# taz.de -- Industrieabwässer in Flüssen: Sorge um Fische in Werra und Weser
       
       > Fischer an Oberweser und Werra schlagen Alarm. Sie befürchten eine
       > Ökokatastrophe wie im vergangenen Jahr an der Oder. Der Grund:
       > Salzeinleitungen.
       
 (IMG) Bild: Zusammenfluss von Werra und Fulda zur Weser in Hann. Münden
       
       Göttingen taz | Fischer an der Oberweser und an der Werra schlagen Alarm.
       Sie befürchten ein massenhaftes Fischsterben in den beiden Flüssen. Eine
       Ökokatastrophe wie im vergangenen Sommer an der Oder sei nicht
       ausgeschlossen, betonte der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft
       Münden-Weser 1, Ronald Schminke. Die Genossenschaft ist ein Zusammenschluss
       der Fischereiberechtigten für die Unterläufe von Fulda und Werra sowie für
       den Oberlauf der Weser.
       
       Neben den hohen Temperaturen und niedrigen Wasserständen in den Flüssen
       macht Schminke die [1][Einleitung großer Salzmengen] für die aus seiner
       Sicht dramatische Situation verantwortlich. Der in Kassel ansässige
       Salzproduzent K+S leitet seit Jahrzehnten industrielle Salzabwässer in die
       Werra. Damit sorge er für enorme Umwelt- und Fischschäden. Insbesondere die
       Werra, an der mehrere Kalisalzreviere liegen, werde von dem Unternehmen als
       Abwasserkanal genutzt: „Die giftige Brackwasseralge vermehrt sich bei dem
       hohem Salzgehalt in einem ohnehin durch die Klimakrise gestressten Gewässer
       rasant“, so Schminke.
       
       Schuld tragen für ihn aber auch Politik und Verwaltung. Die
       [2][Einleitungsgenehmigungen] würden durch das Regierungspräsidium Kassel
       erteilt, obwohl europäisches Recht mit der Wasserrahmenrichtlinie
       eigentlich die Verschlechterung des Wasserzustandes verbiete. Der
       Genossenschaftsvorsitzende forderte das Regierungspräsidium auf, die akute
       Gefahr für Fische, Muscheln und andere Lebewesen abzuwenden und die
       Genehmigung weiterer Einleitungen salzhaltiger Industrieabwässer durch K+S
       umgehend zu stoppen.
       
       „Einleitungen sind Ländersache“, betonte Schminke, der früher für die SPD
       im niedersächsischen Landtag saß. Es sei „höchste Zeit, dass die zuständige
       hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) das unglaubliche Leid der
       Fische und die Billigentsorgung der Salzabwässer durch K+S beendet. Es ist
       eine bodenlose Sauerei, in welcher Weise sich die Politik durch die
       Androhung von Arbeitsplatzverlusten zu gefügigen Stiefelleckern der
       Großindustrie macht.“
       
       ## K+S widerspricht Fischereigenossenschaft
       
       Dabei gebe es seit vielen Jahren zumutbare und verfügbare technische
       Entsorgungsmöglichkeiten, die man dem Kaliproduzenten auferlegen könne,
       sagte Schminke. „Wir werden als Fischereigenossenschaft die Schädigung
       unseres Fischbestandes nicht ohne Widerstand hinnehmen und [3][rechtliche
       Möglichkeiten] ausloten.“
       
       K+S widerspricht der Bewertung durch die Fischereigenossenschaft. Die
       Einleitmenge von Salzabfällen sei abhängig vom Durchfluss in der Werra und
       den – nach Ansicht von Kritikern viel zu hohen – Grenzwerten, betont
       Unternehmenssprecher Michael Wudonig. Bei niedrigem Wasserstand der Werra
       würden entsprechend weniger Salzwässer in den Fluss eingeleitet. Die
       Salzbelastung im Gewässer sei damit immer konstant, „so hält K+S die
       Grenzwerte stets ein“.
       
       Für das Jahr 2023 ist ein Chlorid-Grenzwert in der Werra am Pegel
       Gerstungen in Höhe von 1.820 Milligramm pro Liter festgelegt. In den Jahren
       2024 bis 2027 soll dieser Wert laut K+S auf 1.700 Milligramm sinken.
       Überdies sei bereits zugesagt, dass ab 2028 keine Produktionswässer mehr in
       die Werra eingeleitet werden, sondern nur noch das geringer konzentrierte
       Haldenwasser.
       
       Dass es in Werra und Weser zu einem vergleichbaren Fischsterben wie an der
       Oder kommen kann, glaubt Wudonig nicht. Die Kombination mehrerer Faktoren,
       die Ursache für das Algenwachstum in der Oder war, sei in der Werra nicht
       gegeben. So sei in den vergangenen Jahrzehnten in der Werra eine extreme
       Algenblüte mit Bildung von Algengiften selbst in trockenen Sommern, bei
       hohen Temperaturen, Niedrigwasser und hoher Sonneneinstrahlung nie
       beobachtet worden.
       
       21 Jul 2023
       
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