# taz.de -- Macron zu Besuch in Israel: Er will mehr als freie Geiseln
       
       > Frankreichs Präsident Macron fordert in Tel Aviv eine internationale
       > Koalition gegen die Hamas. In seiner Heimat dürfte das nicht allen
       > gefallen.
       
 (IMG) Bild: Emmanuel Macron traf sich am Dienstag mit dem israelischen Premierminister Netanjahu in Tel Aviv
       
       PARIS taz | Außenpolitik ist Innenpolitik. Das gilt auch für Emmanuel
       Macrons Reise in den Nahen Osten. Jedes seiner Worte beim Treffen mit dem
       israelischen Staatschef Jitzhak Herzog und Premierminister Benjamin
       Netanjahu in Jerusalem, jede Äußerung während des kurzen Besuchs in
       Ramallah beim Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud
       Abbas, wird auch in Frankreich auf die Waagschale gelegt. Als riskanten
       politischen „Hochseilakt“ analysierte die Zeitung Libération die
       Nahostreise des französischen Staatspräsidenten. Da seine Reise nicht bloß
       ein Pflichtbesuch sein soll, wurden konkrete Ergebnisse erwartet.
       
       Mit 30 Todesopfern und 9 mutmaßlich als [1][Geiseln nach Gaza] entführten
       Staatsangehörigen ist Frankreich direkt vom Konflikt betroffen. Zu Macrons
       vorrangigen Absichten und Aufgaben gehört es, vor und hinter den
       diplomatischen Kulissen die Freilassung dieser von der Hamas festgehaltenen
       Landsleute zu erwirken.
       
       Man weiß, dass er diesbezüglich namentlich [2][den Emir von Katar] am
       Telefon um Vermittlung gebeten hat. Nach seiner Ankunft in Tel Aviv traf
       Macron als Erstes die Familien der französischen Terroropfer und Angehörige
       der Verschleppten, denen er versicherte, „alles in seiner Macht Stehende“
       zu tun.
       
       Die Freilassung der Geiseln ist nicht der einzige Punkt. Frankreich möchte
       wie die anderen europäischen Partner das Selbstverteidigungsrecht Israels
       bekräftigen und zugleich die Einhaltung des Völkerrechts anmahnen.
       [3][Anders als Deutschland] forderte er im Vorfeld sogar für die
       Einrichtung eines humanitären Korridors „eine humanitäre Feuerpause, die es
       uns gegebenenfalls erlaubt, ein politisches Szenario für einen
       Waffenstillstand zu schaffen“.
       
       ## Nahost-Konflikt nicht nach Frankreich importieren
       
       In Israel sagte Macron aber nicht explizit, ob für ihn wie für US-Präsident
       Joe Biden die Freilassung aller Geiseln eine Vorbedingung für die
       Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzungen sei. In Frankreich werden
       der Präsident und seine Regierung von der politischen Linken dafür
       kritisiert, nicht ohne Wenn und Aber für eine sofortige Waffenruhe
       einzutreten.
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte einen vorgängigen Stopp der
       Hamas-Angriffe verlangt: „Wir können die humanitäre Katastrophe nicht
       eindämmen, wenn der Terrorismus von Gaza so weitergeht.“ Und noch
       deutlicher meinte der italienische Außenminister Antonio Tajani: „Wir
       können Israel nicht sagen, es dürfe sich nicht mehr selbst verteidigen,
       solange die Hamas Raketen auf seine Städte abfeuert.“ Der Terrorismus der
       Hamas müsse international bekämpft werden, wie IS oder al-Qaida, sagte nun
       Macron.
       
       Gleichzeitig wiederholte der französische Präsident, dass Frankreich seit
       jeher gegen die Kolonisierung in den besetzten Gebieten und für eine
       Zweistaatenlösung eintritt: „Israels Sicherheit kann nicht von Dauer sein
       ohne entschlossenen Neubeginn des politischen Prozesses mit den
       Palästinensern.“ Das wollte Macron auch bei seinem Treffen mit Mahmud Abbas
       und später in Amman bei dem jordanischen König Abdullah II. bekräftigen.
       
       Aus innenpolitischer Sicht ist es Macrons Priorität, mit möglichst
       ausgewogen erscheinenden Stellungnahmen dazu beizutragen, dass der Konflikt
       im Nahen Osten nicht nach Frankreich importiert wird. Dort wachsen die
       Spannungen: In den ersten Tagen nach den Hamas-Massakern wurden in
       Frankreich sämtliche Kundgebungen für Palästina verboten. Am Sonntag
       konnten dann nach einem Gerichtsentscheid rund 15.000 Menschen in Paris aus
       Solidarität mit den Palästinensern für einen sofortigen Waffenstillstand
       ungehindert demonstrieren.
       
       In Frankreich hatte die Frage, ob die Hamas als „terroristisch“ definiert
       werden muss, zu einer heftigen Polemik Anlass gegeben. Im Unterschied zu
       den Grünen, Sozialisten und Kommunisten [4][hatten es führende Mitglieder
       von La France insoumise ausdrücklich abgelehnt], von einem Terrorismus der
       Hamas zu sprechen. Premierministerin Elisabeth Borne verurteilte dies vor
       den Abgeordneten als gefährliche Verharmlosung: „Den Terrorismus
       relativieren, rechtfertigen oder gar absegnen, das heißt hinzunehmen, dass
       dieser erneut in Israel oder Frankreich und überall zuschlägt.“
       
       24 Oct 2023
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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