# taz.de -- Aktuelle Stunde zum Mindestlohn: Linke warnt vor Reallohnverlust
       
       > Es ist der letzte Tagesordnungspunkt vor der Sommerpause: Am
       > Freitagnachmittag debattiert der Bundestag über die geringe
       > Mindestlohnerhöhung.
       
 (IMG) Bild: Viele Friseurinnen bekommen Mindestlohn, dessen Erhöhung ist viel zu gering
       
       Berlin taz | Die umstrittene Entscheidung der Mindestlohnkommission, den
       Mindestlohn in den beiden kommenden Jahren nur geringfügig erhöhen zu
       wollen, sorgt weiter für politischen Streit. Die Linksfraktion hat dazu
       eine Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung des Bundestags am Freitag setzen
       lassen.
       
       „Statt dem zur Schau gestellten Bedauern des Bundeskanzlers und der
       Bundesregierung über die mickrige Erhöhung des Mindestlohnes sollten sowohl
       Kanzler als auch Regierung besser ins Handeln kommen“, sagte die
       stellvertretende Linksfraktionsvorsitzende Susanne Ferschl der taz.
       
       [1][Gegen die Stimmen der Gewerkschaftsvertreter:innen] hatte die
       Mindestlohnkommission [2][Anfang der vergangenen Woche] eine schrittweise
       Erhöhung des Mindestlohns von derzeit zwölf Euro um jeweils 41 Cent zum 1.
       Januar 2024 und zum 1. Januar 2025 empfohlen. Nach kontroversen
       Verhandlungen konnte sich damit die Arbeitgeberseite mithilfe der ihr
       gewogenen Kommissionsvorsitzenden durchsetzen. Bundesarbeitsminister
       Hubertus Heil (SPD) [3][kündigte daraufhin an], die Empfehlung per
       Rechtsverordnung umzusetzen, auch wenn er es bedaure, dass der Beschluss
       der Kommission nicht im Konsens gefallen sei und er verstehen könne, „dass
       sich einige mehr gewünscht hätten“.
       
       Doch damit will sich die Linksfraktion nicht abfinden. Die geringfügige
       Mindestlohnanpassung bedeute einen Reallohnverlust für die Betroffenen.
       [4][Ihr Antrag], den in der EU-Mindestlohnrichtlinie genannten Referenzwert
       von 60 Prozent des Bruttomedianlohns als Mindestlohnuntergrenze
       festzuschreiben, stieß jedoch am Mittwoch im Bundestagsausschuss für Arbeit
       und Soziales auf die Ablehnung der anderen Parteien. Nach den Berechnungen
       des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung und dem
       Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der
       Hans-Böckler-Stiftung hätte eine [5][Orientierung an diesem Referenzwert]
       derzeit einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 13,53 Euro zur
       Konsequenz.
       
       ## „Bundeskanzler hatte Respekt versprochen“
       
       In der [6][Befragung des Bundeskanzlers] am Mittwoch bekundete Olaf Scholz
       zwar, er empfinde die beschlossene niedrigere Erhöhung „nicht als den
       richtigen Schritt“, beließ es ansonsten aber bei dem Appell an die
       Tarifparteien, sich zusammenzuraufen: „Es wäre schön, wenn die Kommission
       sich wieder darüber verständigt, nur einvernehmliche Entscheidungen zu
       treffen.“ Das sei für die Anerkennung und die Akzeptanz von großer
       Bedeutung.
       
       Das reiche nicht, kritisiert Ferschl. Die Bundesregierung müsse „dafür
       sorgen, dass der Mindestlohn nicht erneut zum Armutslohn verkommt“,
       forderte sie. „Millionen Beschäftigte mit niedrigen Löhnen sind von
       massiven Einkommensverlusten betroffen, hier ist insbesondere der
       Bundeskanzler, der mehr Respekt versprochen hat, in der Pflicht.“
       Stattdessen ließe er sich von der Arbeitgeberseite, die zur Berechnung des
       neuen Mindestlohnes die gesetzliche Erhöhung auf 12 Euro völlig ignoriert
       habe, „am Nasenring durch die Manege ziehen“.
       
       Nach den Daten des Statistischen Bundesamts müssen von den insgesamt knapp
       41 Millionen Beschäftigten in Deutschland mehr als 11 Millionen mit einem
       Stundenlohn von unter 13,50 Euro brutto auskommen. Mitgezählt sind dabei
       auch alle Beschäftigten, die nicht nach dem Mindestlohn bezahlt werden
       müssen, wie beispielsweise Auszubildende, Praktikanten oder Personen unter
       18 Jahren.
       
       Die Aktuelle Stunde zum Mindestlohn ist der letzte Tagesordnungspunkt am
       Freitag und damit vor der parlamentarischen Sommerpause. Es ist nicht davon
       auszugehen, dass das Bundestagsplenum übermäßig gefüllt sein wird.
       
       6 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Erhoehung-des-Mindestlohns-um-41-Cent/!5941553
 (DIR) [2] /Erhoehung-des-gesetzlichen-Mindestlohns/!5940120
 (DIR) [3] https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2023/2023-06-26-mindestlohn-ist-erfolgsgeschichte-meldung.html
 (DIR) [4] https://dserver.bundestag.de/btd/20/072/2007254.pdf
 (DIR) [5] /Anpassung-des-Mindestlohns/!5939075
 (DIR) [6] /Regierungsbefragung-im-Bundestag/!5942051
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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