traditionen? 
       
       Der Film ist voller Motive der Herero-Mythologie wie der Sonne und dem
       Mond. Auch das langsame Erzähltempo des Films ist inspiriert von
       Herero-Traditionen.
       
       Ist es Ihnen wichtig, den Film in Deutschland zu zeigen? 
       
       Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen überhaupt nicht wissen, dass
       [2][Deutschland für einen Völkermord in Namibia verantwortlich ist]. Das
       ist nichts, worüber in der Schule gesprochen wird. Der Film kann
       hoffentlich dazu beitragen, dass wir mehr in den Dialog treten und [3][die
       Vergangenheit aufarbeiten]. In Namibia haben viele den Film geschätzt und
       wir hatten anschließend sehr gute Diskussionen.
       
       23 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Deutscher-Voelkermord-in-Namibia/!5907656
 (DIR) [2] /Spielfilm-Der-vermessene-Mensch/!5921347
 (DIR) [3] /NDR-Doku-ueber-deutsche-Kolonialzeit/!5964176
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lindemann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Film
 (DIR) Schwerpunkt Völkermord an den Herero und Nama
 (DIR) Namibia
 (DIR) Deutscher Kolonialismus
 (DIR) Namibia
 (DIR) Deutscher Kolonialismus
 (DIR) Restitution
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Import des grünen Wasserstoffs: Gute Wünsche für grünen Wasserstoff
       
       Die Klima-Allianz und das Wuppertal-Institut legten Kriterien für den
       Import grünen Wasserstoffs vor. Auch die Produktionsländer sollen
       profitieren.
       
 (DIR) NDR-Doku über deutsche Kolonialzeit: Schuldfrage ohne Zwischentöne
       
       Der Film „Deutsche Schuld“ befasst sich mit der Kolonialzeit im heutigen
       Namibia. Insbesondere die Rolle der Missionare wird dabei stark
       vereinfacht.
       
 (DIR) Spielfilm „Der vermessene Mensch“: German Kulissenschieber in Namibia
       
       Regisseur Lars Kraume erzählt vom Völkermord an Nama und Herero. Doch dabei
       scheitert er an einer verengten filmischen Perspektive auf Namibia.
       
 (DIR) Koloniale Exponate in Deutschland: Am falschen Ort
       
       Zur Eröffnung des Humboldt-Forums: Fünf Beispiele von Ausstellungsstücken
       in deutschen Museen, deren Rückgabe überfällig ist.