# taz.de -- Cem Özdemir versus Bauernverband: Agrarlobby kämpft für Klimakiller
       
       > Der Bauernverband lehnt es ab, weniger Tiere zu halten – obwohl sie viel
       > Treibhausgas produzieren. Agrarminister Özdemir warnt die Höfe.
       
 (IMG) Bild: Brauchen wir das für die Gesundheit? Hähnchenfleisch aus dem Supermarkt
       
       Berlin taz | Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hat sich trotz des
       hohen Treibhausgasausstoßes der Tierhaltung dagegen ausgesprochen, die
       Viehzahlen zu senken. „Wir müssen in Deutschland unseren eigenen Weg gehen,
       und der muss zum Ziel haben, dass wir die Tierhaltung in Deutschland
       halten, dass es zu keinem weiteren Abbau kommt“, sagte der Landwirt am
       Donnerstag vor Eröffnung der weltgrößten Agrarmesse Grüne Woche in Berlin.
       
       Die Gesetzentwürfe von Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) für
       mehr Tierschutz seien „kein Zukunftsprogramm, sondern ein Abbauprogramm“.
       Dabei würden die Deutschen bereits deutlich weniger Fleisch essen als der
       EU-Durchschnitt, der Verzehr falle schon lange.
       
       „Fleisch gehört zu einer ausgewogenen Ernährung. Der menschliche Körper
       braucht tierisches Eiweiß“, ergänzte der Verbandschef. Außerdem sei die
       Tierhaltung für die betroffenen Agrarbetriebe „das Rückgrat, und das müssen
       wir stabilisieren.“
       
       Minister Özdemir, der nach eigenen Angaben seit seinem 17. Lebensjahr
       Vegetarier ist, antwortete auf Rukwieds Aussagen, auch die
       [1][Landwirtschaft] müsse ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die
       Agrarbranche und da vor allem die Tierhaltung verursacht laut
       Umweltbundesamt rund 13 Prozent des Treibhausgasausstoßes in Deutschland
       (inklusive der Emissionen aus Agrarböden und landwirtschaftlichem Verkehr).
       
       Auch deshalb gab der Grüne das Ziel aus, weniger Tiere zu halten – aber
       unter besseren Bedingungen. Dazu soll das geplante verpflichtende
       Tierhaltungskennzeichen beitragen, damit VerbraucherInnen Schweinefleisch
       aus engen Ställen ohne Auslauf von Produkten aus Ställen mit Zugang ins
       Freie und mehr Platz besser unterscheiden können. Zudem will Özdemir
       Landwirte stärker bezuschussen, die ihre Tiere besser halten. Weiterhin
       plant der Grüne strengere Tierschutzvorschriften zum Beispiel für
       Mastputen.
       
       „Weniger Tiere, mehr Platz, das heißt ja nicht gar keine Tiere“, stellte
       Özdemir klar. Diejenigen, die den Bauern versprächen, sie könnten den
       Klima- und Artenschutz zurückfahren und die Fleischproduktion wieder
       ausweiten, seien „keine Freunde der Landwirte“. Denn es sei nicht zu
       erwarten, dass China, das selbst immer mehr Ställe baut, wieder Fleisch aus
       Deutschland kauft und dass die VerbraucherInnen hierzulande wieder mehr
       Fleisch essen. „Diese Absatzmärkte werden nicht wiederkommen, sondern wir
       müssen uns der veränderten Marktnachfrage anpassen, und darum ist eine
       Antwort darauf Qualität“, so Özdemir.
       
       Die wichtigste ernährungswissenschaftliche Fachgesellschaft hierzulande,
       die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), widersprach der Behauptung,
       Fleisch sei aus medizinischen Gründen nötig. „Eine abwechslungsreiche und
       sorgfältig zusammengestellte ovo-lacto-vegetarische Ernährung ist eine
       ernährungsphysiologisch günstige und gesundheitsfördernde Ernährungsweise.
       
       Sie kann aus Sicht der DGE als Dauerkost für alle Altersgruppen – also auch
       für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende – empfohlen werden“,
       teilte die Organisation der taz mit. „Hülsenfrüchte haben einen hohen
       Anteil an Protein, was sie zu einer guten Fleischalternative macht.“ Das
       darin enthaltene Eisen könne der Körper besser nutzen, wenn man
       gleichzeitig Vitamin-C-reiche Lebensmittel zu sich nähme.
       
       Die DGE rät zu [2][maximal 300 bis 600 Gramm] Fleisch pro Woche. Derzeit
       verzehren Männer im Schnitt fast [3][das Doppelte].
       
       19 Jan 2023
       
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