# taz.de -- Folgen eines Wahldebakels der Union: Nach ihm das Gemetzel
       
       > Wenn es kommt, wie es kommen sollte, dann stehen nicht nur der Union
       > düstere Zeiten bevor. Sondern auch der Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Es könnte böse werden: Armin Laschet (CDU)
       
       Wer politisch auf der anderen Seite steht, kann gerade lustvoll die Union
       beobachten. Deren Kanzlerkandidat lässt im Wahlkampf wenig Fettnäpfchen
       aus, seine Partei schwankt zwischen beschämtem Wegschauen, Schönrederei und
       überhitzter Attacke. Und aus der Schwesterpartei wird wochenlang gestichelt
       und demontiert. Der Union droht nun ein historisches Debakel: Glaubt man
       den Umfragen, könnten sich CDU und CSU im Vergleich zu 2013 nicht nur
       halbieren, nach 16 Jahren Kanzlerschaft droht auch die Opposition. Was ohne
       Zweifel der richtige Platz für eine Partei in einem derart desolaten
       Zustand wäre.
       
       Grund zur Freude also für alle, die auf der linken Seite stehen? Ganz so
       einfach ist es nicht. Denn ein Desaster für die Union birgt auch Gefahren,
       die weit über die Schwesterparteien hinausgehen.
       
       Noch ist die Lage volatil, viele Wähler:innen haben sich noch nicht
       entschieden, in einer Woche kann viel passieren. Aber nehmen wir an, die
       Union landet wirklich klar hinter der SPD und stark dezimiert in der
       Opposition: Dann wird die CDU implodieren.
       
       16 Jahre Regierung haben sie ausgelaugt, nur die Macht und die Beliebtheit
       der Kanzlerin haben die inhaltliche Leere der Partei übertüncht. Der
       Konflikt, wohin die CDU will, ist nicht ausgetragen. Zweimal hintereinander
       haben die knappen Entscheidungen zum Parteivorsitz gezeigt, wie gespalten
       die CDU ist.
       
       ## Geschwächt und instabil
       
       Dieser Konflikt wird aufbrechen, es könnte ein Gemetzel werden. Zu welch
       unschönen Mitteln manche in der Partei bereit sind, lässt sich gerade im
       Wahlkampf nicht nur beim Kanzlerkandidaten beobachten. Am Ende dürfte die
       CDU geschwächt und instabil dastehen – und nach rechts gerückt sein.
       
       Für die Niederlage wird man [1][vor allem Armin Laschet] verantwortlich
       machen, die Absetzbewegungen sind schon seit Wochen zu beobachten. Der Mann
       bietet sich dafür an, er hat viele Fehler gemacht. Auch wollte er unbedingt
       Kanzlerkandidat werden, gegen den Willen weiter Teile der Partei und der
       Anhängerschaft, die lieber CSU-Chef Markus Söder gehabt hätten. Laschets
       politische Karriere dürfte beendet sein, vielleicht schon am Wahlabend.
       
       Auch all die in der Parteispitze wären geschwächt, die ihn durchgeboxt
       haben – allen voran Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier, die die alte
       Form der Gremienpartei gegen einen moderneren, aber auch populistischen
       Kurs verteidigen wollten und gescheitert wären. Angeschlagen wären dann
       aber auch viele aus dem fortschrittlichen CDU-Lager.
       
       Die Gegenseite wird Laschets Niederlage als Scheitern eines liberalen
       CDU-Kurses deuten. Das ist zwar Unsinn, denn [2][Armin Laschet] hat sich
       weder als Parteichef noch als Kanzlerkandidat für fortschrittliche
       CDU-Politik starkgemacht. Er hat – wie Annegret Kramp-Karrenbauer vor ihm –
       Konservative und Wirtschaftsliberale umarmt und Friedrich Merz mit seiner
       gestrigen Agenda nach vorne geschoben. Aber Laschet ist eben, wie vor ihm
       AKK, als Kandidat des Merkel-Lagers gewählt worden.
       
       ## Union und AfD
       
       Deshalb könnte die Erzählung sein: Mit einem liberalen Kurs kann die Union
       keine Wahlen mehr gewinnen – also muss sie sich auf Kernthemen wie
       Wirtschaft und innere Sicherheit konzentrieren. Für den
       gesamtgesellschaftlichen Kampf zum Beispiel gegen den Klimawandel dürfte
       das unerquickliche Konsequenzen haben. Zumal sich die Union dann mit den
       Klimaleugnern von der AfD gemeinsam in der Opposition befände.
       
       Ein drittes Mal wird sich der konservativere Teil der CDU den Parteivorsitz
       nicht nehmen lassen, möglicherweise versucht sogar Merz noch einmal, an die
       Spitze zu gelangen. Ob mit oder ohne ihm: Die Gefahr ist groß, dass die CDU
       weiter nach rechts rückt. Was sie allerdings langfristig schwächen dürfte.
       Denn die Zustimmung, die die CDU in der Mitte verliert, kann sie in der
       Grauzone zur AfD nicht zurückholen. Verzweifelt und ohne Machtperspektive
       dürfte – gerade in den ostdeutschen Ländern – die Abgrenzung zur AfD
       weiterbröckeln. Dazu könnte auch ein möglicher Wahlsieg von
       Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, Symbolfigur der CDU-Rechtsaußen
       mit inhaltlichem und rhetorischem Hang zur AfD, als Direktkandidat in
       Südthüringen beitragen.
       
       Vollziehen könnte sich dann, vergleichbar mit der Entwicklung in anderen
       europäischen Ländern, der Niedergang der Christdemokrat:innen. Die
       letzte Volkspartei wäre dahin, und mit ihr die Bindungskraft an die
       Demokratie, die die CDU noch immer hat. Die Anzahl der Menschen, die sich
       politisch heimatlos fühlen oder sich zurückziehen, dürfte steigen. In
       vielen anderen Ländern hat davon auch der rechtsradikale Rand profitiert.
       Dieser droht auch in Deutschland weiter zu wachsen.
       
       Das sind keine guten Aussichten für die Demokratie. Für deren Gelingen
       bedarf es eben auch einer anständigen und demokratischen konservativen
       Partei.
       
       20 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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