# taz.de -- Repressionen gegen Adbusting: Unzulässige Hausdurchsuchung
       
       > Berliner Studentin hat Erfolg beim Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe
       > rüffelt bei der Gelegenheit das Amtsgericht Tiergarten.
       
 (IMG) Bild: Frida Henkel und das verfremdete Plakat
       
       Berlin/Karlsruhe taz | Wohnungsdurchsuchungen bei Adbuster:innen sind
       in der Regel unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Dies hat das
       Bundesverfassungsgericht in einem Musterfall aus Berlin festgestellt.
       Adbusting ist der Szenebegriff für das künstlerisch oder [1][politisch
       motivierte Verändern von Werbeplakaten].
       
       Im konkreten Fall wurde eine Jurastudentin, die in diesem Zusammenhang
       Frida Henkel genannt werden will, im September 2019 bei einer
       Adbusting-Aktion in Neukölln von zwei Zivilpolizisten erwischt. Mit Hilfe
       eines Steckschlüssels hatten sie und eine Freundin den Schaukasten einer
       Werbefirma geöffnet. Darin hing ein Werbeplakat der Bundeswehr, Titel:
       „Geht Dienst an der Waffe auch ohne Waffe?“ Henkel wollte hierfür ein
       leicht verändertes Plakat aufhängen: „Kein Dienst an der Waffe geht ohne
       Waffe“.
       
       Doch dazu kam es nicht mehr. Die Polizisten beschlagnahmten das verfremdete
       Plakat und den Steckschlüssel. Monate später gab es sogar eine
       Hausdurchsuchung bei Henkel, ihren Eltern und in der WG ihrer Freundin.
       
       Grundsätzlich ist Adbusting dann strafbar, wenn das abgehängte Plakat
       mitgenommen wird, dies gilt als Diebstahl. Außerdem wird es als
       Sachbeschädigung gewertet, wenn ein fremdes Plakat verändert wird.
       Geschenkte oder gekaufte Plakate darf man jedoch verfremden. Im Fall von
       Frida Henkel wurde das Verfahren am Ende wegen Geringfügigkeit eingestellt.
       
       ## Schwerer Eingriff in die Privatsphäre
       
       Die Studentin fand jedoch die Wohnungsdurchsuchung unverhältnismäßig und
       klagte dagegen bis zum Bundesverfassungsgericht. Unterstützt wurde sie
       dabei von den Rechtsprofessoren Andreas Fischer-Lescano aus Bremen und
       Mohamad El-Ghazi aus Trier.
       
       In Karlsruhe entschied nun eine Kammer mit drei
       Verfassungsrichter:innen für Frida Henkel. Das Amtsgericht Tiergarten
       hätte die Durchsuchung bei Henkel nicht genehmigen dürfen. Ihr Grundrecht
       auf Unverletztlichkeit der Wohnung sei dadurch verletzt worden. Der
       mögliche Nutzen der Durchsuchung sei unverhältnismäßig gering im Vergleich
       zur Schwere des Eingriffs in die Privatsphäre, so das Gericht.
       
       Zwar sehen die Richter:innen zumindest einen Anfangsverdacht auf einen
       versuchten Diebstahl. Und dabei handele es sich auch nicht um eine
       Bagatellstraftat, weil der Werbewert der Plakate höher sei als ihr
       Materialwert von wenigen Euro. Die allenfalls denkbare Strafe wäre aber
       dennoch „gering“ gewesen. Außerdem sei fraglich, ob die Durchsuchung
       überhaupt etwas Beweiserhebliches zur Frage erbringen konnte, ob Frida
       Henkel am fraglichen Abend das Bundeswehrplakat mitnehmen wollte oder im
       Schaukasten belassen hätte.
       
       Die Argumente der Verfassungsrichter:innen sind zwar sehr
       einzelfallbezogen, aber durchaus verallgemeinerbar. Hausdurchsuchungen
       wegen Adbusting-Verdachts dürfen deshalb in der Regel von den Amtsgerichten
       nicht mehr genehmigt werden.
       
       Allerdings ließen die Richter:innen offen, ob [2][Adbusting als
       Aktionsform] von der [3][Kunst- und Meinungsfreiheit] geschützt ist. Die
       Durchsuchung der Wohnung sei jedenfalls kein Eingriff in diese Grundrechte,
       so die Karlsruher Kammer. Etwaige abschreckende Wirkungen müssten bei der
       Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Unverletztlichkeit der Wohnung geprüft
       werden.
       
       21 Dec 2023
       
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