# taz.de -- AfD stimmt mit Thüringer CDU: Union gibt sich geschlossen
       
       > Die Erfurter CDU erhält vom Parteivorstand Verständnis nach ihrer
       > Abstimmung mit der AfD. Die Union beteuert, keine Vorabsprachen getroffen
       > zu haben.
       
 (IMG) Bild: Friedrich Merz ballt schon mal die Fäuste: Der Parteivorsitzende am Samstag in Hanau
       
       Berlin taz | Am liebsten würde der CDU-Vorstand die Tage der politischen
       Entrüstung an der eigenen Partei abperlen lassen. „Wir dürfen uns nicht
       abhängig machen von anderen, wenn es um unsere Gesetzesinitiativen geht“,
       sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag in Berlin. [1][Mit
       Stimmen der AfD hatte am Donnerstagabend die CDU-Fraktion im Thüringer
       Landtag ein weitreichendes Gesetz beschlossen.] Aus den anderen Parteien
       und der Zivilgesellschaft hagelt es seitdem an Kritik am Vorgehen der
       Union. Der CDU-Vorstand gibt sich dagegen in demonstrativer Einigkeit und
       sieht keinen Anlass, die Parteikolleg*innen in Erfurt anzugehen.
       
       Um diesen Standpunkt darzulegen, scheute Linnemann nicht vor einem
       geistigen Spagat zurück. Die Beschlusslage in der Union sei klar, es gebe
       einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD. „In dieser Partei sind Nazis,
       damit will ich nichts zu tun haben.“ Dennoch habe der Thüringer
       CDU-Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzende, Mario Voigt, Rückendeckung
       aus der Parteispitze für sein Vorgehen erhalten. „Mario Voigt hat sein
       Vorgehen dem Bundesvorstand erklärt und auch Zustimmung bekommen“, sagte
       Linnemann.
       
       Am Donnerstagabend hatte die CDU im thüringischen Landesparlament mit
       Stimmen der FDP und AfD einen Gesetzesantrag beschlossen, mit dem die
       Grunderwerbsteuer im Land gesenkt werden soll. Die Regierungsfraktionen von
       Linken, Grünen und SPD stimmten dagegen, sie haben jedoch keine eigene
       Mehrheit im Erfurter Landtag.
       
       CDU-Parteichef Friedrich Merz hatte daraufhin die thüringische
       Landtagsfraktion gegen Kritik in Schutz genommen. Er verteidigte die
       Gesetzesinitiative mit ähnlichen Worten wie Linnemann am Montag: Die CDU
       richte sich nicht danach, wer ihnen zustimme, die Partei richte sich
       danach, was sie in der Sache für richtig halte, hatte der Parteivorsitzende
       erklärt.
       
       Inhaltliche Kritik an der Senkung der Grunderwerbssteuer war dabei unlängst
       auch vom Thüringer Rechnungshof gekommen. „Die Folgen aus der Absenkung des
       Steuersatzes wären für den Landeshaushalt durchaus beträchtlich“, schrieb
       die Behörde in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf bereits im Juni dieses
       Jahres.
       
       Bei der geplanten Senkung auf 5 Prozent der Grunderwerbssteuer geht der
       Rechnungshof von einer Lücke von 128 Millionen Euro im Landeshaushalt aus,
       ein Einbruch um 45 Prozent im Vergleich zu 2022 bei der Grunderwerbssteuer.
       In seiner Stellungnahme rätselt der Landesrechnungshof, woher das fehlende
       Geld kommen solle.
       
       ## Friedrich Merz stellt Daniel Günther bloß
       
       Aus der Opposition ebbten die Vorwürfe gegenüber der Union auch am Montag
       nicht ab. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte, die CDU habe begonnen, eine
       rechtsextreme Partei zu normalisieren und ihr Gestaltungsmöglichkeiten
       einzuräumen. Klingbeil sprach von einer „tektonischen Verschiebung“ in der
       Parteienlandschaft und äußerte die Hoffnung, dass die CDU nicht erneut auf
       Stimmen der AfD für ein Gesetzesvorhaben setzt.
       
       Karen Prien, stellvertretende Vorsitzende der CDU, wollte diesen Vorwurf
       nicht auf sich sitzen lassen. Sie sagte, oft werde es als alleinige
       Verantwortung der Union gesehen, den Stimmanteil der AfD klein zu halten.
       Sie forderte die SPD und Klingbeil dazu auf, selber mehr Verantwortung im
       Umgang mit der AfD zu übernehmen. Selbstkritische Töne zu dem
       Abstimmungsverhalten ihrer Parteikolleg*innen in Thüringen waren dabei
       auch von Prien nicht zu hören, obwohl die Bildungsministerin aus
       Schleswig-Holstein zuletzt [2][immer wieder gesellschaftspolitisch
       liberalere Positionen innerhalb der Partei vertreten hatte.]
       
       Damit bleibt der Vorsitzende ihres Landesverbands und Ministerpräsident von
       Schleswig-Holstein, Daniel Günther, der einzige prominente Kritiker des
       Vorgehens in Thüringen. „Die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordert
       eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei“, hatte
       Günther am Wochenende gesagt und wurde prompt vom Parteichef bloßgestellt.
       Günthers Äußerungen seien eine „Einzelmeinung in der CDU“, entgegnete Merz
       in einem Interview bei ProSieben und Sat1 am Sonntagabend. „Es gibt
       niemanden sonst, der das teilt.“
       
       Die interessante Frage ist nun, ob die Thüringer CDU ihren Gesetzesantrag
       mit der AfD-Fraktion im Landtag vorab besprochen hatte. Generalsekretär
       Linnemann beteuerte am Montag in Berlin: „Mir wurde klar und deutlich
       gesagt, dass es keine Absprachen gab.“ Deshalb stelle sich die Frage nicht,
       was die Konsequenzen wären, wenn etwa herauskäme, dass es gezielte
       Absprachen zur durchgesetzten Steuersenkung zwischen der AfD und der CDU
       gegeben hätte. Karen Prien kritisierte, dass die AfD dieses Gerücht bewusst
       streuen würde und kein glaubhafter Kronzeuge sei.
       
       18 Sep 2023
       
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