# taz.de -- Neuer Verteidigungsminister: Das Versagen des Feministen Scholz
       
       > Mit Boris Pistorius ist die Geschlechterparität im Kabinett passé. Es
       > hätte Politikerinnen gegeben, die mehr Fachkenntnisse mitbringen.
       
 (IMG) Bild: Das nächste Gruppenbild hat noch weniger Frauen. Bundeskabinett Aufnahme November 2022
       
       Kompetenz statt Quote! Wer im reaktionären Besteck nach Argumenten sucht,
       hat jetzt reichlich Auswahl. [1][Mit der Ernennung von Boris Pistorius zum
       Verteidigungsminister] und Nachfolger von Christine Lambrecht können sich
       all jene bestätigt fühlen, die immer wussten, dass Parität eine lästige
       Kann-Bestimmung und der Qualität bei der Besetzung von Führungsposten
       abträglich sei. Die Kritik an Lambrecht – so berechtigt sie war – war immer
       auch frauenfeindlich konnotiert. Stöckelschuhe beim Truppenbesuch, pfui!
       
       Dieser Nachgeschmack ist sicher nicht im Sinne von Olaf Scholz. Der
       selbsternannte Feminist hatte einst das Ziel ausgegeben, [2][eine Regierung
       unter seiner Führung solle mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt sein].
       Man kann unterstellen, dass es ihm nicht leicht gefallen ist, dieses
       Versprechen zu brechen. Versagt hat Scholz dennoch.
       
       Wenn es dem Kanzler wirklich so ernst gewesen wäre mit der
       Gleichberechtigung im Kabinett, dann hätte er auch die
       Koalitionspartner darauf verpflichten müssen. Die FDP war jedoch von
       Anfang an ausgeschert und hat ihre Minister:innenposten im Verhältnis
       drei (Männer) zu eins (Frau) vergeben. Diese Schieflage trägt nun mit dazu
       bei, dass die Parität im Kabinett passé ist. Die Regierung besteht nunmehr
       – den Chef eingerechnet – aus zehn Männern und sieben Frauen.
       
       Weil Kompetenz eben wichtiger ist? Wohl kaum. Als Verteidigungsminister
       bringt Pistorius ähnliche Voraussetzungen mit wie einst Lambrecht – er hat
       langjährige Führungserfahrung als Minister, gilt aber nicht als
       Militärexperte. Aber er hat gedient. Punkt für jene, die finden,
       (Ex-)Soldaten seien als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK)
       besser geeignet.
       
       ## War Eva Högl zu eigenwillig?
       
       Dabei hätte es durchaus Zivilistinnen gegeben, die mehr Fachkenntnisse als
       Pistorius mitbringen. Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl galt als
       Favoritin. Seit fast drei Jahren macht sie einen guten Job als Scharnier
       zwischen Politik und Truppe. Sie hat jedoch durchaus eigene Vorstellungen
       für die Bundeswehr und äußert diese selbstbewusst.
       
       Möglich, dass sie dem Kanzler zu eigenwillig war. Mit der Ernennung von
       Pistorius sorgt Scholz erst mal für Ruhe. Die Bundeswehr darf sich über
       einen militäraffinen Nachfolger freuen. Und im konservativen Spektrum
       bringt man einem Law-and-Order-Mann vom rechten SPD-Flügel von Anfang an
       mehr Grundvertrauen entgegen, als es eine SPD-Linke je genossen hat.
       
       Aber den Beweis, dass er der Aufgabe gewachsen ist, muss auch Pistorius
       erst noch erbringen. Falls nicht, gibt es sicher fähige Nachfolgerinnen.
       Aber die müssen eben gezielt aufgebaut und nicht als Feigenblatt
       eingewechselt werden. Denn Parität ist kein Selbstzweck. Sondern gelebter
       Ausdruck dafür, dass es bei der Besetzung von Führungsposten nicht aufs
       Geschlecht ankommt. Was nicht der Fall ist – Männer sind überall im
       Vorteil.
       
       17 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Pistorius-neuer-Verteidigungsminister/!5909666
 (DIR) [2] /Kanzler-Scholz-ueber-Lambrecht-Ruecktritt/!5908819
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) Bundeswehr
 (DIR) GNS
 (DIR) IG
 (DIR) Unternehmen
 (DIR) Boris Pistorius
 (DIR) Feminismus
 (DIR) Geschlechtergleichheit
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Verteidigungsminister
 (DIR) Christine Lambrecht
 (DIR) Bundeswehr
 (DIR) Christine Lambrecht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Frauenquote in Spanien: Die Hälfte der Macht für Frauen
       
       Spaniens Regierung will ein Gesetz zur annähernd paritätischen Besetzung
       von Führungspositionen in Politik und Wirtschaft verabschieden.
       
 (DIR) Neuer Chef im Verteidigungsministerium: Pistorius als Minister vereidigt
       
       Boris Pistorius hat im Bundestag den Eid als Verteidigungsminister
       abgelegt. Als ersten ausländischen Gast empfängt er
       US-Verteidigungsminister Austin.
       
 (DIR) Scholz beendet Parität im Bundeskabinett: 22 potenzielle Alternativen
       
       Kanzler Olaf Scholz versprach einst Parität. Nun folgt auf
       Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht ein Mann – eine fatale Botschaft an
       die Gleichberechtigung.
       
 (DIR) Neuer Verteidigungsminister Pistorius: SPD schweigt zu gekippter Parität
       
       Mit Verteidigungsminister Boris Pistorius ist die Geschlechterbalance im
       Bundeskabinett passé. Den SPD-Abgeordneten fällt dazu nicht viel ein.
       
 (DIR) Neuer deutscher Verteidigungsminister: Pistorius bereits unter Druck
       
       Der Bundeswehrverband begrüßt Boris Pistorius als neuen
       Verteidigungsminister. Politiker*innen fordern ihn auf, Panzer an die
       Ukraine zu liefern.
       
 (DIR) Besetzung des Verteidigungsministeriums: Krieg wird wieder Männersache
       
       Dass Boris Pistorius (SPD) neuer Verteidigungsminister wird, ist eine
       Überraschung. Dabei war in Niedersachsen klar, dass er nach Höherem strebt.
       
 (DIR) Pistorius neuer Verteidigungsminister: „Will die Bundeswehr stark machen“
       
       Boris Pistorius, künftiger Bundesverteidigungsminister, will die Bundeswehr
       bei Modernisierungen „ganz eng“ mitnehmen. Am Donnerstag soll er vereidigt
       werden.
       
 (DIR) Lambrecht-Nachfolge: Mehr Distanz zur Lobby, bitte
       
       Die neue Verteidigungsministerin sollte Führungsqualitäten mitbringen.
       Genauso wichtig ist aber weniger Nachsicht gegenüber der Rüstungsindustrie.
       
 (DIR) Nahender Lambrecht-Rücktritt: Ende eines Missverständnisses
       
       Christine Lambrecht ist an keinem Skandal gescheitert, sondern an vielen
       Fehlern. Für Olaf Scholz ist der wohl anstehende Rücktritt gravierend.