# taz.de -- EU-Abstimmung über das Pestizid Glyphosat: Gebrochenes Versprechen der Ampel
       
       > Deutschland hat in der EU nicht gegen Glyphosat gestimmt. Die Grünen
       > haben sich wieder mal von der FDP unterbuttern lassen.
       
 (IMG) Bild: Hat sich in der EU-Abstimmung zum Thema Glyphosat-Verbot enthalten: Landwirtschaftsminister Özdemir
       
       Die Bundesregierung hat am Freitag klar den eigenen Koalitionsvertrag
       gebrochen. Deutschland [1][enthielt sich bei der EU-Abstimmung über den
       Vorschlag der EU-Kommission], das umstrittene Pestizid Glyphosat für
       weitere zehn Jahre zu erlauben. Berlin stimmte also nicht mit Nein, sodass
       es keine ausreichende Mehrheit gegen die Zulassung gab – obwohl SPD, Grüne
       und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen hatten: „Wir nehmen
       Glyphosat bis 2023 vom Markt.“
       
       Das können sie aber nicht, wenn die EU den weltweit meistverwendeten
       Pestizidwirkstoff weiterhin erlaubt. Dann dürfte Deutschland auf seinem
       Gebiet den Einsatz nur noch etwas einschränken.
       
       Die Grünen – hier in Person von Bundesagrarminister Cem Özdemir – haben
       sich wieder einmal von der FDP unterbuttern lassen. Özdemir hatte sich
       gegen eine neue Zulassung ausgesprochen. Aber wenn sich die Regierung nicht
       einigen kann, muss sie sich ihrer Geschäftsordnung zufolge enthalten. Das
       hat Özdemir veranlasst – anders [2][als 2017 CSU-Agrarminister Christian
       Schmidt, der damals gegen den Willen des Koalitionspartners SPD für
       Glyphosat stimmte].
       
       Özdemir versucht jetzt sein Gesicht zu wahren. Er erklärt, dass die
       Enthaltung wie ein Nein gewertet werde, weil es ja keine „qualifizierte
       Mehrheit“ – 55 Prozent der EU-Mitgliedstaaten, auf die mindestens 65
       Prozent der Bevölkerung entfallen – für die Zulassung gegeben habe. Doch:
       Solange auch keine qualifizierte Mehrheit dagegenstimmt, kann die
       EU-Kommission ihren Vorschlag im Alleingang in Kraft setzen. Das wird sie
       sicherlich tun, denn sonst hätte sie ihn ja nicht präsentiert.
       
       ## Gründe gegen das Gift
       
       Dabei [3][gibt es gute Gründe, Glyphosat zu verbieten]. Die Internationale
       Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation bewertete das
       Unkrautvernichtungsmittel 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“. Zwar
       widersprechen da mehrere Zulassungsbehörden, aber die haben schon häufiger
       Mittel wie das Insektizid Chlorpyrifos erlaubt, die sich Jahre später als
       gesundheitsschädlich herausstellten und dann doch verboten wurden.
       
       Dass ein Gift, das auf 40 Prozent der deutschen Äcker gespritzt wird und so
       gut wie alle Pflanzen und damit Nahrung für Vögel und Insekten tötet, der
       Umwelt schadet, dürfte allen außer der Industrie und manchen Landwirten
       klar sein. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit hat selbst eingeräumt,
       dass sie wegen fehlender Daten „keine eindeutigen Schlussfolgerungen“
       ziehen könne, wie sich Glyphosat auf die Artenvielfalt auswirke. Schon
       deshalb sollte Deutschland in der im November fälligen endgültigen
       Abstimmung im EU-Berufungsausschuss doch noch mit Nein stimmen.
       
       13 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Abstimmung-ueber-Pestizid-Zulassung/!5966296
 (DIR) [2] https://www.sueddeutsche.de/politik/streit-um-unkrautvernichter-minister-schmidt-hat-glyphosat-alleingang-monatelang-geplant-1.3769947
 (DIR) [3] /Neues-Zulassungsverfahren-fuer-Pestizid/!5233302
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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