# taz.de -- Scholz beendet Parität im Bundeskabinett: 22 potenzielle Alternativen
       
       > Kanzler Olaf Scholz versprach einst Parität. Nun folgt auf
       > Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht ein Mann – eine fatale Botschaft an
       > die Gleichberechtigung.
       
 (IMG) Bild: Hier war Scholz' Versprechen noch nicht gebrochen: Ursprungskabinett der SPD 2021
       
       Russland führt in der Ukraine einen völkerrechtswidrigen Krieg. Gerade
       jetzt, heißt es überall, brauche es im [1][Bundesverteidigungsministerium]
       eine kompetente Leitung. Gerade jetzt müsse es um Eignung gehen, um
       Qualifikation – und nicht um Quoten. Eine Argumentation, die so falsch wie
       typisch ist. Und die jetzt, nach der Ernennung von Boris Pistorius zum
       neuen Verteidigungsminister, so ganz offensichtlich gar nicht zieht.
       
       Sein Kabinett werde paritätisch besetzt sein, hatte Bundeskanzler Olaf
       Scholz im Wahlkampf noch versprochen und es als Fakt dargestellt. Jetzt
       folgt auf [2][Christine Lambrecht] ein Mann – und die Parität ist dahin.
       Ein Mann, der noch dazu keine nennenswerte militär- und
       verteidigungspolitische Expertise mitbringt.
       
       Dieser Text soll dem SPD-Politiker und bisherigen [3][Innenminister
       Niedersachsens,Boris Pistorius,] keineswegs seine Qualifikation fürs Amt
       absprechen. Ob er das Miserenministerium Verteidigung in den Griff bekommt,
       ob er sich auf internationalem Parkett bewegen kann, wird er zeigen müssen.
       Er hat Führungserfahrung, weiß, wie man einen großen Apparat lenkt.
       
       ## Wie verlief die Suche?
       
       Nur: Der einzige Kandidat mit diesen Fertigkeiten wäre er nicht gewesen.
       Die SPD hat auf Länderebene 22 Ministerinnen. Frauen, die Führungserfahrung
       haben und wissen, wie man große Apparate lenkt. Mehr noch: Alle vier
       Ministerpräsidentinnen dieses Landes sind SPD-Politikerinnen. Eine Anke
       Rehlinger oder eine Manuela Schwesig hätten einem Pistorius einiges voraus
       in Sachen Führungserfahrung.
       
       Okay, Schwesig brächte auch eine unschöne Affinität zu Russland mit. Doch
       ausgerechnet das gilt auch für Pistorius – ein Ausschlusskriterium für den
       Posten ist das also offensichtlich nicht.
       
       Drehen wir das Gedankenkarussel weiter: Sogar auf höchster Ebene hätte
       Bundeskanzler Olaf Scholz fündig werden können: Svenja Schulze, derzeit
       Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kennt
       die Bundespolitik, hat in der letzten Legislaturperiode bereits das
       Umweltministerium geleitet. Mit ihrer Zuständigkeit für Entwicklungspolitik
       ist sie schon heute international unterwegs.
       
       Tagelang wurde vor dem tatsächlichen Rücktritt Christine Lambrechts
       öffentlich über ihre mögliche Nachfolge diskutiert. Der Name Boris
       Pistorius fiel dabei kein einziges Mal. Er ist also kein Kandidat, der sich
       aufdrängte, sondern einer, nach dem man auf die Suche gehen musste.
       
       Dass bei einer solchen Suche ernsthaft keine einzige gleichqualifizierte
       und für den Job aufgeschlossene Frau zu finden gewesen wäre, scheint wenig
       überzeugend.
       
       ## Das nicht erfüllte Versprechen
       
       Was zeichnet einen Menschen denn als kompetent aus für das Amt als
       Verteidigungsminister*in? Ministerien führen können?
       
       Da hätte es auch andere gegeben, siehe oben. Vor über 40 Jahren mal
       „gedient“ zu haben? Come on. Oder am Ende doch vor allem das Image? Ein
       echter Typ, ein Anpacker, ein ganzer Kerl?
       
       Wer noch einen Beweis dafür brauchte, das Führung in Deutschland noch immer
       männlich gedacht wird: Hier ist er. Das gilt umso mehr, wenn es um Themen
       wie Krieg, Verteidigung und Militär geht.
       
       Das Problem am neuen Minister ist nicht Boris Pistorius. Das Problem ist,
       dass Olaf Scholz Parität zur Chefsache gemacht hat – und dieses Versprechen
       jetzt sang- und klanglos unter den Tisch hat fallen lassen.
       
       Hängen bleibt ein Bild, das viel mehr Schaden anrichtet, als nur die nun
       nicht mehr gleichberechtigte Besetzung des Kabinetts. Dass nämlich
       Lambrecht den Job tatsächlich einzig und allein deshalb bekommen hat, weil
       sie eine Frau ist. Dass jetzt aber wirklich mal wieder jemand
       „Ordentliches“ ranmuss – und dass das am Ende des Tages offenbar nur ein
       Mann sein kann.
       
       18 Jan 2023
       
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