# taz.de -- Gewalt gegen Frauen: „Es geht um Macht und Kontrolle“
       
       > Anuscheh Amir-Khalili vom Flamingo e.V. über die Theaterperformance
       > „Trennung Impossible“. Das Stück beschäftigt sich mit Gewalt bei
       > Trennungen.
       
 (IMG) Bild: Demonstrationen für Frauenrechte gibt es in Berlin immer wieder, wie hier zum Frauentag am 8. März
       
       taz: Frau Amir-Khalili, am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen zeigt
       das Projekt [1][„Growth – Mütter gegen Gewalt“] des Flamingo e.V. –
       Netzwerk für geflüchtete Frauen und Kinder – die Theaterperformance
       „Trennung Impossible“. Worum geht es im Stück? 
       
       Anuscheh Amir-Khalili: Es geht um Trennungsgewalt aus der Sicht von
       Müttern, wenn gemeinsame Kinder da sind und es zu einer Trennung kommt. Das
       Stück thematisiert die Gewalt durch den Expartner, die in der
       Trennungssituation oft zunimmt. Vor allem geht es um die institutionelle
       Gewalt, mit denen die Frauen konfrontiert sind. Erzählt werden vier
       Perspektiven von Betroffenen, vom Kampf der Mütter vor Gericht, im
       Jugendamt und in den eigenen vier Wänden. Auch die Perspektive eines Kindes
       ist dabei.
       
       Was passiert denn vor Gericht? 
       
       In Familiengerichten finden Verhandlungen um Sorge- und Umgangsrecht hinter
       geschlossenen Türen statt. Wenn sich unverheiratete Paare mit Kindern
       trennen, können die Väter seit einer Gesetzesänderung 2013 ohne großen
       Aufwand das gemeinsame Sorgerecht erlangen. Diese rechtliche Gleichstellung
       würde ich gar nicht verurteilen, wenn dadurch auch die unbezahlte Sorge-
       und Lohnarbeit, sowie die Rentenpunkte gerecht verteilt wären. Aber wir
       leben im Patriarchat.
       
       Aber es gibt doch Schutz vor Gewalt gegen Frauen? 
       
       Die Istanbul-Konvention schützt Frauen vor Gewalt, wird aber de facto in
       Deutschland gar nicht umgesetzt. Wir reden von Trennungsgewalt – für die
       Mütter gibt es keinen besonderen Schutz vor gewalttätigen Männern, im
       Gegenteil. Lange konnten Außenstehende überhaupt nicht nachvollziehen,
       unter welchem Druck Frauen stehen. Es gibt Frauen, die haben sich Hilfe bei
       [2][Flamingo e.V.] gesucht, weil sie Angst vor dem Expartner hatten und
       sich unbedingt trennen wollten. Der normale Weg ist, sich beim Jugendamt
       Hilfe zu holen. Doch die Sozialarbeiter*innen sind oft nicht
       geschult im Umgang mit Gewalt, betroffene Frauen werden zum Austausch mit
       dem Expartner gezwungen. Da geht es ganz oft um Macht und Kontrolle. Laut
       einer Statistik ist die gefährlichste Phase für Femizide die
       Trennungsphase. Innerhalb dieser Periode sterben in Deutschland wöchentlich
       drei Frauen. Dazu kommt eine Vielzahl versuchter Morde.
       
       Warum sind geflüchtete Frauen besonders gefährdet? 
       
       Wenn eine Familie nach Deutschland flüchten will, kommt der Mann oft
       zuerst, um Frau und Kinder über die Familienzusammenführung nachzuholen.
       Laut Gesetz hängt der Aufenthaltstitel der Frau dann vom Mann ab. Hat der
       also den Aufenthaltstitel bekommen, kann die Frau aufgrund seines Status
       dableiben. Wird er aber gewalttätig und sie will sich aus diesem oder
       anderen Gründen trennen, verfällt ihr Status. Oft muss die Frau dann Angst
       vor einer Abschiebung haben. Und wenn der Mann quasi gekränkt ist, hat er
       alle Mittel in der Hand. Er kann sagen: Du willst dich trennen? Ja, mach
       doch! Und die Kinder bleiben dann natürlich beim Vater. Deswegen bleiben
       Frauen ganz oft beim gewalttätigen Mann. Viele gewalttätige Väter haben das
       Recht auf ihrer Seite, da wird schnell argumentiert: Er kann die Kinder
       weiterhin sehen, die Gewalt richtet sich ja nur gegen die Mutter. Die
       Kinder wiederum kriegen gespiegelt: Es ist okay, dass Mama geschlagen wird.
       Das Problem wird in die kommenden Generationen weitergetragen.
       
       Was kann man dagegen tun? 
       
       [3][Es muss Schulungen] für Sozialarbeiter*innen in den Jugendämtern
       und auch Richter*innen geben. Die Istanbul-Konvention muss durchgesetzt
       werden! Die setzt sich genau dafür ein, dass die Rechte für Frauen gestärkt
       werden, die von Gewalt betroffen sind. Leider wird das in den Verhandlungen
       der Familiengerichte oft umgekehrt. Es gibt Fälle, wo die Frauen das
       Sorgerecht verloren haben, weil sie für einen großen „Familienkonflikt“
       gesorgt haben. Wir hatten gerade eine Entführung am Hamburger Flughafen.
       Danach wurde in allen Medien geschrieben: Der Mann hat das Kind wegen eines
       Sorgerechtsstreits entführt. Aber ein Kind zu entführen und alle mit einer
       Waffe zu bedrohen ist kein Sorgerechtsstreit, sondern Gewalt. Und alles,
       worauf die Regierung kommt, ist: Wir müssen die Zäune am Flughafen besser
       schützen. Wie wäre es mit mehr Schutz für Frauen und Kinder?
       
       „Trennung Impossible“ wieder am 25. November 2023, 19 Uhr,
       Spore-Initiative, Hermannstraße 86; Eintritt frei.
       
       24 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] https://flamingo-berlin.org/
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       ## AUTOREN
       
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