# taz.de -- Bürgerschaftswahl in Bremen: Jugendliche wählen als ob
       
       > Unter 16-Jährige konnten symbolisch für die Bremer Bürgerschaftswahl
       > Stimmen abgeben. Besonders die Linke hat dabei verloren. Wahlalter
       > umstritten.
       
 (IMG) Bild: Übung nicht in aber für die Demokratie: Kinder- und Jugendwahl
       
       Bremen taz | So wählen junge Bremer*innen, die es noch nicht dürfen: Bei
       480 gültigen Wahlzetteln stimmten 34 Prozent für die SPD, ähnlich wie vor
       vier Jahren. 16 Prozent der Stimmen gingen sowohl an die Grünen als auch an
       die CDU. Die Linke verlor sechs Prozentpunkte im Vergleich zu 2019 und
       landete bei zwölf Prozent. Die FDP erzielte sechs Prozent der Stimmen,
       knapp gefolgt von der Tierschutzpartei mit fünf Prozent.
       
       Das Projekt U16-Wahl hat letzte Woche in Bremen und Bremerhaven
       stattgefunden –wie die echten Wahlen, nur ein bisschen einfacher, und alle
       dürfen mitmachen, unabhängig von Alter und Staatsbürgerschaft. Unter
       16-Jährige konnten [1][für eine der 15 bei den Bürgerschaftswahlen
       angetretenen Parteien] ihre Zweitstimme abgeben.
       
       In allen Stadtteilen hatten Freizeiteinrichtungen, Jugendgruppen und
       Vereine eine Woche lang 17 kleine Wahllokale aufgebaut. Mit dem politischen
       Planspiel simuliert der Bremer Jugendring die anstehende Bürgerschaftswahl
       so authentisch wie möglich. Getragen wird das Projekt vom Deutschen
       Kindershilfswerk, dem Deutschen Bundesjugendring und anderen
       Jugendverbänden.
       
       Marcel (15) aus Gröpelingen und Kevin (15) aus Oslebshausen haben am
       Freitag in ihrer Schule, der Oberschule im Park, gewählt. „Beim
       [2][Wahl-O-Mat] ist mir aufgefallen, dass ich nicht will, dass es nur bald
       nur noch E-Autos gibt,“ sagt Kevin. „Wenn ich älter bin, möchte ich
       Motorrad fahren; ohne richtigen Motor würde das gar keinen Spaß machen.“
       Marcel nickt. Sie hätten auch nichts dagegen, wenn der 8. März – der
       Frauentag – ein Feiertag würde.
       
       ## Herzstück der Demokratie
       
       Bei der nächsten Bürgerschaftswahl wären sie 19 Jahre alt, ob sie wieder
       wählen würden? „Doch, auf jeden Fall, das mit den Autos beschäftigt mich,
       dafür will ich mich einsetzen,“ sagt Kevin. Marcel ist sich nicht sicher:
       „Politik interessiert mich eigentlich überhaupt nicht, aber wer weiß, was
       in vier Jahren ist.“
       
       Die Jugendverbände bemühen sich um größtmögliche Öffentlichkeit für die
       nicht-repräsentativen Wahlergebnisse. Doch einen direkten politischen
       Einfluss haben sie nicht – das ist auch nicht das erklärte Ziel. In erster
       Linie sind die U16- und U18-Wahlen ein Projekt der politischen Bildung, bei
       dem Jugendliche erste praktische Erfahrungen mit dem Wahlakt sammeln
       können.
       
       „Zu wählen ist das Herzstück der Demokratie,“ sagt Joris Immenhauser vom
       Bremer Jugendring. „Deshalb ist es enorm wichtig, dass auch
       Noch-Nicht-Wähler*innen das Gefühl bekommen, dass ihre Stimme zählt, sie
       Teil dieser Gesellschaft sind.“
       
       [3][Das richtige Wahlalter ist politisch hoch umstritten]. Junge Menschen
       sind von politischen Entscheidungen oft stark betroffen, können aber nur
       sehr begrenzt Einfluss nehmen. Durch den demografischen Wandel verschiebt
       sich die politische Macht zudem auf die Generation über 50.
       
       Eine Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung kritisiert die
       Regeln zum Wahlalter als „Flickenteppich“: Kommunalwahlen für Minderjährige
       gibt es seit Mitte der 90er-Jahre in elf Bundesländern. Dass Jugendliche ab
       16 in Bremen auch den Landtag wählen dürfen, ist aber eher die Ausnahme.
       Bremen war 2011 Vorreiter, seither folgten Hamburg, Brandenburg,
       Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
       
       Ab dem kommenden Jahr [4][dürfen Jugendliche ab 16 auch bei der Europawahl
       abstimmen], hat der Bundestag im November 2022 beschlossen. Noch ist
       unklar, ob das Wahlalter für die nächste Bundestagswahl auf 16 Jahre
       gesenkt wird. Diese Änderung würde als Verfassungsreform eine
       Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag erfordern. Bisher stellt sich die CDU
       quer. Laut einem Zwischenbericht der Wahlrechtskommission spräche
       verfassungsrechtlich nichts dagegen.
       
       9 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bremen-hat-gewaehlt-bloss-was-Der-taz-Talk/!vn5932198
 (DIR) [2] /ABBA-Union-Wildtierpopulation/!5795237
 (DIR) [3] /Wahlrecht-in-Neuseeland/!5893534
 (DIR) [4] https://www.bundeswahlleiter.de/europawahlen/2024.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Clara Henning
       
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