# taz.de -- Flucht über das Mittelmeer: Weit entfernte Häfen für Retter
       
       > Die italienische Regierung hat Rettungsschiffen Häfen zugewiesen, zu
       > denen sie lange unterwegs sind. Offenbar eine neue Taktik gegen private
       > Seenotrettung.
       
 (IMG) Bild: Das Rettungsschiff Sea-Eye-4 nach einem Rettungseinsatz in einem italienischen Hafen im Jahr 2021
       
       Frankfurt a.M. epd | Drei private Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer können
       die Flüchtlinge an Bord nach Italien bringen. Allerdings haben die Behörden
       ihnen weit entfernte Häfen zugewiesen. So sollen die „Life Support“ und die
       „Sea-Eye 4“ zum toskanischen Livorno fahren. Die „Rise Above“ erhielt die
       Anweisung, statt wie zunächst mitgeteilt im südlichen Roccella Ionica
       anzulanden, die Menschen ins 150 Kilometer nördlicher gelegene Tarent zu
       bringen.
       
       „Uns wurde noch nie ein so weit entfernter Hafen zugewiesen“, sagte der
       [1][Vorsitzende der Rettungsorganisation Sea Eye, Gorden Isler], dem epd.
       „Es geht darum, die Rettungsschiffe so lange wie möglich vom Rettungsort im
       zentralen Mittelmeer zu entfernen.“ Das sei völkerrechtswidrig. Die
       „Sea-Eye 4“ brauche fünf Tage für die Fahrt nach Livorno und gelange
       voraussichtlich am Freitagmorgen dort an. Sie hat 108 Geflüchtete aus zwei
       Rettungsaktionen an Bord.
       
       Die „Life Support“ der italienischen Organisation Emergency brachte zum
       Abschluss ihrer ersten Rettungsfahrt 142 Menschen nach Livorno. Die Crew
       hatte die Geflüchteten am Sonntag und Montag in drei Rettungsaktionen an
       Bord geholt, darunter Kinder und 26 unbegleitete Minderjährige. Das Schiff
       war in der vergangenen Woche zu seinem ersten Rettungseinsatz aufgebrochen.
       Auf dem Schiff können bis zu 175 Menschen Aufnahme finden und erstversorgt
       werden.
       
       Auf der „Rise Above“ befinden sich mehr als 80 Gerettete, mehrheitlich
       Minderjährige und Kinder. Die weite Fahrt nach Tarent bringe die Besatzung
       an den Rand der Kraftstoffkapazitäten, erklärte die Dresdner Organisation
       Mission Lifeline, die das Schiff betreibt.
       
       ## Mehr als 2.000 Tote oder Vermisste
       
       Es sei fraglich, ob das Schiff es bis nach Tarent schaffe. „Unsere
       Befürchtung, dass man gezielt Rettungskapazitäten aus Suchgebieten abzieht,
       scheint sich zu bestätigen.“ Die Geretteten seien erschöpft und ängstlich.
       Die Besatzung hatte sie am Mittwoch aus zwei Booten in Seenot gerettet.
       Zwei weitere Boote hatte die Crew demnach stabilisiert und dann an die
       italienische Küstenwache übergeben.
       
       Eine [2][staatlich organisierte Seenotrettung] gibt es auf dem Mittelmeer
       nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau
       nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Bei der gefährlichen
       Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für
       Migration (IOM) in diesem Jahr bereits mehr als 2.000 Flüchtlinge und
       Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel
       höher liegen.
       
       22 Dec 2022
       
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