# taz.de -- Enteignung großer Wohnungskonzerne: Ein milderes Mittel gibt es nicht
       
       > Vergesellschaftung von Wohnraum ist nicht nur machbar, sondern auch
       > geboten – will man leistbare Mieten für Einkommensschwächere garantieren.
       
 (IMG) Bild: „Karneval der Enteignung“ für die Umsetzung des Volksentscheids
       
       Was haben die Gegner:innen einer Vergesellschaftung der großen privaten
       Immobilienkonzerne, allen voran aus SPD und CDU, nicht alles an Argumenten
       gegen die Umsetzung des Berliner Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co
       enteignen“ ins Feld geführt: Eine Vergesellschaftung verstoße gegen das
       Grundgesetz und würde Berlin finanziell ruinieren. Die Enteignungsgrenze,
       wonach nur Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt betroffen
       sein sollen, sei nicht haltbar, auch gemeinwohlorientierte Akteure wie
       Genossenschaften wären betroffen. Oder, grundsätzlicher: Nur Neubau könne
       den angespannten Wohnungsmarkt der Stadt entlasten.
       
       All diese Scheinargumente hat die vor einem Jahr vom rot-rot-grünen
       Vorgängersenat eingesetzte Expert:innenkommission nun vom Tisch
       gefegt. In ihrem Abschlussbericht, der am Mittwoch dem CDU/SPD-Senat
       übergeben werden soll, stellen die Expert:innen in beeindruckender
       Klarheit fest: Das Grundgesetz, also der Vergesellschaftungsartikel 15,
       gilt – auch in Berlin. Mit einem einfachen [1][Vergesellschaftungsgesetz]
       kann Berlin die Überführung der Bestände von mehr als einem Dutzend
       privater Konzerne – insgesamt etwa 240.000 Wohnungen – in Gemeineigentum
       regeln, selbstverständlich gegen Entschädigung.
       
       Die allerdings würde die Stadt nicht ruinieren, denn gezahlt werden müsste
       nicht der aktuelle Marktpreis. Die Maßnahme käme die Stadt also deutlich
       günstiger als die aktuelle Ankaufpolitik. Die Kommission sagt gar: Es gibt
       kein milderes Mittel, wenn man dauerhaft leistbare Mieten für
       einkommensschwächere Schichten garantieren will. Auch mehr Neubau stelle
       keine Alternative dar, um eine dauerhafte Versorgung mit bezahlbarem
       Wohnraum zu erreichen.
       
       Der Senat ist damit also in seiner letztlich rein ideologischen Ablehnung
       der Vergesellschaftung entlarvt – und steht nackt dar. „Wer enteignet,
       kündigt den Grundkonsens der sozialen Marktwirtschaft auf“, hatte Berlins
       Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) einst gewarnt. Doch das
       Gegenteil ist richtig: Eine Vergesellschaftung dient dem Erhalt des
       gesellschaftlichen Friedens in einer Stadt, die Würde und Rechte auch aller
       einkommensschwächerer Mieter:innen verteidigen muss. Nur durch sie kann
       der absehbaren Entwicklung hin zu einer Spaltung in eine [2][Innenstadt der
       Reichen] und Armutssiedlungen am Stadtrand entgegengewirkt werden. Und,
       nicht zu vergessen: Sie ist ein Gebot der Demokratie: Eine deutliche
       Mehrheit der Berliner:innen hat sich für die Vergesellschaftung
       ausgesprochen. Das gegen alle Argumente zu negieren, darf sich eine
       Regierung nicht erlauben.
       
       27 Jun 2023
       
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 (DIR) Erik Peter
       
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