# taz.de -- Repressionen in Ägypten: Spielball des Militärregimes
       
       > Die ägyptische Menschenrechtsaktivistin und Filmemacherin Sanaa Seif
       > wartet auf ihre Entlassung aus der Haft. Nun soll sie endlich freikommen.
       
 (IMG) Bild: Festgenommen, eingesperrt, begnadigt, nicht begnadigt: die 28-jährige Sanaa Seif
       
       Kairo taz | Gerade erst ist sie 28 Jahre alt geworden – und wurde schon
       festgenommen, eingesperrt und begnadigt. Dann wieder festgenommen, wieder
       eingesperrt, diesmal aber nicht begnadigt. Stattdessen läuft nun regulär
       die Gefängnisstrafe aus, mit der die ägyptische Justiz die Aktivistin und
       Filmproduzentin Sanaa Seif bestraft hat. Somit müsste sie am Donnerstag
       endlich freikommen.
       
       Müsste, im Konjunktiv, weil man in Ägypten unter Präsident Abdel Fattah
       al-Sisi nie so genau weiß, womit die Behörden als nächstes aufwarten, um
       Kritiker*innen des Militärregimes verstummen zu lassen. Schon als Seif
       im März, neun Monate nach ihrer Festnahme, verurteilt wurde, sprach Amnesty
       International von „konstruierten Anklagen“. Vorgeworfen wurden ihr
       „Verbreitung von Falschinformationen“, „Missbrauch sozialer Medien“ sowie
       „Beleidigung eines Polizisten im Dienst“. Eineinhalb Jahre Haft gab es
       dafür.
       
       Die ersten beiden Vorwürfe gehören zum Standardrepertoire autoritärer
       Regime, um freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Im Falle Seifs geht es
       unter anderem darum, dass sie sich für die Freilassung von
       Gesinnungshäftlingen eingesetzt und auch kritisch über Ägyptens Umgang mit
       Covid-19-Ausbrüchen in den überfüllten Gefängnissen des Landes geäußert
       hatte.
       
       Der dritte Punkt, der Beleidigungsvorwurf, bezieht sich auf den Vortag von
       Seifs Festnahme: Am 22. Juni 2020 hatte sie mit ihrer Schwester und Mutter
       vor dem Tora-Gefängnis in Kairo auf einen Brief ihres Bruders gewartet.
       Alaa Abdel Fattah ist der wohl bekannteste Demokratieaktivist Ägyptens und
       ist – von wenigen Unterbrechungen abgesehen – aus Rache für den Arabischen
       Frühling seit 2013 weggesperrt.
       
       ## Besuch von der kleinen Schwester
       
       Nach Angaben der Familie wurden die drei Frauen von anderen Frauen mit
       Stöcken angegriffen. Sicherheitskräfte seien dabei anwesend gewesen, aber
       nicht eingeschritten. [1][Als Seif am nächsten Tag vor der
       Staatsanwaltschaft in Kairo wartete, um Anzeige zu erstatten, wurde sie in
       einen Minibus gezerrt und festgenommen.] Seif war schon während der
       Revolution von 2011, die zum Sturz Husni Mubaraks führte, politisch aktiv.
       
       Unter anderem als Kamerafrau war sie an dem Dokumentarfilm „The Square“
       beteiligt, in dem es um die Revolution auf dem Tahrirplatz geht. 2014
       verurteilte ein Gericht die damals 20-Jährige, die Sprachen und Übersetzung
       in Kairo studierte, zu drei Jahren Haft. Ihr Vergehen: Sie hatte an einer
       Demonstration gegen ein umstrittenes Demonstrationsgesetz teilgenommen. Im
       Rahmen einer Amnestie kam sie im Folgejahr wieder frei.
       
       Seifs Mutter, die Menschenrechtsaktivistin Laila Soueif, die Mathematik an
       der staatlichen Universität in Kairo lehrt, schrieb am Dienstag auf
       Facebook, sie habe ihren Sohn Alaa im Gefängnis besucht. Der war gerade
       erst [2][am Montag zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt worden]. Alaa
       sei über das Urteil nicht überrascht, schrieb die Mutter, und warte nun,
       dass seine kleine Schwester ihn endlich im Gefängnis besuchen komme.
       
       22 Dec 2021
       
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 (DIR) Jannis Hagmann
       
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