# taz.de -- Diplomatie mit den Taliban: UNO auf Afghanistan-Tour
       
       > Die UN-Vizegeneralsekretärin will die Taliban überzeugen, die Isolation
       > von Frauen zu überdenken. Die raten ihr, nächstes Mal einen Vormund
       > mitzubringen.
       
 (IMG) Bild: Amina Mohammed konnte in Afghanistan auch mit dem früheren Präsidenten Karsai sprechen
       
       Kabul taz | Zwischen den Vereinten Nationen (UNO) und den in Afghanistan
       herrschenden Taliban verschärft sich erneut der Ton. In einem am Sonntag
       veröffentlichten Interview mit dem unabhängigen, in der Hauptstadt Kabul
       ansässigen Sender Tolo TV sprach sich die UN-Vizegeneralsekretärin
       [1][Amina Mohammed] für eine „diverse und repräsentative Regierung“ aus,
       die „auch Frauen involviere“. Das gehöre zu den „Prinzipien“, an die das
       Regime sich halten müsse.
       
       Taliban-Sprecher [2][Sabihullah Mudschahed] reagierte sofort und sagte,
       ohne die UNO direkt zu nennen, niemand solle „dem Volk Afghanistans seine
       Themen aufzwingen“.
       
       Bis Freitagabend hatte Mohammed vier Tage lang versucht, verschiedene
       Talibanführer davon zu überzeugen, die gesellschaftliche Isolation von
       Frauen und Mädchen „zu überdenken“, damit Afghanistan wieder ein „aktives
       Mitglied der Staatengemeinschaft“ werden könne.
       
       Daran ist den Taliban weiterhin gelegen. Bei allen Treffen, etwa mit
       Vizeregierungschef Abdulsalam Hanafi und Außenminister Amir Chan Muttaki,
       hätten diese bestätigt, dass sie ein [3][Ende der Sanktionen] sowie
       [4][internationale Anerkennung] wollen.
       
       ## Taliban-Chef Achundsada trifft keine Nichtmuslime
       
       Mohammed reiste auch nach Kandahar, um an den dort residierenden inneren
       Kreis der Taliban, der eine lange Reihe frauenfeindlicher Maßnahmen
       verantwortet, heranzukommen.
       
       Taliban-Chef [5][Hebatullah Achundsada] trifft aber grundsätzlich keine
       Ausländer, Nichtmuslime schon gar nicht. Die frühere nigerianische
       Ministerin Mohammed ist zwar Muslima, musste sich mit aber mit Kandahars
       Vizegouverneur Hajatullah Mubarak und zwei anderen, Hebatullah
       nahestehenden Talibanführern zufrieden geben. Selbst muslimische Staaten
       dringen nicht zu Hebatullah vor, wie Katars Außenminister Mohammed bin
       Abdulrahman al-Thani kürzlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos sagte.
       
       Auf ihrer Reise brachte Mohammed ihre Argumente vor, ohne direkt
       Forderungen zu stellen, und bemühte sich, Brücken zu bauen. Sie bezeichnete
       die Gespräche zwar als „hart“ und sagte, es werde noch „eine lange Reise“,
       bis die Taliban „grundlegende Schritte“ unternehmen werden, die ihnen die
       gewünschte Anerkennung bringen könnten.
       
       Aber sie habe in ihren Reihen „Stimmen“ gehört, „die sich in die Richtung
       bewegen, die wir einschlagen wollen“. Sie argumentierte, man müsse jene
       Taliban unterstützen, die „fortschrittlicher denken“.
       
       ## Humanitäre Lage spitzt sich zu
       
       Wie dick das Brett ist, das die UNO in Afghanistan zu bohren hat, machte
       [6][Sima Bahous] klar, seit 2016 Exekutivdirektorin von UN Women, der für
       Frauenfragen zuständigen UN-Unterorganisation. Sie begleitete Mohammed,
       allerdings nicht zu dem Treffen in Kandahar.
       
       Die Jordanierin, ebenfalls muslimischen Glaubens, sagte der BBC, die
       Taliban hätten ihnen auch mitgeteilt, sie hätten „vielleicht mit ihren
       [7][Mahrams] kommen sollen“, ihren männlichen Vormündern. Bahous sprach
       sich trotzdem dafür aus, weiter mit den Taliban zu reden.
       
       Denn die [8][humanitäre Lage] spitzt sich zu: Laut Mohammed werden 2023
       mindestens 23 Millionen Afghan:innen, über die Hälfte der Bevölkerung, von
       Nahrungsmittelhilfe abhängig sein, über dreimal so viel wie noch 2018.
       
       23 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.un.org/sg/en/dsg/index.shtml
 (DIR) [2] /Regierungsbildung-in-Afghanistan/!5797653
 (DIR) [3] /Unterdrueckte-Frauen-in-Afghanistan/!5887693
 (DIR) [4] https://www.voanews.com/a/taliban-say-us-is-biggest-hurdle-to-diplomatic-recognition/6623070.html
 (DIR) [5] /Menschenrechte-in-Afghanistan/!5865926
 (DIR) [6] https://www.un.org/sg/en/content/profiles/sima-bahous
 (DIR) [7] https://en.wiktionary.org/wiki/mahram
 (DIR) [8] /Menschenrechtlerin-ueber-Afghanistan/!5900882
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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