# taz.de -- Tops und Flops des Berliner Wahlkampfs: Wahlspektakel oder Wahlkrampf?
       
       > Die CDU über ihrem Niveau, die NPD kurz vor der Todesstrafe, rot-roter
       > Zoff und Giffey-Wegner-Bingo. Das waren die Highlights des Wahlkampfs.
       
 (IMG) Bild: Alles ganz einfach
       
       Tops: 
       
       Es wird eine Frau Berlin bekommt, sehr vermutlich, die erste
       Bürgermeisterin seiner Geschichte. Das Duell von Bettina Jarasch (Grüne)
       und Franziska Giffey (SPD) hat diesen Wahlkampf geprägt. Und das Schöne
       ist: Niemanden interessiert die Frauenfrage. Auch im konservativeren
       Boulevard traut sich offenbar niemand mehr, Zuschreibungen über einen
       „männlichen“ oder „weiblichen“ Wahlkampfstil zu treffen, weil das selbst
       einer Leser*innenschaft außerhalb der grün-linken Blase als zu plump
       erscheinen könnte. Auch schön: Giffey konnte Kostüm und Perlenohrringe
       tragen, und (fast) niemanden hat diese für Berliner Verhältnisse durchaus
       eigenwillige Kleiderwahl interessiert. Das hatte Stil.
       
       CDU mit Niveau Was das Niveau dieses Wahlkampfs angeht, musste man das
       Schlimmste befürchten, vor allem von der CDU. Die hatte mit einem im
       Parkverbot auf der Hermannstraße abgestellten Lamborghini mit aufgeklebten
       Einschusslöchern zum harten Einsatz gegen Clans aufgerufen und mit
       schlüpfrigen Schenkelklopfern die Verkehrspolitik der Grünen kritisiert.
       All das aber war lange vor der heißen Wahlkampfphase. Als es dann wirklich
       ums Kämpfen ging, gaben sich die Union und Kai Wegner brav und handzahm.
       Das Ergebnis dürfte entsprechend ausfallen. Dafür ein doppeltes Danke.
       
       Bildungsstadt Berlin Der Bildungsstandort Berlin kann Selbstverteidigung:
       Der FU-Professor für Sprachwissenschaft, Anatol Stefanowitsch, sträubt sich
       mit Händen und ausgewerteten Fußnoten dagegen, dass Franziska Giffey (SPD)
       Regierende Bürgermeisterin wird. Auch weil diese damit in Personalunion
       Wissenschaftssenatorin wäre, hat Stefanowitsch ihre Abschlussarbeit
       geprüft. Ergebnis: Nicht nur in ihrer Doktorarbeit, sondern auch in ihrer
       Masterarbeit hat sie vielfach abgeschrieben, ohne das ausreichend zu
       kennzeichnen. Damit darf Giffey nur noch den Titel M.P. tragen: Master of
       Plagiarts.
       
       NPD-Totalversagen Nachdem der AfD-Überläufer und damit bundesweit einzige
       NPD-Abgeordneter Kay Nerstheimer nach einer taz-Recherche im Vorwahlkampf
       seine Schusswaffen abgeben musste, hörte man gar nichts mehr von den
       Neonazis. Bis Dienstag: In der Bundeszentrale in Köpenick gab es eine
       Hausdurchsuchung, die sich gegen den NPD-Vize Oliver Niedrich richtete – es
       geht um Besitz von Missbrauchsdarstellungen von Kindern. Gut, dass wir
       gegen die Todesstrafe sind, nech.
       
       ## Flops:
       
       Floskel-Alarm „Dadurch entstehen keine neuen Wohnungen.“ Das häufigste
       Argument gegen den Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen ist
       zugleich das dümmste. Als würde man der Forderung nach Tempo 30 vorwerfen,
       dass dadurch kein neuer Fahrradweg entsteht. Also, zum Mitschreiben, Frau
       Giffey: Durch die Vergesellschaftung soll kein neuer Wohnraum entstehen,
       sondern bestehender geschützt werden; das gilt für alle mietenpolitischen
       Maßnahmen. Neubau ist ein eigenes Thema; das kann nur die Politik leisten,
       nicht die Bewegung.
       
       Lauer Protest Der Wahlkampfsommer der sozialen Bewegungen sollte Themen
       setzen und Druck auf die Parteien ausüben. Gekommen sind wenige. Die
       Unteilbar-Demo versammelte zwar Hunderte Organisationen, aber kaum mehr als
       deren Hauptamtliche. Demos für Umverteilung und gegen Privatisierungen
       blieben im dreistelligen Bereich. Einzig die Mieterbewegung brachte
       zumindest ihre Basis auf die Straße. Den Eindruck einer wenig aktiven
       Zivilgesellschaft, die konservative Politiker*innen müde weglächeln
       können, kann jetzt nur noch der Klimastreik retten.
       
       Rot-roter Zoff Angeblich will die Linkspartei gern mit SPD und Grünen
       weiterregieren. Doch ihre Landesvorsitzende, Katina Schubert, hat im
       Wahlkreis alles gegeben, um SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey,
       mutmaßlich ohnehin keine Freundin eines solchen Bündnisses, endgültig zu
       vergraulen. „Allgemeines Blaba“ warf Schubert Giffey polternd vor, als
       „Populistin“ beschimpfte sie die SPDlerin.
       
       SPD und CDU im Gleichklang Das Tempelhofer Feld sei größer als der Central
       Park. Da sei eine Randbebauung drin (klar mit neuem Volksentscheid), sagte
       Franziska Giffey im taz Talk. Das hatte fast wortgleich Kai Wegner ein paar
       Tage vorher auch schon dort gesagt. Auch sonst klingen sie oft wortgleich.
       Hat Bingo-Potenzial.
       
       Plakate-Wirrwarr Eigentlich sollen Plakate ja Hingucker*innen sein.
       Aber angesichts von teils fünf oder sechs Gesichtern, die einen von den
       Laternenmasten anlächelten, blieb von den Parteipostern wenig mehr hängen
       als: Es ist bald Wahl. Aber welche? Kaum jemand blickte durch, für welches
       Parlament – Bundestag, Abgeordnetenhaus, Bezirk – die jeweilige
       Kandidat*in antreten wollte. Klares Ergebnis dieses 26. September: 4
       Abstimmungen an einem Tag sind nicht vermittelbar.
       
       24 Sep 2021
       
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