# taz.de -- Anlaufstellen in Berlin: Nothilfe für die Erdbebengebiete
       
       > Seit dem Erdbeben in der Türkei und Syrien wollen auch hierzulande
       > Menschen helfen. Statt Sachspenden werden Menschen gesucht, die mit
       > anpacken.
       
 (IMG) Bild: Um Zeit zu sparen, gibt eine Frau eine Kiste direkt aus dem Fenster raus
       
       BERLIN taz | Die Sonne glitzert auf das bisschen Schnee, das auf der
       Grünfläche noch zu sehen ist. Der Großteil des Rasens ist allerdings
       bedeckt durch Umzugskartons und Füße, die sich eifrig hin und her bewegen.
       Die Kisten stehen kreuz und quer, Zurufe sind auf Deutsch, Englisch und
       Türkisch zu hören. Es sind hunderte, die sich in der Volkshochschule
       Friedrichshain-Kreuzberg versammelt haben.
       
       Überall bilden sich Menschenketten, die fertig verpackte Kartons in
       Transporter schaffen. Diese bringen die verpackten Sachspenden zum
       Flughafen. Mit schnellen Handbewegungen packen Leute an, damit die Kisten
       zeitnah die Türkei erreichen: [1][Nothilfe für die Betroffenen des schweren
       Erdbebens in der Türkei und Syrien].
       
       „Dass man was machen kann, das ist die Motivation, die dahintersteckt“,
       erklärt Eda Ö. Sie ist 27 Jahre alt und Projektleiterin der Deutschen Bahn.
       Jetzt steht sie mit einer Mütze und Winterjacke an einer von mehreren
       Nothilfe-Anlaufstellen, die spontan in Berlin entstanden sind. Sie hält
       eine Box Gummihandschuhe in der Hand. „Wir sind hier Tausende Kilometer
       entfernt, es ist das Einzige, was wir machen können“, erklärt sie. „Unter
       diesen Umständen und in dieser Situation ist alles besser, als nur zu Hause
       zu sitzen, sich die Nachrichten vor dem Fernseher anzuschauen und zu
       trauern.“
       
       Sie selbst kenne keine direkt vom Erdbeben Betroffenen, erklärt Ö.
       Allerdings ginge es vielen Menschen hier anders: „Einige meiner Freunde
       haben betroffene Verwandte. Deswegen fühlt es sich so an, als ob die
       eigenen betroffen sind.“ Zur Arbeit erklärt Ö., dass es mehr Sachspenden
       gäbe als helfende Hände. „Wir brauchen Leute, die die Spenden verpacken,
       Ketten bilden, und die Kisten in die Lkws transportieren.“
       
       ## Kleidung gibt es genug, Hände hingegen nicht
       
       Dass die Hilfsgruppen noch mehr Freiwillige gebrauchen können, bestätigt
       auch Züleyha Öztürk. „Wir nehmen keine Sachspenden mehr an, da wir sie
       nicht mehr organisiert bekommen“, erklärt Öztürk. Sobald die Organisation
       wieder läuft, würden sie wieder welche annehmen. Doch Menschen werden
       händeringend gesucht.
       
       Montagabend hätten Helfende in der Volkshochschule teilweise bis drei Uhr
       morgens Kisten gepackt, sagt Öztürk. Beide Frauen, sowohl Eda Ö. als auch
       Züleyha Öztürk, seien seit Montag mit Hilfe beschäftigt und wollten auch am
       Dienstag bis spät in den Abend vor Ort sein.
       
       Öztürk ist von Beruf aus Pädagogin, doch in der Volkshochschule sei sie
       heute „nur vom Herzen“ da, erklärt sie. Im Gegensatz zu Eda Ö. kennt sie
       selbst Betroffene. Sie hätte eben mit einer Freundin telefoniert, sagt sie,
       „Ihre Schwester liegt unter der Erde.“ Es sei schwierig, Kontakt mit den
       Betroffenen vor Ort aufzunehmen. Öztürks Stimme bricht. Sie hätte 1992
       selbst mal ein Erdbeben erlebt, in Erzincan. „Ich weiß deshalb, wie die
       Situation vor Ort ist, ich kann mitfühlen“, sagt sie.
       
       Über eine Whatsapp-Gruppe informiert Öztürk, wie Mitglieder weiter helfen
       könnten. Hilfswillige können sich auch an das deutsche oder türkische
       Konsulat wenden, erklärt Eda Ö. Denn die Anlaufstellen seien angemeldet und
       mit der Polizei abgesprochen. Zu Berliner Anlaufstellen gehören etwa die
       Bergmannstraße 29 und die Oranienstraße 140 in Kreuzberg und ein
       Pflegedienst in der Emdener Str. in Moabit. Der Senat kündigte unterdessen
       an, in Berlin eine Trauerbeflaggung für die Opfer in der Türkei und in
       Syrien anzuordnen.
       
       7 Feb 2023
       
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