# taz.de -- Schwangerschaftsabbrüche in Texas: Verbotsgesetz gestoppt
       
       > Ein Bundesrichter in Austin erlässt eine einstweilige Verfügung. Frauen
       > hätten Anspruch auf Zugang zu Abtreibungen, lautet die Begründung.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen das Antiabtreibungsgesetz am 1. September in Austin
       
       New York taz | Ein Bundesrichter in Austin hat [1][das texanische
       Antiabtreibungsgesetz „SB 8“], das Schwangerschaftsabbrüche ab ungefähr der
       sechsten Woche verbietet, ausgesetzt. Richter Robert Pitman erließ am
       Mittwochabend eine einstweilige Verfügung gegen das Gesetz. „Menschen, die
       eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, droht nicht wiedergutzumachender
       Schaden, wenn sie keinen Zugang dazu haben“, begründete er. „Diese Personen
       haben gemäß der US-Verfassung Anspruch auf Zugang zu Abtreibungen.“ Mit
       seiner Entscheidung enden zunächst die 36 Tage in Texas, an denen
       Abtreibungen erstmals seit 1973 fast vollständig verboten waren.
       
       „Großartige Nachricht“, jubelte die kalifornische Kongressabgeordnete und
       Demokratin Barbara Lee. Die Präsidentin von Planned Parenthood, Alexis
       McGill hofft, dass die texanischen Abtreibungsanbieter nun wieder ihre
       Arbeit aufnehmen können.
       
       [2][US-Justizminister Merrick Garland], der das Verfahren im September
       angestrengt hatte, nennt das Urteil „einen Sieg für Frauen in Texas und für
       die Rechtsstaatlichkeit.“ Garland beschreibt es als wichtigste Aufgabe
       seines Ministeriums, die Verfassung zu verteidigen: „Wir werden auch
       weiterhin die verfassungsmäßigen Rechte gegen alle schützen, die versuchen,
       sie zu untergraben.“
       
       Im Weißen Haus nannte Jen Psaki, Sprecherin von Präsident Joe Biden, die
       Entscheidung einen „wichtigen Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der
       verfassungsmäßigen Rechte von Frauen im gesamten Bundesstaat Texas“. Aber
       sie warnte vor voreiligem Jubel: „Der Kampf hat gerade erst begonnen. Neben
       Texas greifen auch zahlreiche andere Bundesstaaten die Rechte von Frauen
       an“.
       
       ## Anfechtung kaum möglich
       
       In seiner 113 Seiten langen Begründung erklärte Richter Pitman, dass Frauen
       in Texas „von dem Moment an, als das Gesetz in Kraft trat, unrechtmäßig
       daran gehindert worden sind, ihr Leben in einer Weise zu kontrollieren, die
       von der Verfassung geschützt ist“. Besonders beunruhigt zeigte sich der
       Richter über die Machart des texanischen Gesetzes. Es ist so angelegt, dass
       Befürworter des Rechts auf Abtreibung das Gesetz kaum anfechten können.
       
       Der Richter, der noch von dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama ernannt
       worden war, erklärte, dass diese absichtsvolle Umgehung von gerichtlicher
       Überprüfung es umso notwendiger mache, das Gesetz auszusetzen.
       
       Anders als üblich gibt das Gesetz nicht Staatsbeamten die Aufgabe, es
       umsetzen, sondern es fordert Privatleute dazu auf, Menschen, die beim
       Zustandekommen von Abtreibungen helfen, zu denunzieren. Mit „Helfern und
       Unterstützern“, wie das Gesetz sie nennt, können unter anderem Angehörige,
       Ärzte und Fahrer von ungewollt schwangeren Frauen gemeint sein.
       
       Falls einer von ihnen nach einer Anzeige verurteilt wird, winken den
       Denunzianten Belohnungen, die bei 10.000 Dollar beginnen. Die „Helfer und
       Unterstützer“ müssten das Geld aufbringen. Die wenigen Abtreibungskliniken,
       die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch in Texas tätig waren, könnten die
       hohen Geldstrafen nicht aufbringen.
       
       ## Ein Etappensieg
       
       Die richterliche Aussetzung des Gesetzes ist ein Etappensieg. Der
       Bundesstaat Texas, wo die Republikaner Zwei-Drittel-Mehrheiten in beiden
       Kammern haben, ging am Mittwochabend bereits weniger als einer Stunde nach
       der Urteilsverkündung in Berufung. Texas' Gouverneur Greg Abbott hat das
       Gesetz im Mai unterzeichnet. Er weiß die konservative Mehrheit im Obersten
       Gericht der USA hinter sich.
       
       1973 hatte das Oberste Gericht ein Grundsatzurteil gefällt, das
       Schwangerschaftsabbrüche so lange zulässt, wie der Fötus allein nicht
       lebensfähig ist. Aber Ex-Präsident Donald Trump ist es gelungen, drei neue
       RichterInnen ans Oberste Gericht zu schicken, die sich alle gegen das Recht
       auf Abtreibung ausgesprochen haben. Angesichts dieser Konstellation haben
       bereits mehrere andere republikanisch regierte Bundesstaaten angekündigt,
       dass sie dem texanischen „Vorbild“ folgen wollen.
       
       7 Oct 2021
       
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